Interview Exklusiv

Robert Halver: „Hier finden Anleger Qualitätsaktien"

05.08.13 14:26 Uhr

Der Börsenprofi Robert Halver spricht im Interview über die Politik der Notenbanken, die Stimmung an den Weltbörsen und die Inflationsgefahren. Er bleibt seiner Anlagestrategie treu: Rein in Sachwerte.

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Aktien

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463,6 PKT -2,0 PKT -0,43%

182,6 PKT -0,8 PKT -0,44%

43.297,0 PKT 390,1 PKT 0,91%

501,4 PKT 0,8 PKT 0,16%

4.857,9 PKT 4,9 PKT 0,10%

143,0 PKT 0,1 PKT 0,03%

1.068,0 PKT 4,0 PKT 0,38%

PKT PKT

6.193,8 PKT -6,9 PKT -0,11%

10.374,8 PKT -10,8 PKT -0,10%

25.705,3 PKT 155,5 PKT 0,61%

21.797,7 PKT 294,5 PKT 1,37%

20.031,1 PKT 266,2 PKT 1,35%

7.339,8 PKT -25,7 PKT -0,35%

16.393,8 PKT 170,4 PKT 1,05%

7.702,6 PKT -7,0 PKT -0,09%

2.978,5 PKT 35,7 PKT 1,21%

6.040,0 PKT 66,0 PKT 1,10%

13.565,9 PKT 37,0 PKT 0,27%

4.274,2 PKT 7,9 PKT 0,18%

3.427,7 PKT 13,9 PKT 0,41%

von Benjamin Summa

Herr Halver, bei Siemens gab es zuletzt eine offene Fehde um die Unternehmensführung, letztendlich hat sich Joe Kaeser im Aufsichtsrat klar als neuer Vorstandschef durchgesetzt. Sehen Sie hier die Gefahr eines nachhaltigen Imageschadens für den Wirtschaftsstandort Deutschland?
Robert Halver: Siemens ist der deutsche Industrieklassiker schlechthin. Wenn man an deutsche Industriekultur denkt, fällt einem sehr schnell Siemens ein. Auch die ausländischen Investoren sehen das so. Sie vergleichen das Unternehmen mit der großen „GE“, also General Electric. Siemens ist jetzt am Scheideweg, der Industrieriese muss vom Modus „Kosten sparen“ auf den Modus „Zukunftsvision“ umschalten. Dass man in der Vergangenheit Kosten gespart hat, war richtig, keine Frage. Jetzt ist es aber wichtig, dass Siemens mit großer Innovationskraft die Zukunft gestaltet und deutlich macht, wo man im operativen Geschäft Geld verdienen will.

Die Stimmung an der Börse ist grundsätzlich nicht schlecht. Wie beurteilen Sie die laufende Berichtssaison und welche Performance trauen Sie dem DAX in der zweiten Jahreshälfte noch zu?
Ich traue dem DAX eine positive Performance zu. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir ab dem vierten Quartal 2013 wieder eine konjunkturelle Aufhellung sehen werden. Ich konnte mich kürzlich in den USA selbst davon überzeugen, dass sich die Konjunktur – wenn auch auf vergleichsweise niedrigem Niveau – stabilisiert hat. Die US-Notenbank wird dieses zarte Pflänzchen des Aufschwungs nicht gefährden. Die geldpolitischen Stützräder werden also nur sehr behutsam und marktbekömmlich abgenommen. Und die EZB wird ohnehin aufgrund der anhaltenden Krisensymptome penibel genau darauf achten, dass die Renditen in Europa nicht zeitgleich mit denen in den USA steigen. Nach der Bundestagswahl könnte die EZB geldpolitisch sogar noch weiter lockern.
Die Berichtssaison lief für die Dax-Aushängeschilder wie BASF, ThyssenKrupp oder Siemens bisher zwar eher verhalten, ich glaube aber, dass die Konjunkturaufhellung zum Ende des Jahres diesen Titeln erneut Rückenwind geben wird. Vor diesem Hintergrund wird der DAX meiner Meinung nach – insbesondere nach der Bundestagswahl, wenn der ultimativen Rettung der Eurozone mit mehr von der EZB gedeckter Verschuldung wahlpolitisch nichts mehr im Wege steht – in der zweiten Jahreshälfte insgesamt Fahrt aufnehmen und am Jahresende bei gut 8.800 Punkten notieren.

