Obama noch unentschieden
Ein westlicher Militärschlag gegen Syrien steht offenbar nicht unmittelbar bevor.
US-Präsident Barack Obama sagte am Mittwoch dem Sender PBS, er habe "noch keine Entscheidung" über eine Reaktion der USA auf die mutmaßlichen Giftgasanschläge in Syrien getroffen, für die er allerdings die syrische Führung klar verantwortlich machte. Auch Großbritannien will vor einer Militärintervention zunächst das Ergebnis der UN-Untersuchung zu den mutmaßlichen Chemiewaffeneinsätzen abwarten.
Obama wandte sich im Gespräch mit PBS auch gegen eine "direkte militärische Beteiligung" der USA am syrischen Bürgerkrieg. Eine Einmischung in die Kräfteverhältnisse in dem Land würden "der Situation vor Ort nicht helfen", sagte Obama. Ähnlich hatte sich zuvor bereits Regierungssprecher Jay Carney geäußert: Washington wolle Syriens Machthaber Baschar al-Assad nicht stürzen, angesichts der Berichte über den Einsatz von Chemiewaffen jedoch eine klare Botschaft an Damaskus senden.
Diese mögliche Botschaft bezeichnete Obama als "Schuss vor den Bug". Danach befragt, was die USA mit einer Intervention beabsichtigten, sagte der US-Präsident, die syrische Regierung werde damit letztlich ein "ziemlich starkes Signal erhalten haben, dass sie das besser nicht noch einmal tut". Damit bezog sich Obama auf die mutmaßliche Anwendung der international geächteten Chemiewaffen. Die USA seien zu der Einschätzung gelangt, "dass die syrische Regierung das getan hat".
Im syrischen Bürgerkrieg sollen in der vergangenen Woche sowie bereits zuvor Chemiewaffen eingesetzt worden sein. Regierung und Opposition machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. Eine Reihe westlicher Staaten geht aber davon aus, dass nur die Regierungstruppen über die nötigen Kapazitäten dafür verfügen. Ein US-Regierungsvertreter sagte AFP, die Regierung werde am Donnerstag ranghohe Abgeordnete mit Material ihrer Geheimdienste zu den Angriffen vertraut machen. Zuvor hatte unter anderem der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, von Obama schriftlich eine Erklärung zu seinen Syrien-Plänen gefordert. Obama braucht für einen Einsatzbefehl aber kein grünes Licht des Parlaments.
Anders ist die Lage in Großbritannien, das ebenfalls eine Militärintervention diskutiert. Wie am Mittwoch aus einer Beschlussvorlage des Kabinetts für das Unterhaus hervorging, will London erst die Ergebnisse der UN-Chemiewaffenexperten abwarten. Der UN-Sicherheitsrat müsse zunächst die Möglichkeit erhalten, über den Bericht zu beraten, hieß es. Über die Vorlage zum syrischen Bürgerkrieg sollte am Donnerstag abgestimmt werden, über eine militärische Intervention jedoch erst später.
Großbritannien hatte auch dem UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf vorgelegt, der ein militärisches Eingreifen "zum Schutz der Zivilisten" in Syrien erlauben sollte. Die Beratungen der fünf ständigen Mitglieder gingen am Mittwoch aber ergebnislos zu Ende. Diplomaten zufolge lehnten Russland und China weiterhin ein militärisches Vorgehen gegen Assad ab.
US-Außenamtssprecherin Marie Harf sagte anschließend, ihre Regierung sehe "angesichts des anhaltenden Widerstands der Russen keinen möglichen Ausweg bei dieser Abstimmung". Der Ernst der Lage erfordere eine Antwort - und diese könne nicht wegen der "Unnachgiebigkeit" Russlands verzögert werden.
Nach Ansicht der Bundesregierung macht der Einsatz von Giftgas in Syrien "eine internationale Reaktion unabdingbar". In diesen Punkten seien sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Premier Cameron einig, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch. "Das syrische Regime darf nicht hoffen, diese Art der völkerrechtswidrigen Kriegführung ungestraft fortsetzen zu können."
WASHINGTON (AFP)-- Dow Jones Newswires