Mutter einer griechischen Ministerin hob 200.000 Euro am Bankschalter ab
20.07.15 17:00 Uhr
Die Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland sollten verhindern, dass die Bürger ihre Konten bei den geschundenen Banken leer räumen. Die Mutter einer Ministerin war allerdings schneller.
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Die Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland standen kurz bevor, da hat Aliki Valavani noch schnell ihr gesamtes Vermögen von ihrem Konto in Griechenland abgehoben - 200.000 Euro. Das Pikante daran: Aliki Valavani ist die Mutter einer in Griechenland sehr bekannten Politikerin: Ihre Tochter, Nadja Valavani, war zu diesem Zeitpunkt die Vize-Finanzministerin des Landes.
"Ich hatte Angst"
Die 85-Jährige räumte gegenüber dem Boulevard-Blatt "Proto Thema" ein, das Geld von ihrem Konto abgehoben zu haben: "Es ist das Ersparte meines Lebens ... Ich hatte Angst und habe es nach Hause genommen". Als sie das Geld kurz vor der Referendums-Ankündigung von Ministerpräsident Alexis Tsipras abgehoben habe, wollte sie es allerdings nur in Sicherheit, nicht aber ins Ausland bringen, so Aliki Valavani gegenüber dem Blatt weiter.Mit dem sechsstelligen Eurobetrag in der Tasche konnte die Rentnerin die Einschränkungen umgehen, die viele Griechen nach Einführung der Kapitalverkehrskontrollen in finanzielle Bedrängnis gebracht haben. Deren Abhebungen wurden während der dreiwöchigen Schließung der griechischen Banken auf 60 Euro pro Tag beschränkt. Tatsächlich spuckten die meisten Geldautomaten sogar nur 50 Euro täglich aus, da ein Mangel an kleinen Geldscheinen herrschte.
Mutter berief sich bei Abhebung auf ihre prominente Tochter
Wie "Proto Thema" weiter berichtet, habe die Mutter bei der Auszahlung der 200.000 Euro Bezug auf ihre Tochter genommen. Die Angestellten des Finanzhauses wollten die Abhebung zunächst verzögern und teilten Aliki Valavani mit, dass man derzeit ein Problem mit Bargeld habe und sie deshalb einige Tage warten müsse. Daraufhin habe sie gedroht, ihre Tochter zu informieren, so das Blatt weiter. Die verängstigten Bankangestellten hätten daraufhin das Geld sogar sicher nach Hause geliefert, obwohl dies üblicherweise nicht gestattet ist.Ex-Ministerin bestreitet Informationsweitergabe
Die Tochter von Aliki Valavani war zu diesem Zeitpunkt die Stellvertreterin von Yanis Varoufakis, dem damaligen Finanzminister Griechenlands. Daher liege laut "Proto Thema" der Verdacht nahe, die Ministerin habe von den anstehenden Kapitalverkehrskontrollen gewusst und ihre Mutter entsprechend gewarnt. Die ehemalige Ministerin bestreitet allerdings, ihre Mutter informiert zu haben. Sie hätten keinen Kontakt zueinander, von dem Vorhaben der Mutter habe sie nichts gewusst, so Nadja Valavani.Referendumsankündigung kam überraschend
In den Wochen vor den Bankenschließungen hatten bereits viele Griechen ihre Konten leer geräumt und die griechischen Banken damit in arge Bedrängnis gebracht. Aliki Valavani hatte dies allerdings kurz vor Ankündigung des Referendums getan, das die Kapitalverkehrskontrollen und Bankenschließungen zur Folge hatte. Ob ihre Tochter zu diesem Zeitpunkt von den Plänen für eine Volksabstimmung gewusst hat, ist unklar. Viele Politiker - auch aus den Reihen der Regierung selbst - hatten sich überrascht von Tsipras‘ Vorstoß gezeigt, ein Referendum abhalten zu wollen.Nadja Valavani inzwischen zurückgetreten
Nadja Valavani ist inzwischen nicht mehr als stellvertretende Finanzministerin tätig. In der vergangenen Woche hatte sie ihren Rücktritt bekannt gegeben. Zur Begründung erklärte die Politikerin der linken Regierungspartei Syriza, sie könne das von den internationalen Gläubigern geforderte Sparprogramm und die damit verbundenen harten Einschnitte nicht unterstützen. "Alexis, ich kann nicht mehr weitermachen", schrieb Valavani in einem Brief an den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. "Ich werde diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, und ich denke, man kann nicht in der Regierung bleiben, wenn man dagegen stimmt", sagte Valavani vor Journalisten in Athen. Ob auch die 200.000-Euro-Abhebung ihrer Mutter ihre Rücktrittsentscheidung begünstigt hat, bleibt offen.Redaktion finanzen.net
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Bildquellen: LOUISA GOULIAMAKI/AFP/Getty Images