Halbleiter-Experte Sideco: “Infineon muss sich Gedanken machen”
Infineon ist bei der Entwicklung von Funkchips für den Mobilfunkstandard der nächsten Generation spät dran. Analyst Sideco über die Auswirkungen.
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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Mit der Verzögerungen bei der Entwicklung von Funkchips für den Mobilfunkstandard der nächsten Generation LTE, riskiert der Münchener Halbleiterkonzern Infineon die Verlängerung seiner Lieferverträge mit Apple, dem Hersteller des iPhone und des iPads, glaubt Francis Sideco, Analyst des US-Markforschers iSuppli. Kaufinteressenten für Infineons Mobilfunkchipsparte sollten sich darüber im klaren sein, dass sie zuerst das LTE-Problem lösen müssen, sagt Experte Sideco.
Euro am Sonntag: Herr Sideco, iPhone-Hersteller Apple hat mit der Entwicklung eines eigenen Chips (A4) über den Miniprogramme (Apps) wie zum Beispiel Videospiele laufen, gezeigt, wie wichtig diese Bausteine für das Plus bei der Leistung hochwertiger Smartphones werden könnten. Infineon fehlt dieser Chip im Portfolio, während Intel gerne seine eigenen Halbleiter für Apps, Chips aus der Atom-Familie, auf der Plattform von Infineons Funkchips integrieren würde. Sollte Infineon die Gelegenheit nutzen, um seine Handychipsparte an Intel zu verkaufen?
Francis Sideco: Der Ansatz beide Chips auf einer Plattform anzubieten ist aus unser Sicht einer der Gründe, warum Infineon sich Gedanken über die Zukunft seiner Handychipsparte macht. Der zweite, genauso wichtige Grund, dürfte Infineons Rückstand in der Entwicklung von Funkchips für den kommenden Mobilfunkstandard LTE sein.
Wie viel Zeit bleibt Infineon um die LTE Funkchips zu liefern?
Sechs bis 12 Monate, plus eine kurze Verlängerung für die Vorstellung der Chips und den Zuschlag bei der Ausschreibung (design win). Zwar war Infineon bei neuen Funkchips immer einen Tick später dran als die Konkurrenz. Bisher war das stets ein Vorteil. Der Übergang zum neuen Standard LTE könnte das ändern. Infineon ist spät dran.
Zu wem, außer Intel, würde Infineons Handychipsparte gut passen?
Zu Broadcom, MediaTek oder Nvidia. Damit will ich aber nicht sagen, dass diese Unternehmen tatsächlich einen Kauf der Sparte erwägen. Für alle potentiellen Käufer gilt, dass sie zuerst Infineons LTE Problem lösen müssen.
Riskiert Intel mit der Integration seiner Atom-Chips auf die Infineon-Plattform Apple als bisherigen Infineon-Kunden zu verlieren? Derzeit bringt das Geschäft mit Funkchips für iPhone und iPad Infineon immerhin geschätzte 40 Prozent des erwarteten Spartenumsatzes von 1,2 Milliarden Euro für das laufende Geschäftsjahr.
Wenn Intel die Sparte kaufen sollte, und dahinter steht aus unser Sicht immer noch ein großes Fragezeichen, wird der Konzern, die Sparte zunächst separat betreiben und erst später beide Lösungen, das Chipsystem und Funkchips, ohne Atom Chips anbieten. Apple hätte also keinen Grund bestehende Lieferverträge nicht zu verlängern. Davon unabhängig ist Infineons Rückstand in der Entwicklung der LTE-Funkchips aus unserer Sicht, derzeit das größte Risiko für eine Vertragsverlängerung mit Apple.
Wird sich die Integration des App-Chips auf einer Plattform mit Mobilfunkchips langfristig als Standard durchsetzen?
Das ist bisher nicht absehbar. Denn bisher ist das kein Trend, sondern lediglich eine Alternative in der Architektur. Beide Ansätze, getrennt oder integriert, haben eindeutige Vor- und Nachteile, abhängig vom jeweiligen Gerät und Hersteller. Einige Anbieter haben ihre Strategie allerdings bereits auf die Integration der beiden Chips auf einer Plattform ausgerichtet, andere werden App- und Mobilfunkchips auch künftig getrennt verbauen.
Wem trauen Sie zu, mit einer Apple ähnlichen Strategie, also mit einem separaten App-Chip, im Markt erfolgreich zu sein?
Wer damit Erfolg haben wird, werde ich nicht kommentieren. Hewlett Packard (HP) und Nokia haben mit ihrer Tablet PC/Handy/Service Strategie aber einen ähnlichen Ansatz wie Apple gewählt .
Welche Chip-Architektur wird auch mittelfristig bei Smartphones dominieren?
Wie bisher, Chips, die mit der Architektur der britischen Firma ARM entworfen werden. Langfristig werden aber auch Intels Atom-Chips Zugang zum Markt finden.
Wie gut schlägt sich Intel bisher beim Versuch den Zugang zum Markt zu finden?
In der Kooperation mit Nokia hat Intel bisher alles richtig gemacht. Deshalb wäre es verfrüht bei Intel über einen neuen Misserfolg bei Smartphone-Chips zu sprechen. Wir werden sehen.
Was macht Intel als Konkurrent für ARM gefährlich?
Vor allem die starken Ressourcen, die Intel einsetzt um endlich Zugang zu bekommen.
Werden leistungsfähige App-Chips beim Stromverbrauch und anderen Kriterien für Smartphones das Kriterium für höhere Qualität sein?
Eindeutig ja.
Im Profil
Francis Sideco ist der leitende Analyst für drahtlose Kommunikation beim US-Marktforscher iSuppli. Weltweit bekannt ist iSuppli durch seine detaillierte Kostenanalysen der Komponenten neuer Apple-Produkte. Diese Analysen lassen sowohl Rückschlüsse auf Apples Lieferanten als auch auf die Gewinnmarge des für seine Verschwiegenheit bekannten Apple-Konzerns zu und sind deshalb sehr gefragt.
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