Interview Exklusiv

Robert Halver, wie krisenanfällig ist der DAX?

24.07.14 03:00 Uhr

Robert Halver, wie krisenanfällig ist der DAX? | finanzen.net
Robert Halver, Baader Bank

Börsenexperte Robert Halver beurteilt die Aktienmärkte vor dem Hintergrund der vielen Krisenherde auf der Welt. Bis zum Jahresende sieht er wieder steigende Aktienkurse.

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von Benjamin Summa

Herr Halver, der Dax liegt bereits 2,6 Prozent unter seinem vor einem Monat erreichten Allzeithoch von 10.051 Punkten. Ängste vor einer Eskalation des Konflikts in der Ukraine und vor sich immer weiter verschärfenden Kämpfen zwischen Israel und der radikalislamistischen Hamas bringen große Verunsicherung. Können diese geopolitischen Risiken den Aufwärtstrend an den Aktienmärkten aus Ihrer Sicht ernsthaft gefährden?
Robert Halver: Keine Frage, der Gaza- und der Irak-Konflikt sind elementare geopolitische Krisen. Die Ukraine-Krise hat für den deutschen Aktienmarkt grundsätzlich mehr Brisanz. Hier ist mit Russland eine Großmacht involviert, die zunächst für die Energieversorgung Europas und Deutschlands eine bedeutende Rolle spielt. Unsicherheit erwächst vor allem aus der Tatsache, dass es für geopolitische Krisen keine ordentlichen historischen Blaupausen gibt, die man auf die Kapitalmärkte legt und dann seine Wertpapierstrategie formulieren kann. Die Anleger sind jedenfalls verunsichert. Die Risikobereitschaft der Investoren nimmt angesichts der Entwicklung in der Ukraine ab. Der Konflikt findet auch deswegen Beachtung, da es derzeit im Sommerloch weniger Marktthemen gibt und die Konjunktur in Europa - verglichen mit den USA und den Schwellenländern - in Moll-Stimmung ist.
Das Hauptproblem ist, dass sich Putin verrannt hat. Jetzt geht es ihm darum, keinen Gesichtsverlust zu erleiden. Dabei nimmt er auch in Kauf, dass Russland so etwas wie der Aussätzige an den Kapitalmärkten ist: Eine massive Kapitalflucht, fehlschlagende Anleihenplatzierungen, westliche Investitionsblockaden und der Inflationsdruck scheinen ihn kalt zu lassen. Unter Druck wird er nicht einlenken, allein schon, um sein hart antrainiertes Image als Herrscher aller Reußen nicht zu gefährden. Der Westen sollte grundsätzlich bedenken, dass ein wirtschaftlich in die Enge getriebener russischer Bär unkontrollierbar gefährlich sein kann.

Deutschland ist stark von Gaslieferungen der Russen abhängig, zudem ist das größte Land der Welt ein gewichtiger Außenhandelspartner für die Bundesrepublik. Alle sprechen von Sanktionen gegen Russland, müssen wir uns auch vor möglichen Sanktionen Putins fürchten?
Gegensanktionen der russischen Seite können grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Wie gesagt, es geht auch um Gesichtswahrung. Zum Schluss hätten dann beide Seiten ihr geopolitisches Mütchen gekühlt, insbesondere Amerika, das - wie in den guten alten Zeiten des Kalten Krieges - erneut seine starken Arme über Europa ausbreiten könnte. Wirtschaftlich haben sie ja auch nicht so viel zu verlieren. Genauso wie die Briten, die ins gleiche laute Sanktionshorn pusten. Für Deutschland sieht die Situation anders aus. Denn wer kittet die Scherben eines im Extremfall großen Handelskrieges, der konjunktur- und exportdominierte deutsche Unternehmen vor allem im Mittelstand heimsucht? Davon würden sich die Aktienmärkte in Deutschland definitiv negativ beeindruckt zeigen, auch weil man in letzter Konsequenz Einschränkungen der russischen Gasversorgung befürchtet. Russland ist im Vergleich zu anderen Wirtschaftsregionen zwar nicht von zentraler Bedeutung für Deutschland, aber immerhin ist das Land doch einer der wichtigsten Außenhandelspartner und Investitionsstandorte in Osteuropa.
Überhaupt, schlechte wirtschaftliche Stimmung in Russland kann wie ein fauler Apfel auch übergreifen: Ein möglicher Handelskrieg könnte insofern auch die Stimmung in weiteren Teilen der Weltwirtschaft abkühlen. Dann wären Konjunktur- und Exporttitel in Deutschland noch mehr betroffen. Zum jetzigen Zeitpunkt gehe ich aber nicht davon aus, dass es zu einem heißen Wirtschaftskrieg kommt. Bis zum Ende der Sommerpause wird noch viel Wasser in Kiew den Dnepr und in Moskau die Moskwa herunterlaufen. Die Zeit kann man für Diplomatie nutzen. Hier ist besonders Deutschland gefragt.

