Partners Group-Chef Steffen Meister: „Wir sehen mehr Deals als je zuvor“
Steffen Meister, Vorstandschef der Partners Group, im Gespräch mit Euro am Sonntag über profitables Wachstum im Private Equity Markt nach der Finanzkrise.
Der Schweizer Vermögensverwalter ist bei Alternative Investments, zu den auch Private Equity gehört, breit aufgestellt und verwaltet ein Vermögen von 25 Milliarden Schweizer Franken.
von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Euro am Sonntag: Herr Meister, Apollo Group wagt in New York einen neuen Versuch zum Börsengang, andere Finanzinvestoren wie Blackstone lancieren größere Übernahmen und bringen Firmen an die Börse. Woher kommt dieser Optimismus?
Steffen Meister: Dafür gibt es mehrere Faktoren. Wesentlich dafür ist aber, dass Investoren und Unternehmen seit dem Sommer nicht mehr davon ausgehen, dass die Konjunktur in Kürze erneut abstürzen könnte. An katastrophale Szenarien glaubt kaum noch jemand. Die koordinierten Aktionen der Banken, Regierungen und Unternehmen zur Stabilisierung der Volkswirtschaften haben besser funktioniert als erwartet. Jetzt geht es darum, ob es noch ein paar Jahre konjunkturell ungemütlich bleibt, oder ob es schnell wieder besser wird. Finanzinvestoren bereiten Börsengänge vor. Dieser sichtbare Teil des Exit-Marktes ist allerdings der wesentlich kleinere. Er macht gerade mal ein Viertel des Gesamtmarktes aus.
Weil die Mehrheit der Transaktionen...
Ungefähr drei Viertel, Trade Sales sind, also Verkäufe abseits der Börsen. Derzeit werden Unternehmen aus den Portfolien von Finanzinvestoren häufig an Konzerne verkauft. Denn seit Sommer ist die Bereitschaft der Unternehmen zu kaufen deutlich gestiegen. Sie haben ihre Lagerbestände stark runter gefahren und für die befürchteten schwierigen Zeiten viel Cash gehortet. Jetzt gehen die Unternehmen aber davon aus, dass mindestens moderates Wachstum möglich ist und wollen die eher tiefen Firmenbewertungen, auch hier oft außerhalb der Börsen, für Zukäufe nutzen.
Gibt es bei den Verkäufen an Konzerne weiterhin Größenordnungen, die noch nicht finanzierbar sind?
Eigentlich fast nicht. Die jeweilige mögliche Größe eines Deals hängt aber stark von der jeweiligen Industrie ab. Allgemein gesprochen haben es Konzerne gerade bei den großen Transaktionen derzeit leichter als vor der Finanzkrise.
Weil Finanzinvestoren, zum Beispiel KKR als Interessent für den Schokoloden- und Kaugummi-Konzern Cadbury, bei einer Auktion nicht so weit mitgehen wie Nahrungsmittelkonzerne?
Ja. Denn Fall Cadbury KKR kenne ich nicht ausreichend, um darüber zu urteilen, allerdings haben wir vor kurzem vergleichbare Situationen im Detail angesehen und oft haben die Konzerne im Vergleich zu Finanzinvestoren die deutlich höheren Gebote abgegeben. Sie haben auch für große Deals wie Cadbury, zwischen zehn und 15 Milliarden Euro Unternehmenswert, wieder ausreichend Geld. Bei kleineren und mittleren Transaktionen sieht das Bild allerdings anders aus mit einer Vielzahl an attraktiven Möglichkeiten für Finanzinvestoren.
Sind Börsengänge in der Cadbury-Größenordnung als Exit-Alternative für Finanzinvestoren dann überhaupt eine Alternative?
Schwer zu sagen. Für diese Größenordung wurde der Markt außerhalb Chinas noch wenig getestet. Und die Konkurrenzangebote von Konzernen sind als Chance zum Ausstieg für Finanzinvestoren derzeit mindestens genauso attraktiv wie IPOs. In dieser Größenordnung, ab mehreren Milliarden Euro Firmenwert, könnte 2010 so einiges auf den Markt kommen.
