Star-Investor Felix Zulauf: "Aktien können auch wieder fallen"
Felix Zulauf ist davon überzeugt, dass es in absehbarer Zeit eine weitere Krise an den Aktienmärkten geben wird. Er setzt aber auf japanische Papiere, Edelmetalle und Immobilien an den richtigen Orten.
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von Benjamin Summa
Herr Zulauf, Sie gehören zu den erfolgreichsten Vermögensmanagern der Welt. Was bedeutet für Sie persönlich Beratungsqualität in Bezug auf Geldanlagen in diesen schwierigen Zeiten? Müssen Banken wie die Deutsche Bank und Co. neue Wege gehen?
Felix Zulauf: Die Welt ist aus den Fugen geraten und die Stabilität der vorherigen Jahrzehnte gibt es nicht mehr. Die Notenbanken haben die Zinssätze gegen Null gesenkt, um das System vor dem Kollaps zu bewahren. Das schließt den Anleihenmarkt als Assetklasse mit der größten Marktkapitalisierung weitestgehend als Anlage aus. Wir haben also weniger Märkte und damit weniger Möglichkeiten, Gelder anzulegen. Das macht die Kapitalanlage sehr viel schwieriger als früher.
Den weitaus größten Teil ihres liquiden Anlagevermögens haben die Deutschen noch immer in Geldwerte investiert. Hier wird aufgrund der negativen Realverzinsung sukzessive Kapital vernichtet. Sachwerte wie Aktien, Immobilien, Edelmetalle und Rohstoffe sind bei der Mehrzahl noch stark unterrepräsentiert. Sollten Anleger Ihrer Meinung nach in großem Stil umschichten?
Anleger mit einem etwas längeren Anlagehorizont müssen sich in einer Welt, die von der Politik und den Zentralbanken manipuliert wird, viel stärker mit Sachwerten auseinandersetzen, als sie es bisher getan haben. 38 Nationen in der Welt betreiben per Definition eine Nullzinspolitik und damit eine Strategie der negativen Realzinsen. Geld wird damit immer weiter abgewertet. Kapitalanleger müssen sich gegen diese staatliche Politik durch Sachwerte schützen. Aber diese sind natürlich auch Schwankungen unterworfen. Dennoch: Aktien und Gold gehören in jedes Portfolio. Aktien, weil sich die Unternehmen den laufend verändernden Bedingungen auf der Welt viel besser anpassen können als starre Investments wie Anleihen und Gold, weil es eine gute Versicherung gegen extreme Systemrisiken darstellt. Beide Assetklassen bieten zudem einen Inflationsschutz. Bei der Aktienanlage muss man aber natürlich nach wie vor stock picking betreiben und darauf achten, dass die Unternehmen ein gutes Geschäftsmodell und ordentliche Bilanzen haben sowie Dividende zahlen.
Sie gehören nicht zum Lager derer, die für 2013 eine Fortsetzung der Aktien-Rallye in Deutschland, der Schweiz und in den USA vorhersagen. Was stimmt Sie so pessimistisch?
An den führenden Aktienmärkten pendeln wir seit 2000 seitwärts – mit großen Ausschlägen nach unten und nach oben. Das ist historisch gesehen normal, jedenfalls normaler als die große Hausse von 1982 bis 2000. Die einschneidenden Krisen waren Anfang des vergangenen Jahrzehnts (2000 bis 2003) und 2008/2009. Ich bin davon überzeugt, dass wir in absehbarer Zeit eine weitere Krise sehen werden. In diesem Jahr sind die Anleger und die Analysten unglaublich optimistisch – das macht mich vorsichtig. Die Mehrheit geht davon aus, dass sich die Weltwirtschaft deutlich erholt, also zu höherem Wachstum findet. Meiner Meinung nach steht diese Erwartung auf schwachen Füßen. Ab dem zweiten Quartal wird es meiner Ansicht nach Enttäuschungen geben. Dann wird sich zeigen, ob Aktien auch steigen können, wenn Konjunktur- und Unternehmenszahlen enttäuschen, die Notenbanken aber weiterhin Liquidität in den Markt pumpen, oder ob Aktien auf mögliche schlechte Geschäftsergebnisse sensibel reagieren und nach unten tendieren. Ich gehe von Letzterem aus.
Eine gute Performance trauen Sie hingegen dem japanischen Nikkei zu. Warum?
Wie bewerten Sie als Groß-Investor eigentlich die Politik des billigen Geldes der Notenbanken. Die dürfen einfach Geld drucken, Sie müssen es erst verdienen. Das ist doch unfair, oder?