Und was heißt das für den deutschen Aktienmarkt?
Die Gemengelage spricht für einen geopolitisch geprägten Kapitalmarkt-Sommer 2014, der den DAX als krisenanfälligen Aktienmarkt im Schwankungsmodus halten kann. In Krisen wie diesen schaue ich auch gerne auf die Charttechnik. Meiner Meinung nach sollte die starke Unterstützung um 9.400 Punkte Halt bieten. Bis zu diesem Niveau spreche ich ohnehin von einer gesunden Konsolidierung. Argumente für diese Einschätzung liefert ebenso der V-DAX als ein Maß für die mögliche Schwankungsbreite des deutschen Leitindex. Demnach hat es in der Vergangenheit offenbar schon weit größere Krisen gegeben. Daher sichere ich meine Aktienbestände über den Sommer nur ab und lasse ansonsten meine regelmäßigen Ansparpläne für Aktien ungehindert weiterlaufen. Bis zum Jahresende sehe ich wieder steigende Aktienkurse.

Im vergangenen Frühjahr versprühten der Internationale Währungsfonds, die OECD oder die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute großen Optimismus im Hinblick auf die Weltwirtschaft. Dreieinhalb Prozent seien 2014 drin, 2015 sogar noch etwas mehr. Diese Hochstimmung hat sich seitdem wieder deutlich eingetrübt. Sehen Sie hier auch Gefahren für die Aktienmärkte?
Im Vergleich zu früheren Zyklen wird das Vorpreschen der Aktienmärkte seit 2012 noch nicht durch höhere Unternehmensgewinne gerechtfertigt. Es fehlt also noch die Unterfütterung, die das Kursniveau an den Aktienmärkten unterstreicht. Sicherlich haben hier die jahresanfänglichen Konjunkturturbulenzen in den Schwellenländern, der Ukraine-Konflikt und auch geringere Wirtschaftsperspektiven in der Eurozone ihren Konjunktur-Tribut gefordert. Der fundamentale Beweis muss also noch erbracht werden, dass die Aktienmärkte das jetzige Niveau verdient haben. Die Perspektiven dafür sind grundsätzlich gegeben: Die US-Konjunktur entwickelt sich immer besser. Und die Schwellenländer haben sozusagen die Kurve bekommen, auch weil sich ihre Binnenkonjunkturen festigen. Auch die dortigen Kapitalmarktturbulenzen vom Frühjahr haben sich gelegt.
In der Eurozone ist die Situation schwieriger. Die Kreditaltlasten aus der geplatzten Immobilienblase und die immer noch schwachen Volkswirtschaften beeinträchtigen die Kreditvergabemöglichkeiten der Banken in der Euro-Südzone, die insofern kaum wirtschaftliche Stimulanz initiieren können. Ohnehin herrscht nach der Pleite der Holding Espirito Santo International Angst vor einer Rückkehr der Bankenkrise. Diese Gefahr soll nicht kleingeredet werden. Es ist fest davon auszugehen, dass bei wirklich genauem Hinsehen auch andere Banken in den peripheren Euroländern ähnliche Liquiditätsprobleme haben.
Eine euroländische Bankenkrise 2.0 kann aber nicht stattfinden, weil sie nicht stattfinden darf. Wir leben nicht mehr in von Normalität geprägten Rahmendaten, sondern in Kriseninterventionszeiten von unbegrenzten geldpolitischen Gnaden. Wäre es nicht ein Treppenwitz seitens der EZB, wenn sie, die seit mindestens zwei Jahren die Rettung der Banken und Staatsanleihenmärkte betreibt, jetzt ihre geldpolitischen Hände in den Schoß legt? Insofern spricht sehr wenig für eine zweite Finanzsystemkrise in der Eurozone. Banken wird nicht zuletzt im Interesse der konjunkturellen Beschleunigung geldpolitisch geholfen. Im Übrigen ist eine "Neuinterpretation" des Euro-Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu erwarten, um die Euro-Volkswirtschaften über mehr Neuverschuldung zu stützen. Die ab dem 1. Juli begonnene italienische EU-Ratspräsidentschaft wird sich hierfür einsetzen. Der italienische Ministerpräsident hat sich bereits deutlich für Stabilitätslockerungen und mehr staatliche Investitionen stark gemacht. Mitstreiter finden sich in Frankreich und Spanien, die unter ähnlichen Strukturdefiziten wie Italien leiden, aber auch in Deutschland, im Mutterland der Stabilität selbst, insbesondere auch in der Großen Koalition.
Diese fallenden Stabilitätshüllen der euroländischen Finanzpolitik kommen schließlich als "Segnungen" dem Wirtschaftswachstum der Eurozone und daher auch den Aktien über allmähliche Gewinnverbesserungen im Laufe der zweiten Jahreshälfte zugute.
Und auch ein schwächerer Euro hilft der Konjunktur über den Export. Die voneinander abweichende Geldpolitik in den USA und im Euroland - zunehmende Spekulationen über eine US-Zinswende gegenüber einer verstärkten Liquiditätsoffensive der EZB - dürften zu einer weiteren allmählichen Abschwächung des Euro gegenüber dem US-Dollar sorgen. Die geopolitische Krise in der Ukraine lässt den US-Dollar als sogenannten sicheren Anlagehafen erscheinen. Das schwächt den Euro zusätzlich, sodass er bis zum Jahresende auf etwa 1,32 abwertet. Noch deutlicher fällt seine Abwertung gegenüber der Exportkonkurrenz aus Japan und Südkorea aus. Die euroländische und speziell die deutsche Exportindustrie erhält damit das erste Mal seit Mitte 2012 währungsseitig Unterstützung. Insgesamt spricht die Wiedererholung der Konjunktur für ein Ende der Underperformance deutscher Aktien im Vergleich zu ihren euroländischen Konkurrenten.