Dann hat sich ja für viele Besitzer von Private-Equity-Firmenportfolien, sogenannte General Partners, überraschend viel zum Guten gewendet.
Zumindest haben nicht wenige General Partners reife Unternehmen in ihren Portfolien, die unter normalen Bedingungen schon längst an der Börse oder verkauft wären. Es spricht für die Qualität eines General Partners, wenn ihm Verkäufe in unsicheren Zeiten gelingen. Es wird einige geben, die jetzt durch den Verkauf das Zwei bis Vierfache ihrer Kosten verdienen werden.
Wie stark ist die Bieter-Konkurrenz der Konzerne bei potentiellen Übernahmekandidaten für Finanzinvestoren?
Dort, wo Konzerne ein Unternehmen aus strategischen Überlegungen unbedingt kaufen wollen, haben Finanzinvestoren kaum Chancen, weil Unternehmen im Vergleich deutlich höhere Prämien zahlen. Das haben wir während der vergangenen Wochen häufig gesehen. In einigen Fällen wurden Prämien von bis zu 4mal Ebitda mehr bezahlt,
Perspektiven, die für Private-Equity-Investoren nicht gerade ermutigend sind.
Wer ausreichend breit aufgestellt ist, sieht derzeit eine ausreichende Anzahl von Angeboten, bei denen ein Finanzinvestor im Vergleich zu einem Unternehmen die bessere Lösung ist. Diese Finanzinvestoren müssen deshalb nicht mehr teuer einkaufen. Das ist der große Unterschied zu 2006 und 2007, wo es, vor allem bei großen Transaktionen, nahezu unmöglich war, nicht zu viel zu bezahlen.
Bezahlt ein Konzern als Käufer also meistens zu viel?
Nicht unbedingt. Zum einen ist der operative Gewinn eines Unternehmens in dem immer noch schwierigen wirtschaftlichen Umfeld eher geringer und damit auch die absolute Höhe des Kaufpreises. Zum anderen nutzt ein Unternehmen als Käufer auch Synergien. Für uns als Finanzinvestor ist es aber nicht das primäre Ziel mit dem Kauf in einer Marktnische zu wachsen, eine bestimmte Unternehmensstrategie auszurollen oder zu ergänzen. Wir wollen interessante Objekte zu tiefen oder mindestens vernünftigen Preisen kaufen, weil wir dort mittelfristig viele Möglichkeiten sehen, durch operative und strategische Verbesserungen den Wert zu steigern.
In der ersten Jahreshälfte hat Partners Group bei Direktbeteiligungen Bieterauktionen soweit wie möglich gemieden. Hat sich das mit der besseren Stimmung in den Märkten geändert?
Nein. Wir bleiben weiterhin Auktionen fern. In Ausnahmefällen kann es mal vorkommen, dass wir in einer solchen Wettbewerbssituation in Zusammenarbeit mit anderen General Partners mitbieten, aber dies ist für uns nicht der Normalfall. Es kommt aber durchaus vor, dass uns ein General Partner anruft, weil er kurz vor dem erfolgreichen Abschluss in einer Auktion steht und uns als Partner gerne dabei hätte. Über enge Kontakte zu mehr als zweihundert General Partners sehen wir mehr Deals als je zuvor.
Wieso?