Und welche Prognose wagen Sie für die Börsen in den USA und Japan?
Den US-Markt sehe ich positiv. Die unkonventionellen Stabilitätsinstrumente haben definitiv gefruchtet. Amerika ist dabei, sich wieder als innovativer Industriestandort auch mithilfe günstiger Energiekosten zu präsentieren. Die japanische Regierung setzt ebenfalls auf eine extrem lockere Geldpolitik, es werden Aber-Milliarden in die Wirtschaft gepumpt, um der seit 20 Jahren grassierenden Deflation Einhalt gebieten zu können. Die japanische Wirtschaft ist im ersten Quartal schneller gewachsen als in jedem anderen Industriestaat – der Aktienmarkt wird diesen Trend goutieren.

Wo finden Anleger in den kommenden Monaten konkret Qualitätsaktien?
Ich finde den IT-Sektor und den Konsumsektor aktuell besonders interessant. Wenn in Deutschland im vierten Quartal die Wirtschaft wieder stärker läuft, dann werden auch die Zykliker wieder erstarken. Und Dividendenwerte bleiben angesichts der weiterhin unattraktiven Renditen im Zinsbereich gute Ersatzbefriedigungen. Die Substanz entscheidet jeweils. Die Emerging Markets sollte man besser breiter mit Fonds oder ETFs begleiten, weil dort von Hyperwachstum auf ein moderateres, nachhaltigeres Wachstum umgeschaltet wurde. Als Depotbeimischung werden nach der Bundestagswahl durchaus auch die typischen Branchen der südlichen Euroländer interessant, also beispielsweise deren Versorger oder Öltitel.

Vor genau einem Jahr hat EZB-Chef Mario Draghi den Märkten versichert, die Zentralbank werde alles tun, um die Gemeinschaftswährung zu verteidigen – notfalls durch den unbegrenzten Kauf von Anleihen reformwilliger Krisenstaaten. Die Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht werfen der Notenbank derzeit vor, ihr eigentliches Mandat, für stabile Preise zu sorgen, zu überschreiten und stattdessen direkte Staatsfinanzierung zu betreiben. Befürworter sagen: „Alles richtig gemacht, die Märkte wurden dadurch beruhigt, ein Bank-Run verhindert und Europa ist eine schwere Rezession erspart geblieben“. Welche ist Ihre Wahrheit?
Ich schätze auch die Stabilitätspolitik deutscher Machart, die jahrzehntelang von der Bundesbank verfolgt worden ist. Diese ist aber angesichts der enormen Probleme der Eurokrise nicht mehr umsetzbar, leider. Draghis Politik ist also folgerichtig. Hätte er vergangenes Jahr nicht gesagt, dass man die Eurozone um jeden Preis retten werde, hätte das massive Verwerfungen an den Kapitalmärkten ausgelöst. Diese Politik hat allerdings mit Stabilität nichts mehr zu tun, das sage ich auch ganz deutlich. Vom Verfassungsgerichtsurteil erwarte ich kein Verbot zum Ankauf von Staatspapieren. An den wichtigen Wegkreuzungen hat das oberste Gericht fast immer „staatstragend“ geurteilt. So bleibt uns die EZB nach wie vor als Aorta für die Finanzmärkte und die Konjunktur der Eurozone erhalten.

Die amerikanische Notenbank schweigt sich trotz passabler Wirtschaftszahlen zum Ende der lockeren Geldpolitik aus. Auch Mario Draghi ließ offen, was es genau heißt, wenn er die Leitzinsen "für längere Zeit auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau" halten wird. Welche Notenbankpolitiken erwarten Sie künftig?
Ben Bernanke hat große Angst, die Stützräder zu früh von der US-Konjunktur abzunehmen. Er selbst hat ja das Trauma der konjunkturellen und finanzmarktorientierten Endzeitstimmung nach dem Platzen der Immobilienblase erlebt. Und eigentlich hat er mit seiner damals restriktiven Zinspolitik vor der Lehman-Pleite das Bersten selbst gefördert. Dieser Fehler wird ihm oder seinem Nachfolger nicht noch einmal passieren. Ein gebranntes Kind scheut das Feuer. Der Einstieg in den Ausstieg der ultralockeren Liquiditätspolitik erfolgt in homöopathischen Dosen, im Schneckentempo.
Euroland ist noch lange auf die Barmherzigkeit der EZB angewiesen. Und ich erwarte, dass die EZB nach der Bundestagswahl und nach einem milden Urteil des Bundesverfassungsgerichts in punkto Anleiheaufkäufe auch noch die letzte Stabilitätshülle fallen lassen wird und in ihrer prallen geldpolitischen Schönheit vor uns stehen wird.