In den vergangenen Monaten war immer wieder zu hören, Unternehmensgewinne seien nicht mehr entscheidend für das Wohl und Wehe der Märkte. Alle Augen waren einzig und allein auf die ultralaxe Politik der Notenbanken gerichtet. Wir befinden uns gerade wieder mitten in der Quartalssaison. Spielen die Unternehmenszahlen noch immer nur die zweite Geige?
Die Politik der Notenbanken wird einerseits weiterhin als Aorta für die Aktienmärkte, als Vollkaskoversicherung der Finanzmärkte fungieren. Andererseits ist das Argument der Geldschwemme an den Aktienmärkten aber mittlerweile so langweilig wie ein Fachvortrag über den Einfluss der Salzsteuer auf das mittelalterliche Tibet. Das gilt auch, weil über den Sommer die EZB keine neuen Impulse setzen wird.
Der Blick der Marktteilnehmer geht jetzt verstärkt auf die fundamentale Seite. In diesem Zusammenhang kommt der Berichtsaison eine im Vergleich größere Bedeutung zu. Die Anleger wollen Fleisch am nackten Knochen der reinen Liquiditätshausse sehen. Spannend ist dabei nicht die Vergangenheitsbewältigung der Unternehmensergebnisse im II. Quartal. Der Fokus liegt auf den Ausblicken, also inwiefern die deutschen Unternehmenslenker positiv in die Zukunft schauen.

Die Zinsen bleiben wohl bis 2016 auf Rekordtief. Wann ist wieder mit Zinsniveaus wie vor der Finanzkrise zu rechnen?
Eigentlich nie wieder! Die Länder Südeuropas könnten einen markanten Zinsanstieg überhaupt nicht mehr stemmen, ohne die Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen einstellen zu müssen. Überdies ist die Tragfähigkeit der überbordenden Staatsverschuldungen bei anziehenden Zinsen nicht mehr gegeben. Auch der deutsche Finanzminister freut sich über niedrige Renditen für seine Staatspapiere. Ansonsten hätte Deutschland keine Chance auf einen ausgeglichenen Staatshaushalt 2015. Zinsseitig sehe ich japanische Verhältnisse, also auf sehr lange Jahre eine Zinslandschaft, die die die angeschlagenen Länder der Eurozone in die Lage versetzt, sozialen Problemen mit neuen öffentlichen Schulden entgegenzuwirken. Wie will man die Volkswirtschaften alternativ über Wasser halten, wenn man keine Reformen à la Agenda 2010 in Deutschland durchführt. Und die werden politisch nicht durchgeführt, weil die Reformisten gnadenlos abgewählt werden, siehe Schröder, Monti, Sarkozy.

