LSE-Absage wohl politisch motiviert - Börsenfusion vor dem Aus
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Von Manuel Priego Thimmel
FRANKFURT (Dow Jones)-- Die geplante Fusion zwischen Deutsche Börse und London Stock Exchange (LSE) steht vor dem Aus. In der Nacht zu Montag haben die Briten bekannt gegeben, dass sie nicht bereit sind, neuen Forderungen der EU-Kommission zum Verkauf ihrer Mehrheitsbeteiligung an der italienischen Handelsplattform MTS nachzukommen. Beobachter vermuten, dass die Entscheidung der LSE politisch motiviert ist, da sie an eine Börsenhochzeit nicht mehr glaubt.
Börsenhändler und Analysten reagieren überrascht auf die Entscheidung der LSE. Dass die EU-Kommission über den Verkauf der französischen LSE-Tochter LCH-Clearnet SA hinaus weitere Zugeständnisse einfordern würde, sei erwartet worden. Warum sich die Briten aber nun gegen eine Veräußerung von MTS sperrten, sei nicht nachzuvollziehen und lasse vermuten, dass die Briten einen "gesichtswahrenden" Weg aus dem Merger mit der Deutschen Börse suchten.
Begründung der LSE überzeugt nicht
Wie die LSE selbst einräumt, ist der Umsatzbeitrag von MTS gering. Zugleich unterstreichen die Londoner aber die Wichtigkeit ihres Italien-Geschäfts: Ein Verkauf von MTS, auf der vor allem italienische Staatsanleihen gehandelt werden, würde die Beziehung zu den dortigen Regulierungsbehörden gefährden und dem Italien-Geschäft insgesamt schaden.
Diese Begründung überzeugt allerdings nicht. Beobachter vermuten vielmehr politische Motive hinter der Entscheidung der Briten. "Vermutlich haben sie angesichts des wachsenden politischen Widerstands nach dem Brexit-Votum die Geduld verloren und glauben nicht mehr an den Deal", sagt ein Aktienhändler. Seit Monaten wettern deutsche Politiker, zuletzt auch britische, gegen den Zusammenschluss. Hauptstreitpunkt ist der geplante Rechtssitz der neuen Holding in London.
Nach der Bafin haben sich zuletzt auch der hessische Finanzminister, Thomas Schäfer, sowie der CDU-Fraktionschef im hessischen Landtag, Michael Boddenberg, kritisch geäußert. "Ich persönlich halte einen Sitz der Holdinggesellschaft in London für ausgeschlossen und teile in diesem Zusammenhang die Meinung der Bafin", erklärte Boddenberg. Neben Brüssel muss auch Wiesbaden einer Fusion zustimmen.
Deutsche Börse und LSE haben Brexit unterschätzt
Neu ist, dass auch in London die kritischen Töne lauter werden. "Das ist keine normale Transaktion, es geht um eine Übernahme unserer Kronjuwelen", äußerte sich der EU-kritische konservative Abgeordnete William Cash in der vergangenen Woche gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, warum es "in unserem nationalen Interesse" sein sollte, sie (die LSE) nach Frankfurt zu transferieren.
Eine mögliche Lösung der Sitzfrage wäre ein Doppelsitz. Bislang sperren sich Deutsche Börse/LSE aber dagegen, den Deal wieder aufzurollen. Einer der Hauptgründe dafür dürfte die Sorge sein, dass sich das politische Klima seit dem Brexit derart verändert hat, dass die Fusion kein Placet mehr finden würde.
"Deutsche Börse und LSE haben den Brexit total unterschätzt", sagt ein Analyst, der hinter der Entscheidung der LSE ebenfalls politische Gründe vermutet. Jetzt müssten sie lernen, dass die Fusion "mehr als eine betriebswirtschaftliche Gleichung" sei.
Beide Börsenbetreiber werden auch in Zukunft getrennte Wege gehen
An ein grünes Licht für die Fusion glauben Händler und Analysten nicht mehr. Für Philips Häßler von Equinet ist es "sehr unwahrscheinlich", dass die Börsenhochzeit jetzt noch genehmigt wird. Die Prüfungsfrist der EU-Kommission läuft zwar bis zum 3. April. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass sie solange warten wird, um ihr Urteil zu fällen.
Der Verkauf der französischen LSE-Tochter LCH-Clearnet SA an die Euronext für 510 Millionen Euro wäre dann auch vom Tisch. Vorbedingung für die Veräußerung war nämlich ein Zustandekommen der Fusion zwischen LSE und Deutsche Börse. Daraus dürfte nun nichts mehr werden.
Deutsche Börse und LSE werden also wohl auch in Zukunft getrennte Wege gehen. Die Eschborner und die Londoner werden sich wieder verstärkt auf ihr organisches Wachstum konzentrieren. Dass Deutsche Börse oder LSE nun selbst zu Übernahmekandidaten werden, hält ein Analyst für unwahrscheinlich. Die jüngsten Ereignisse hätten gezeigt, wie hoch die politischen Hürden für Übernahmen systemkritischer Assets wie Börsen seien.
Kontakt zum Autor: manuel.priego-thimmel@wsj.com
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February 27, 2017 05:21 ET (10:21 GMT)
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