Kopf der Woche

HV-Schreck Freitag: Ich bin weder Jubelperser noch Bockwurstaktionär

08.06.11 06:00 Uhr

Einblicke in die Arbeit und das Seelenleben des kritischen Aktionärs, Berufsklägers und Hauptversammlungsschrecks Karl-Walter Freitag.

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von W. Ehrensberger, €uro am Sonntag

Wenn Karl-Walter Freitag auf einem Aktionärstreffen ans Rednerpult tritt, geht es zur Sache. „Bitte klatschen Sie nicht – aus Zeitgründen“, ruft er den Teilnehmern vorsorglich zu, bevor er wie ein Maschinengewehr loslegt. Der 56-jährige Kölner gilt als einer der bekanntesten und aktivsten Berufskläger in Deutschland. Freitag gehört damit zu jenen Aktionären, die oft nur wenige Anteilscheine halten, aber ganze Hauptversammlun­gen (HV) blockieren können. Konzerne wie Siemens, SAP oder Commerzbank fürchten seine Tiraden und Störmanöver. Es soll Vorstände geben, die sich in Rollenspielen mit einem herumpöbelnden Freitag-Darsteller auf die HV-Auftritte des Originals vorbereiten. Die Nachrichtenagentur Reuters registriert dagegen bei Freitags Auftritten auch andere Seiten: „Seine Wortwahl zeigt humanistische Bildung.“

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€uro am Sonntag: Herr Freitag, Sie gelten mal als räuberischer Aktionär, mal als Robin Hood der Kleinanleger. Wo ordnen Sie sich selbst ein?
Karl-Walter Freitag:
Ich fühle mich dem Aussprechen notwendiger Wahr­heiten verpflichtet. Dies empfinden einige als Ruhestörung oder Störung ihrer Andachtsregeln. Ich bin be­kennender Bedenkenträger – mit Sicherheit gehöre ich nicht dem ­Verband der Bockwurstaktionäre oder Jubelperser in Hauptversammlungen an.

Sie wollen Ihre Auftritte als gelebte Aktionärsdemokratie verkaufen?
Verzeihung, aber dieses Substantiv ist bereits Begriffsmissbrauch.

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Warum?
Sie können heute als Vorstand oder Aufsichtsrat Milliarden an Aktionärsvermögen verbraten und sich immer noch einer Volkskammermehrheit in den Haupt­versammlungen sicher sein, die Sie entlastet. Oft wird dies noch durch vorzeitige Vertragsverlängerungen belohnt. Die Herren Schrempp bei Daimler und Blessing bei der Commerzbank sind groteske Beispiele für diesen Befund.

Commerzbank-Chef Blessing scheint es Ihnen ja besonders angetan zu haben.
In meinem Misstrauens­antrag gegenüber dem Vorstand der Commerzbank habe ich in schlanken Worten dargelegt, warum Herr Blessing in jeder Beziehung niedrigste Maßstäbe angelegt hat, nämlich seine eigenen.

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Zu Blessing haben Sie gesagt, er klebe an seinem Unvermögen wie eine feuchte Nudel am Topf. Was sollen solche Sätze?
Was wollen Sie von mir? Soll ich etwa einen Vorstand, der innerhalb weniger Jahre 90 Prozent des Aktienkurses verblasen hat, der seine Aktie zum Pennystock heruntergewirtschaftet hat, noch öffentlich auszeichnen – etwa für die Verwaltung des eigenen Niedergangs? Der Commerzbank-Kurs wird unter diesem Vorstand nie wieder den Höchststand von 2007 erreichen – darauf schließe ich Wetten ab. Im ­Übrigen gilt: Eine treffende Beleidigung ist ein Sprachkunstwerk!

Wie viel haben Sie durch Ihr Commerzbank-Engagement verloren?
Herr Blessing von der Commerzbank hat mich und meine Freunde Millionen gekostet. Wie konnten wir nur so dumm sein, diesem Mann und seiner Bank so viel Geld anzuvertrauen. Es ist leider keine Entschuldigung, dass auch 99 Prozent der anderen auf diesen Sanierungsschauspieler hereingefallen sind.

Es heißt, sie seien an über 1.000 Unternehmen in Deutschland beteiligt, an denen Sie jeweils nur ein paar Aktien halten. Steckt dahinter auch eine Art An­lagestrategie?
Bei aller Bescheidenheit: Meine Vermögensbildung ist abgeschlossen. Ich bin ein erzkonser­vativer Investor, ein bekennender Kapitalmarktdarwinist. Marktführer kommen ins Depot – und wenn der Großaktionär Abfindungsangebote macht, dann ist es nicht verkehrt, zuzukaufen. Hunderte von Spruchverfahren in den vergange­nen Jahren haben gezeigt: In 85 Prozent aller Verfahren gibt es einen Nachschlag durch das Gericht.