Welche Inflationsgefahren sehen Sie angesichts der massiven Geldmengenausweitung der Notenbanken in den vergangenen Jahren?
Die Inflationsgefahr ist weiterhin da, es wäre verrückt, dies zu leugnen. Wenn man sie offiziell misst, ist sie zwar nicht vorhanden, inoffiziell oder tatsächlich aber schon. Ich bin daher kein Anhänger einer offiziellen Inflationsberichtslegung. Die Inflation spielt aber in der realen Geldpolitik keine große Rolle. Der Stabilitätsbegriff hat sich gewandelt: lieber stabile Sozialsysteme und die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit mit geldpolitischer Schuldenfinanzierung als Stabilität an der Preisfront. Stabilität macht eben nicht satt. Das weiß jeder Politiker, der wiedergewählt werden will.

Ein finanzen-net-Interview mit Ihnen vor genau einem Jahr war überschrieben mit „Raus aus Zinspapieren, rein in Sachwerte“. Bleiben Sie dieser Anlagestrategie treu?
Ja, der Schwerpunkt bleibt bei Sachwerten. Eine massiv unterstützende Geldpolitik und eine stärkere Schuldenfantasie zur Konjunkturstimulierung in der Eurozone sprechen klar für den Sachwert Aktien. Die Renditen der Zinspapiere werden auf absehbare Zeit keine dramatische Wende nach oben nehmen können, daher werde ich definitiv weiter sehr langfristig stark in Aktien investieren. Die negativen Realzinsen bleiben noch mehrere Jahre (geld-)politisch erwünscht, weil sie das Problem der Bezahlbarkeit weltweit überbordender Staatsverschuldung abmildern. Für diese Aufrechterhaltung der „Happy Hour“ in der Eurozone zahlen die Sparer in Sparbuch, Festgeld und Staatspapieren weiter den Preis. Zwar ist man im Rahmen einer umfassenden Portfolioaufteilung auch in diesen Anlageklassen investiert. Aber nicht so, wie der deutsche Anleger das im Durchschnitt gerne macht, nämlich zu 80 Prozent seines Finanzvermögens.

In der Vergangenheit waren sie in Bezug auf Edelmetalle positiv gestimmt. Hat sich das vor dem Hintergrund der deutlichen Kurskorrekturen geändert?
Die Instabilitäten der Finanzmärkte und die Reformunwilligkeit in vielen Ländern der Eurozone sind nicht gelöst, sondern nur kosmetisch aufgehübscht. Insofern bleiben Edelmetalle als Depotbeimischungen attraktiv. Deutliche Kursschwankungen sind allerdings zu berücksichtigen.
Denn auch wenn physisch gekauft wird, werden uns die Notenbanken nicht den Gefallen tun und zulassen, dass der Goldpreis ungehindert emporsteigt. Denn wenn Gold oder auch Silber den Status einer Ersatzwährung erhielten, wäre die Allmacht der Notenbanken, die auf Geld gegründet ist, gebrochen. „Du sollst keine fremden Götter neben Geld haben“, lautet hier das weltumspannende Motto der Notenbanken. Edelmetallanleger sollten nicht denken, dass unsere Finanzmärkte allzu schnell zusammenbrechen. Totgesagte leben länger. Gold und Silber sind daher aus meiner Sicht als langfristige Anlageklassen zu betrachten. Und statt auf zügige Kursgewinne zu setzen, sollte man Edelmetalle eher in ihrer Funktion als Wertspeicher sehen, also als eine Versicherung fürs Kapital. Da ist ihre Bedeutung auch für mich ungebrochen.

Wie sollten Anleger Ihrer Meinung nach ihr Portfolio derzeit konkret strukturieren?
Im Rahmen eines ausgewogenen Portfolioaufbaus, der dem Aspekt Altersvorsorge Priorität einräumt, würde ich zunächst Liquidität und Anleihen mit jeweils 10 Prozent gewichten, wobei Fremdwährungen von Ländern mit z. B. Rohstoffvorkommen auch zum Zuge kommen sollten. Die Aktienquote sehe ich bei etwa 60 Prozent, wobei geografisch neben den Schwellenländern die USA und Deutschland nachhaltig attraktiv sind. Japan und durch die anhaltende Rettung der Eurozone auch die Euro-Peripherie sind eine Depotbeimischung wert. Auf Branchenebene ist eine Mischung aus zyklischen Aktien und Dividendentiteln anzuraten. Den Rohstoffsektor inklusive Edelmetallen sehe ich bei 20 Prozent. Auch hier kann die Abdeckung durch Aktien erfolgen. Im Übrigen ist für mich regelmäßiges Ansparen in Aktien das A und O.

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