Einerseits beruht dies auf dem Wachstum der Partners Group. In den letzten Jahren haben wir neue Regionen erschlossen und neue Niederlassungen eröffnet, um nicht zuletzt auch unser Netzwerk zu vergrössern und unseren Dealflow zu erhöhen. Zusätzlich zum größeren Netzwerk haben zunehmend mehr Finanzinvestoren häufiger nicht ausreichend Cash um eine begehrte Transaktion abzuschließen. Das ist vor kurzem einem großen Partner in Asien passiert und hat zu einer sehr attraktiven Anlage geführt. Wir verfügen über das notwendige sogenannte "dry powder", also Kapital, um in solchen Situationen schnell mitinvestieren zu können. Zudem investieren wir mit unserem "Relative-Value-Ansatz", anhand dessen wir unsere Investmentaktivität regelmäßig anpassen und im Turnus von sechs bis 12 Monaten in jenen Bereichen verstärken, wo wir jeweils die attraktivsten Opportunitäten und überdurchschnittliches Wachstum mit entsprechenden Renditen erwarten.
Zum Beispiel?
Anfang des Jahres haben wir uns sehr stark auf den Markt für Zwangsverkäufe von Beteiligungsportfolien fokussiert. Inzwischen haben Volumen und Attraktivität ihren Zenit überschritten, das heißt allerdings nicht, dass es in diesem Markt nicht weiterhin noch spannende Möglichkeiten gibt. Seit dem Sommer investieren wir aber verstärkt in Direktinvestitionen, da wir in diesem Bereich die grössten Opportunitäten sehen.
Das Marktvolumen beim Verkauf von Private-Equity-Portfolien wächst also nicht mehr, aber es bleibt auf einem hohen Niveau?
Ja. Gerade vor wenigen Tagen haben wir für eine größere Transaktion im Wert von 400 bis 500 Millionen Euro geboten. Bei solchen Deals sind Kapitalrenditen von mehr als zwanzig Prozent gut möglich. Mehr Wachstum sehen wir eben bei Direktbeteiligungen. Nach wenig Aktivität im ersten Quartal sind jetzt viele Anlagen mit Renditen von 25 Prozent und mehr möglich.
Kauft Partners Group auch weiterhin Schulden von eigenen Firmen und anderen Unternehmen auf?
Nur noch sehr selektiv, weil es sich oft nicht mehr lohnt. Mit der Erholung der Kreditmärkte hat sich dieses Fenster weitgehend geschlossen.
Im Sommer hatte Partners Group einen erheblichen Teil des verwalteten Vermögens, etwa ein Viertel, frei für Investitionen. Ist der Anteil angesichts der besseren Märkte deutlich zurückgegangen?
Nicht wesentlich. Wir haben auch seit Mitte des Jahres wieder deutliche Zuflüsse neuer Mittel. Wir rechnen wie angekündigt mit etwa drei bis vier Milliarden Schweizer Franken für das Gesamtjahr 2009. Die für Investitionen freie Summe hat aber auch wesentlich damit zu tun wie Private Equity-Fonds das zugesagte Geld abrufen.
Und zwar?
Neues Geld wird über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren investiert. Dort wo Geld in Fonds fließt, kommen noch mal zwei bis vier Jahre dazu bis die Mittel durch den Fonds investiert sind. Von einer Milliarde werden zum Beispiel in den ersten 12 Monaten zum Teil weniger als 30 Prozent investiert.
Einige prominente Vermögensverwalter von Eliteuniversitäten wie Harvard oder Stanford in den USA, die lange Zeit mit Private Equity Investments hohe Renditen erzielt haben, sind während der Finanzkrise bei der Rendite stark unter die Räder gekommen.
Dies ist eine Frage der Proportionen. Einige der großen US-Pensionskassen aber auch Endowments, die Verwalter der Universitätsvermögen, haben gemessen an ihren Zusagen an Finanzinvestoren zum Teil mehr als 50 Prozent des Vermögens in nicht öffentlichen Märkten angelegt. Diese Vermögenswerte, anders als in öffentlichen Märkten wie Börsen, konnten sie nicht verkaufen, also nicht zu Geld machen. Es geht immer um die Frage wie viel Illiquidität man akzeptieren kann. Meine Meinung als Privatperson ist, dass hundert Prozent in Private Equity immer besser angelegt ist, als hundert Prozent in öffentlichen Märkten. Für Pensionskassen und Endowments ist das natürlich keine Alternative. Allerdings hat die weit überwiegende Mehrheit der Pensionsfonds, auch in den USA, keine riskant hohen Anteile in diesen wenig liquiden Vermögensklassen angelegt.