Diese Politik des billigen Geldes, die im Prinzip seit dem Wegfall des Goldstandards betrieben wird, ist kontraproduktiv für das Wohl der Menschen. Wirtschaftliche Probleme dürfen nicht nur durch manipulierte Zinssätze gelöst werden. Die negativen Folgen sind gravierend für die Währungen, die Finanzmärkte und für die gesamte Gesellschaft. Diese Politik der Notenbanken bestraft den Sparer und belohnt all jene Glücksritter, die sich unter Inkaufnahme höchster Risiken verspekuliert haben. Die, die bereits ein großes Vermögen haben, profitieren davon, dass man ihnen die Kurse durch die Ausweitung der Geldmenge nach oben stößt und die, die vom Monatseinkommen leben müssen und kein Vermögen aufbauen konnten, werden durch die Abwertung der Währungen bestraft, weil ihre Lebenshaltungskosten steigen und die Gehälter nach Steuern und Teuerung hinterherhinken. Das führt mittelfristig zu politischem Populismus und zu einer Demontage der freien Marktwirtschaft.
Viele Staaten versuchen, über eine Abwertung der Währung ihre Industrie zu stützen. Welche Folgen hat dieser Währungskrieg aus Ihrer Sicht?
Der Währungskrieg ist eine Folge der sich abschwächenden Weltwirtschaft. Und das hat alles auch sehr viel mit der demographischen Entwicklung zu tun. Das Lager der 100-Jährigen und älter wird sich in den kommenden 20 Jahren mehr als verdreifachen, die 85-Jährigen werden etwa 150 Prozent zulegen, die 65-Jährigen und älter noch 70 Prozent und die 0 bis 65-Jährigen werden 10 Prozent zulegen. In der letzten Gruppe sind überwiegend die Schwellen- und Entwicklungsländer enthalten, die allesamt eine viel bessere Demographie aufweisen als die Industrieländer. Wenn die Politiker der Industrieländer jetzt mit einer geldpolitischen Stimulanz und Abwertung ihrer Währungen versuchen Wachstumsraten wie früher herbeizuzaubern, dann ist es in etwa so, als würde man einen Pkw betanken, dessen Kurbelwelle blockiert ist. Er kann nicht schneller fahren. Ein Abwertungswettlauf könnte zu ernsten Konflikten wie protektionistischen Maßnahmen führen.
Die Amerikaner haben damit begonnen, die Briten haben weiter gemacht und jetzt kommen die Japaner und dann die Europäer. Für niemanden geht das Spiel auf, da Abwertungen den Export immer nur für kurze Zeit stimulieren.
Sie haben ein Viertel Ihres Vermögens in Gold investiert. Kriegen Sie es angesichts der drastischen Korrekturen nicht mit der Angst zu tun? Viele Experten reden und schreiben immerhin das Ende der Goldhausse herbei.
Historisch niedrige Hypothekenzinsen treiben die Immobilienpreise vielerorts. Viele warnen bereits vor einer Spekulationsblase. Wie ist Ihre Lesart in Bezug auf Betongold?
Die Immobilienmärkte sind national und sogar regional sehr verschieden. Spanien ist beispielsweise stark eingebrochen, Frankreich ist dabei abzudriften. Dort sehe ich sehr große Risiken. Der deutsche Immobilien-Markt ist in Bezug auf durchschnittliche Immobilienpreise am Anfang einer Entwicklung nach oben. Wenn man natürlich in die Wohlstandsgebiete in München oder Hamburg schaut, dann kommt es natürlich dort bereits zu Übertreibungen. Dort, wo die wohlhabenden Menschen wohnen möchten, gibt es starke Preissteigerungen – getrieben durch die Flucht aus dem Papiergeld in die Sachwerte. In den USA haben wir die Tiefststände wohl gesehen. In Florida steigen die Preise bereits. In der Schweiz haben wir eine Sondersituation – dort sind die Preise in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Und die Schweizer Notenbank hat nun eingegriffen, indem sie von den Banken höhere Rücklagen für Hypothekendarlehen fordert.
Meiner Meinung nach sollten Immobilien in einem großen Portfolio unbedingt enthalten sein, aber nur in Gebieten, wo auch in Zukunft Rechtssicherheit herrschen wird.
Welche Anlage hat Ihnen 2012 die meiste Freude bereitet und welche wird Ihnen in diesem Jahr die meiste Rendite einfahren?
2012 waren es meine Goldabsicherungen und die Schwäche des Yen sowie der Anstieg der japanischen Aktien. Auch 2013 setze ich auf japanische Aktien und natürlich auf den Goldpreis.
Zur Person
Felix Zulauf, Jahrgang 1950, begann seine Karriere bei der Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG) in Zürich (heute UBS). Er war dort Geldverwalter, globaler Anlagestratege und Leiter des Portfoliomanagements für Großkunden. Den Börsencrash 1987 überstand er schadlos, weil er rechtzeitig alle Aktien verkauft hatte. 1990 gründete der Schweizer seine Vermögensverwaltung Zulauf Asset Management. Er gehörte bei der Einführung des Euro zu den schärfsten Kritikern der Währungsunion. Heute kümmert er sich allein um sein Privatvermögen. Er gilt als einer der besten Vermögensmanager der Welt.
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