Dann wäre das Gebot der Stunde eigentlich "raus aus Geldwerten, rein in Sachwerte". Unter allen Industriestaaten ist die Aktionärsquote in Deutschland aber die niedrigste - trotz Börsenbooms. Haben Sie noch die Hoffnung, dass sich das in Zukunft spürbar ändern wird?
Beim Kauf eines Autos oder eines Waschvollautomaten schauen die Deutschen sehr genau auf rationale Argumente. In Sachen Finanzanlagen tun sie das nicht. Hier sitzt der Schock dreier Krisen - Neuer Markt, Immobilienkrise und Euro-Finanzkrise - tief. Stattdessen legen die Deutschen über 80 Prozent ihres Geldvermögens in Zinsanlagen an. Nach Inflation - ich meine die tatsächliche, nicht die offizielle - und nach Steuern entsparen sich die Anleger immer mehr. Ihr Vermögen schmilzt von Jahr zu Jahr real wie Eis in der Sonne. Da hilft ihnen auch die schöne Nominalillusion wenig, dass zum Schluss das Kapital zu 100 Prozent zurückkommt und zwischendurch ja immerhin noch Zinsen gezahlt werden.
Die deutsche Politik wird uns nicht aus diesem Anlegerproblem herausführen. Man muss selbst tätig werden. Mein Tipp ist ganz einfach: Man muss ja keine Unsummen in den Aktienmarkt umschichten, sondern monatlich regelmäßig einen Betrag X, den aber konsequent durchhalten. Selbst bei sinkenden Kursen erhöht sich über niedrigere Einstiegskurse langfristig das Aktienvermögen. Man sollte sich immer vor Augen führen, dass unser deutscher Wohlstand nicht staatlichen Ursprungs ist, sondern auf unseren hervorragenden Unternehmen mit weltweit führendem Industrie-Know-how beruht. Aus diesem Grund geht es uns auch besser als anderen Euro-Partnerländern. Daran kann man auch über Aktien teilhaben.

Sie haben es erwähnt: Sparer verlieren Geld, wenn sie Anlagen halten, die unterhalb der Inflationsrate verzinst werden. Wer beispielsweise eine zehnjährige Bundesanleihe mit einer Rendite von 1,3 Prozent kauft und hält, muss davon überzeugt sein, dass es bis 2024 keine Inflation gibt. Was halten Sie grundsätzlich von Anleihen als Kapitalanlage?
Deutsche Sparer sind bereits deutlich überinvestiert in Staatsanleihen - über die gesetzliche Rente, Lebensversicherungen, Betriebsrenten. Wir alle haben Staatspapiere bis Oberkante Unterlippe. Wer jetzt noch privat in Anleiheprodukten vorsorgt, der geht ein noch größeres Klumpenrisiko ein. Und das trotz dieser Minimalrenditen. Eigentlich könnte man ein altes Kinderlied wie folgt umdichten: Dreh dich nicht um, denn der Zinsklau geht um! Und wer weiß, was uns alles noch droht? Ich denke da beispielsweise an den IWF, immerhin keine unbedeutende Adresse in der Finanzwelt. Dieser hat bereits zum zweiten Mal innerhalb von zehn Monaten die Mithaftung der Gläubiger von Staatsanleihen ins Spiel gebracht. Laut IWF könnten auslösende Bedingungen sein, dass Schuldnerländer am Kapitalmarkt kein Geld mehr erhalten und/oder Staatsschulden oberhalb bestimmter "Obergrenzen" liegen. Was heißt Obergrenze? Es ist ein Gummiparagraf, der bei Bedarf in die gewünschte Richtung rechtsgebeugt werden kann. Unabhängig davon wird aber angesichts zunehmender Schulden in der westlichen Welt irgendwann jede Obergrenze überschritten.
Käme es bei Staatsanleihen tatsächlich zu Kuponherabsetzungen, einem Verzicht auf Zinszahlungen, Laufzeitverlängerungen oder gar Schuldenschnitten, würde aus dem theoretisch risikolosen Heiligenschein von Staatstiteln schnell ein praktisch problematischer Scheinheiligenschein. Und das nennt man Enteignung. Eine Blaupause gibt es hierfür auch schon: Griechenland. Und warum sollten die Politiker nicht auch über die Steuerkeule auf die Sparer in Staatspapieren zugreifen. In Spanien hatte man zuletzt eine Sparersteuer. Finanznot macht Politiker erfinderisch. Das droht Deutschland sicherlich nicht heute, morgen oder übermorgen. Aber für ein derartiges Klumpenrisiko in Zinspapieren von 80 Prozent besteht kein Anlass. Ich spreche ja nicht davon, aus dem Klumpenrisiko Zinsvermögen ein Klumpenrisiko Sachvermögen, z. B. in Form von Aktien, zu machen. Aber gegen eine Verteilung Richtung 50:50 ist nichts einzuwenden.