Was sagen Sie zu dem Vorwurf, Sie gehörten einer Minderheit an, die in der Lage sei, die Mehrheit zu lähmen und die Unternehmen zu schädigen?
Die Antwort, die ich Ihnen jetzt geben müsste, wäre nicht druckreif. Nur so viel: Der Vorwurf ist ebenso albern wie bedeutungslos. Nennen Sie mir doch eine einzige Fusion von Bedeutung, die durch böse, kritische Aktionäre gelähmt worden wäre. Aber es ist natürlich für bestimmte Kreise wichtig, dauernd in die Jammerharfe zu greifen, wenn es um Anteilseigner geht, die eine andere Auffassung haben als die Konzernregenten. Nur so gelingt es ­nämlich, von eigenem Fehlverhalten ­abzulenken und die Rechte von Minderheiten auszuhöhlen oder abzuschaffen.

Politiker und Unternehmen versuchen seit Jahren, die Gesetze zu verschärfen, um Aktionäre wie Sie unter Kontrolle zu bringen. Ist nicht auch die Aktionärsmehrheit Träger von Grundrechten?
Es ist doch so: Heute verlangen die Unternehmen und die sie begleitenden Juristen die Abschaffung der in Deutschland ohnehin sehr ­unterentwickelten Rechtsmittel, mit denen sich Minderheitsaktionäre gegen eine Schädigung durch Groß­aktionäre und Organe noch zur Wehr setzen können. Dies deshalb, weil ­diese Unternehmen und ihre Großaktionäre zum Teil ihren rechtswidrigen Aktivitäten rechtsmittelfrei Bestand verschaffen wollen. Morgen könnten mit dem gleichen Recht Einbrecher die Entwaffnung der Polizei verlangen, weil sie sich in der freien Entwicklung ihres Handelns behindert fühlen. Es gilt das Gegenteil Ihrer Frage nach der Blockadestrategie: Bedauerlicherweise haben kritische Aktionäre all diese Kapitalvernichtungsfusionen wie Chrysler und Dresdner Bank nicht bremsen können, bei denen als einziges Wachstum die Vermehrung der Vorstandsgehälter zu verzeichnen war.

Gegner sagen, Klagen und Prozesse seien das Geschäftsmodell, mit dem Sie ein Millionenvermögen aufgebaut haben.
Auch wieder so ein Vorwurf aus der Phrasenmühle, bei dem der Grad der Empörung weit über dem der Sachkunde liegt. Und dann immer diese Duftmarke des Sozialneids, der solchen Fragen anhaftet.
Bleiben Sie entspannt und seien Sie versichert: Ich habe mein Vermögen nicht durch Prozesse, sondern durch überwiegend richtige Anlageentscheidungen aufgebaut. Dazu hatte ich ja mehr als 40 Jahre Zeit.

Was haben Sie denn gemacht?
Ich bin Vorstand und Aufsichtsrat mehrerer, auch börsennotierter Unternehmen mit etlichen Kleinaktionären. Die Kurse dieser Gesellschaften haben sich vervielfacht. Ich bin gern bereit, meine Performance mit all den Vorständen zu vergleichen, die sich für besonders erfolgreich halten.

zur Person:

Karl-Walter Freitag,
Aktienrechtsexperte

Der gebürtige Kölner, Jahrgang 1954, gelernter Verlagskaufmann, studierte Medizin, Kunstgeschichte und Wirtschaft und absolvierte die Henri-Nannen-Journalistenschule. Seine Karriere als Hauptversammlungsaktivist begann er mit 16 Jahren auf dem Aktionärstreffen des Lüdenscheider Metallwarenherstellers Busch-Jaeger. Freitag gilt als hervorragender Kenner des Aktienrechts, taucht auf Hauptversammlungen mit bis zu 300 Fragen auf und versucht die Verantwortlichen zu Verfahrensfehlern zu verleiten. Beweise für den Vorwurf, dass er Klagen nur deshalb androhe, um sich von den Unter­nehmen mit Geld abfinden zu lassen, gibt es kaum. 1987 hatte der Versicherungskonzern Aachener und Münche­ner Beteiligungs-AG (AMB) Medienberichten zufolge 1,5 Millionen Mark an ihn gezahlt, im Zuge eines späteren Prozesses habe Freitag das Geld aber zurückgezahlt und das Verfahren sei gegen Geldbuße eingestellt worden. Der Richter sprach den Berichten ­zufolge von ­einer „Grauzone zwischen Cleverness und Kriminalität“. Freitag ist Geschäftsführer der Metropol Vermögens­verwaltungs- und Grundstückgesellschaft, Köln.

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