Mehr als 30 Prozent der reichsten Asiaten leben inzwischen in China. Wie nutzt Partners Group dieses Potential?
Bis auf weiteres primär nicht über die 100 000 reichsten Chinesen, sondern über die 300 Millionen Reichsten in China, die Geld in die öffentlichen Pensionskassen einzahlen. Es besteht kein Zweifel, dass dort ein Pensionssystem mit gewaltigem Ausmaß entstehen wird.
Also liegen die Chancen für die Partners Group eher auf institutioneller Seite und weniger bei den Privatkunden?
Bis auf Weiteres ja. Die Chinesen mit einem sehr hohen Vermögen leben oft entweder außerhalb des Landes und haben ihr Geld zum großen Teil auch im Ausland angelegt, oder sie haben es innerhalb Chinas in eigene Unternehmen investiert. Weil sie dort, was der wirtschaftlichen Dynamik eines Schwellenlandes entspricht, zwischen 30 und 40 Prozent Kapitalrenditen erwarten. Dieses hohe erwartete Rendite-Niveau auf konstantem Niveau können weder wir noch andere Vermögensverwalter bieten.
Das größere Wachstum für Partners Group in Asien kommt derzeit also aus weiter entwickelten Märkten wie Japan oder Australien?
Ja. Das sind zurzeit noch deutlich größere Märkte. Und auch Südkorea öffnet sich zunehmend. Malaysia wächst auch stark, während es in Indien, noch stärker als in China, noch erhebliche regulatorische Hürden gibt.
Generell scheint die Sorge über die Zukunft von Private Equity als Investment mit hoher Rendite auch nach der Finanzkrise in Asien eher geringer zu sein als in Europa und Amerika?
Ja. Und das gilt auch für große Länder in Südamerika wie Brasilien, Peru, Chile und sogar Kolumbien. In den nächsten Jahren wird das Pensionssystem Lateinamerikas ein Viertel der Größe des europäischen erreichen
Das verwaltete Vermögen der Partners Group wächst allerdings weiter in Europa, und da vor allem im deutschsprachigen Raum, am stärksten?
Zumindestens über die nächsten 12 Monate erwarten wir dass der Hauptteil weiterhin aus ganz Europa und den USA kommt. Dies sollte sich aber in den nächsten 12-24 Monate ausbalancieren und wir hoffen, dass Asien 2011 ähnlich stark wie USA ist.
Wo ist die Zurückhaltung für Investments in wenig liquide Märkte jetzt am stärksten zu spüren?
In Europa ist es Deutschland, vor allem in Vergleich zu Großbritannien und Skandinavien. Bei den Banken ist 2009 noch gar nichts passiert, bei den Versicherungen war es allerdings schon besser.
Über Partners Group
Die Partners Group Holding AG mit Sitz in Baar ZG ist eine auf alternative Anlagen spezialisierte, international tätige Schweizer Vermögensverwaltungsgesellschaft. Der ursprünglich auf Private Equity fokussierte Vermögensverwalter investiert inzwischen in verschiedene Alternative Anlagen wie Private Debt, Private Real Estate, Listed Alternative Investments, Hedge-Fonds und Alternativen Beta Strategien. Das Unternehmen beschäftigt 344 Mitarbeiter und verwaltete zur Jahresmitte 2009 rund 25 Milliarden Schweizer Franken. Das Management rechnet mit einem jährlichen Neuzugang beim Vermögen von zehn bis 20 Prozent. Nach Schätzung der UBS Bank beläuft sich das in Alternative Anlagen weltweit investierte Geld auf rund 450 Milliarden Dollar. Daran hat Partners Group nach UBS Schätzungen 0,5 bis 1 Prozent Marktanteil.