Inflation oder Deflation: Die Entscheidung liegt bei uns
EURO-Kolumnist Arnout van Rijn erläutert, warum Inflation besser ist als Deflation. Und er rät, in Aktien, Immobilien und Gold zu investieren.
Man nehme vier Ökonomen und erhalte fünf Meinungen, heißt es. Die aktuelle Debatte über die Folgen der Finanzkrise hat das Lager zumindest in Inflationisten und Deflationisten gespalten – ein Riesenunterschied.
Nehmen Sie China. Weil Banken viel Geld verliehen, hatte das Land unter der Krise kaum zu leiden. Die Firmen investierten, die Konsumenten geben Geld aus und die Arbeitslosenrate bleibt niedrig. Das nominale Wachstum war zweistellig, während die Geldversorgung um 30 Prozent zulegte. Der Unterschied zwischen benötigtem und verfügbarem Geld bereitet nun inflationäre Kopfschmerzen. Überflüssige Liquidität sucht sich ihren Weg und landete bisher in Immobilien, Aktien und auch in Gold.
Irgendwann wird diese Entwicklung auch die reale Wirtschaft belasten. Umfragen zeigen, dass die Chinesen sich sehr darum sorgen, wie Inflation ihr Vermögen belasten könnte. Genau in dieser Besorgnis liegt die eigentliche Gefahr der Inflation: Sie ist eine Kopfsache. Ist der inflationäre Geist erst einmal aus der Flasche, ist es schwer, ihn wieder zu verpacken.
In Japan beispielsweise haben Politiker seit 20 Jahren versucht, einen Aufschwung dadurch zu erzeugen, dass Geld fast keinen Preis (Zins) hatte. Die Bürger machten sich aber über ihre Zukunft zu viele Sorgen, um sich zu verschulden und mehr zu konsumieren. Das Kreditwachstum der Banken blieb niedrig. Diese Mentalität, nicht zu kaufen, weil es billiger wird, ist der Grund, warum Japan sich schwach entwickelte. Auch in Europa scheinen wir eher zu diesem deflationären Muster zu tendieren. Die Geldversorgung wuchs um 13 Prozent bei null Nominal-Wachstum. Die Mittel liegen in den Bilanzen der Banken. Beide, also Banken und potenzielle Kreditnehmer, haben kein Interesse, damit etwas zu unternehmen. Und die Europäer sorgen sich um die Zukunft, um Defizite, Demografie und ihre Renten.
Die bittere Wahrheit in dieser Debatte: Sowohl Inflation als auch Deflation sind schlimmer als das gemäßigte Umfeld, das wir über 25 Jahre gewohnt waren. Die Zentralbanken haben die Wirtschaft vor dem Absturz bewahrt, aber es sieht aus, als ob sie die Kontrolle nun verloren hätten. Inflation oder Deflation, jeder kann das selbst entscheiden. Geben Sie Geld aus wie die Chinesen und die Inflation kommt zwangsläufig. Sparen Sie mehr wie die Japaner und die Deflation ist unausweichlich.
Vor dieser Entscheidung stehend, lassen Sie uns die Inflation wählen. Sie ist der leichtere Weg aus der Verschuldungsproblematik. Natürlich sind höhere Zinsen der Preis, der zu zahlen ist. Aber die meisten von uns haben langfristig festgelegte Hypothekenkonditionen (wenn nicht, schließen Sie schnell ab). Inflationisten investieren in Aktien, Immobilien und Gold. Deflationisten hingegen dürfen nicht erwarten, dass ihr Wohlstand wächst.
Arnout van Rijn ist Senior-Portfoliomanager bei der Fondsgesellschaft Robeco in Hongkong und managt den Aktienfonds Robeco Asia Pacific Equities