Wie mit gutgläubigen Anlegern Kasse gemacht wird

von Joachim Spiering, Euro am Sonntag

An den Börsen hat der Gegenwind eingesetzt. Das war, wie vergangene Woche erwähnt, zu erwarten. Wie unsere Titelgeschichte (Erscheinungstag: 14. August 2010) anschaulich illustriert, zeigen die meisten Konjunkturbarometer entweder nach unten oder sind auf ­Niveaus, die als kritisch einzustufen sind. Meines Erachtens hat das Jahr 2010 seine beste Zeit hinter sich, in der zweiten Jahreshälfte werden deutlich mehr Molltöne zu hören sein als in der ersten Jahreshälfte.

Gute Investmentideen gibt es freilich in jeder Börsenphase, wie auch die Musterdepots von €uro am Sonntag zeigen. Alle drei Aktiendepots sind klar besser als der DAX, das offensive Depot weist sogar eine deutlich zweistellige Rendite seit Jahresbeginn auf. Schlechte Investmentmöglichkeiten gibt es natürlich auch. Und unseriöse. Das hat vergangene Woche die Autev AG anschaulich gezeigt.

Die Firma ist eigentlich ein braver Anlagenbauer aus Brandenburg, der vor Kurzem auf die Idee kam, Straßen- und Industrielampen mit LED-Technik herzustellen. Kein schlechter Schachzug, dem Markt wird großes Wachstum bescheinigt. Noch ist die LED-Sparte von Autev winzig: Im Ende Juni abgelaufenen Geschäftsjahr machte die Firma mit ihren Lampen eigenen Angaben zufolge nicht mal 500.000 Euro Umsatz (und fünf Millio­nen mit dem Stammgeschäft). In spätestens zwei Jahren sollen es, so Unternehmenschef Uwe Maiberg gegen­über €uro am Sonntag, allein mit der LED-Sparte fünf Millionen sein. Solche (vermeintlichen) Wachstums­storys gibt es viele – und manchmal gehen sie auf.

In diesem Fall aber wird Autev über Jahre ein schweres Glaubwürdigkeitsproblem haben. Denn pünktlich zum Listing am Dienstag trommelten ein Börsenbrief und irgendwelche Typen in Internetforen (Zusammenhang?!) derart frech für die Aktie, dass sogar der PR-Berater kurzerhand sein Mandat niederlegte. Kein Wunder, schließlich wurden (erste!) Kursziele von 160 Euro aus­gerufen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Bei 712.500 ausstehenden Aktien würde das einen Börsenwert von 1,14 Milliarden Euro bedeuten. Ich meine: Da muss Autev noch viele LED-Lampen verkaufen.

Aktuell steht die Aktie bei 30 Euro. Dass es kurz vor dem Börsengang noch eine Kapitalerhöhung für Alt­aktionäre zum Preis von 5,20 Euro je Aktie gab, passt ins Bild. Da füllen sich einige Leute einfach auf Kosten von ein paar gutgläubigen Klein­anlegern die Taschen. Um es klar zu sagen: Finger weg von solchen Aktien!

Ganz anders sieht es bei Aragon aus. Die Aktie des Finanzvermittlers hat momentan einen Lauf – und viel spricht dafür, dass das auch so bleibt. Durch den Zukauf des Finanzberaters Finum plant Aragon offenbar einen Frontalangriff auf MLP. Aragon sieht den Platzhirsch geschwächt. Mich würde es deshalb nicht wundern, wenn dieses Jahr noch weitere Zukäufe folgen würden. Und die Zahlen, die am Freitag präsentiert werden, sollten ebenfalls gut ausfallen.