In den Großstädten steigen Mieten und Kaufpreise seit Jahren massiv. Hauptursache sind auch hier die extrem niedrigen Zinsen. Wie wahrscheinlich ist eine gefährliche Immobilienblase aus Ihrer Sicht?
In Amerika ist die Immobilienblase aufgrund von massiven Zinserhöhungen durch die Notenbank geplatzt. Dies ist in Deutschland in den kommenden Jahren nicht zu erwarten. Die Zinsen der EZB bleiben zur dringend erforderlichen Stützung der Euro-Finanzwelt weit unten. Zudem liegt die Eigentümerquote in Deutschland nur bei rund 46 Prozent, in Italien beträgt diese beispielsweise 80 Prozent. Wir haben zwar ansteigende Preise, aber keinen flächendeckenden Immobilienboom. Dennoch ist jeder gut beraten, auch beim Immobilienerwerb Augen und Ohren aufzumachen. Anstecken sollte man sich von der allgemeinen Immobilieneuphorie nicht. Auch hier sollte mit spitzem Bleistift und viel rationaler Besonnenheit agiert werden.

Gold ist zuletzt seinem Ruf als Krisenmetall gerecht geworden: Der Preis für eine Feinunze stieg vor dem Hintergrund zahlreicher Konfliktherde in der Welt zwischenzeitlich um fast einhundert US-Dollar nach oben - von rund 1.240 auf 1.338 Dollar. Glauben Sie, dass mit den Tiefs aus dem Juni und Dezember 2013 bei rund 1.180 Dollar die Bodenbildung beim Goldpreis abgeschlossen ist?
Gold bleibt aufgrund einer Finanzwelt, die langfristig unter Überschuldung, rekordniedrigen Zinsen und Renditen leidet, zwar grundsätzlich ein sicherer Anlagehafen, eine dramatische Kurserholung werden die Notenbanken aber konterkarieren. Denn die Rettung der westlichen Finanzmärkte funktioniert über Geld. Insofern besteht kein Interesse, eine Alternativwährung in Form von Edelmetallen zuzulassen, die diese monetäre Rettung verhindern würde. Ihr Vorhaben ist den Notenbanken auch geglückt, indem sie mit sintflutartigen Liquiditätsmaßnahmen den Goldpreis über die Terminmärkte gedrückt haben.
Ich glaube aber tatsächlich, dass wir uns in den vergangenen Monaten einem Niveau einer Bodenbildung genähert haben. Grundsätzlich rate ich Edelmetallanlegern, längerfristiger zu denken: Es geht nicht primär darum, dass Gold und Silber in den kommenden zwölf Monaten hohe Kurse erreichen. Anleger sollten vielmehr die Werterhaltungs- und die Wertransformationsfunktion von Edelmetallen im Fokus haben. Denn für die aktuell ungehemmte Rettung der Finanz- und Konjunkturwelt mit billigstem Geld und vielen neuen Schulden werden wir irgendwann einen hohen Preis zu zahlen haben.

Disclaimer: Der Autor, Benjamin Summa, ist Unternehmenssprecher der pro aurum KG, München.

Bildquellen: Simon Katzer, Julian Mezger für Finanzen Verlag

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