Berentzen-Chef: "Noch jede Menge Innovationen in petto"

Vorstandssprecher Frank Schübel über Luxusprobleme infolge des dynamischen Wachstums, ein Einsparpotenzial von bis zu 2 Millionen Euro bei den Finanzierungskosten sowie das mittelfristige Ziel einer nachhaltigen Umsatzrendite von mindestens 8 Prozent.
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Erfolgreicher Mix bei Berentzen: Mit einem Umsatzplus von 8,6 % auf 82,0 Mio. Euro und einem EBIT-Wachstum von über 60 % auf 4,0 Mio. Euro konnte der Getränkekonzern im ersten Halbjahr die Erwartungen übertroffen. Dabei trotzten nicht nur die bekannten Spirituosenmarken "Berentzen" und "Puschkin" dem negativen Branchentrend, im nichtalkoholischen Bereich verzeichnete die Gesellschaft mit Citrocasa, Mio Mio und der Sinalco-Konzession deutlich zweistellige Zuwachsraten. Für das Gesamtjahr 2016 stellt Berentzen-CEO Frank Schübel bei einem deutlichen Anstieg der Konzerngesamtleistung eine Steigerung der operativen Marge um einen Prozentpunkt in Aussicht.
Herr Schübel, Berentzen blickt auf ein erfolgreiches erstes Halbjahr zurück. Wie feiern Sie das Ergebnis, mit einem frisch gepressten Orangensaft oder eher mit einer hochprozentigen Alternative?
Frank Schübel: Wir freuen uns über das Halbjahresergebnis mit einem Anstieg des Konzern-EBIT um 60,8 %, zumal es zeigt, dass unsere eingeschlagene Strategie operativ die erhofften Früchte trägt. Zum ausgelassenen Feiern sind wir aber (vielleicht) zu pragmatisch veranlagt, schließlich liegen noch fünf anspruchsvolle Monate in 2016 vor uns. Frisch gepresster Orangensaft ist aber ohnehin Teil unserer täglichen Ernährung.
Inwiefern hat sich Ihre Marketingoffensive positiv auf das Umsatzwachstum in Höhe von 8,6 % ausgewirkt und in welchen Bereichen konnten Sie im ersten Halbjahr Marktanteile hinzugewinnen?
Wir haben in mehreren Bereichen profitiert. Bei unseren Kernmarken Berentzen und Puschkin konnten wir mit einem Absatzplus von 4,7 % bzw. 10,3 % unsere Marktanteile in den jeweiligen Segmenten deutlich ausbauen. Besonders erfreulich ist auch, dass wir die Marktdurchdringung unserer MioMio-Produkte klar erhöht haben. Mittels Ausbau des Händlernetzes und gestiegener Verbraucherakzeptanz konnten wir den Absatz der unter der Marke Mio Mio vertriebenen Getränke von Januar bis Juni 2016 um fast 60 % steigern.
Sie sprechen MioMio an, die Marke ist erfolgreich am Markt eingeführt, hat beim Bekanntheitsgrad aber noch Nachholbedarf. Wie wollen Sie diese Marken noch präsenter im Markt etablieren?
Als "Old-School"-Foodmanager bin ich total fasziniert wie man heute Marken über die so genannte "Szene", also die jeweils spitze Zielgruppe, und Social Media aufbauen kann. Unterschätzen Sie die Bekanntheit und Akzeptanz von MioMio bei jungen Verbrauchern nicht. Vor zehn Jahren wären solche Mittelstandskonzepte schon an den Listungsgeldern und der Intervention der dominanten Platzhirsche gescheitert. Heute zählen nicht Budgets, sondern eine intelligente Distributionsstrategie und die kommunikativ richtigen Spitzen in Social Media-Kanälen. 15 Millionen verkaufte Flaschen in 2016 sprechen für sich. Und wir haben hier noch jede Menge Innovationen in petto: Bereiten Sie sich schon einmal auf MioMioMate Banana vor, das wird das nächste Highlight in unserem Angebot.
Ein großer Wachstumstreiber war im ersten Halbjahr auch der Geschäftsbereich "Frischsaftsysteme", der um über 33,5 % zulegen konnte. Welchen Anteil hatte die neue und speziell für den Gastronomie-Bedarf entwickelte Maschinenlinie "Revolution" an diesem Wachstum?
Unsere neue Maschinenlinie "Revolution" entwickelt sich noch besser als erwartet. So lag die Nachfrage im ersten Halbjahr über der Verfügbarkeit. Unsere Strategie ist damit hundertprozentig aufgegangen. Wir haben keinerlei Substitutionseffekte zu bestehenden Maschinentypen, sondern konnten und können mit dieser neuen Maschinenlinie den Verkaufskanal Gastronomie großflächig erschließen. Übrigens: Was uns ebenfalls sehr freut, ist, dass auch die anderen Maschinentypen signifikante Absatzzuwächse verzeichnen, nachdem sie Anfang 2015 eine komplett neue Technik erhalten haben.
Citrocasa entwickelt sich damit immer mehr zum Erfolgsmodell. Welches Potenzial sehen Sie in diesem Bereich mittelfristig und wie wollen Sie dieses heben?
Zum Zeitpunkt der Akquisition im Jahr 2014 lag das Umsatzniveau bei 12,5 Mio. Euro. In diesem Jahr werden wir in diesem Bereich bereits mehr als 20 Mio. Euro umsetzen. Diese Dynamik sehen wir auf längere Sicht und planen auch für die nächsten Jahre mit zweistelligen Wachstumsraten im Segment Frischsaftsysteme, da wir neben der Maschinen- und Systemdurchdringung pro Land immer noch viele komplett weiße Flecken auf unserer Landkarte haben, also Länder in denen wir heute noch nicht präsent sind. Unsere Herausforderung ist nicht die Nachfrage, sondern viel eher ein Luxusproblem, nämlich dieses dynamische Wachstum professionell zu managen und ausreichend Ressourcen aufzubauen.
Blicken wir auf den Konzessionswechsel zu Sinalco, der holpriger als erwartet angelaufen ist, mittlerweile nimmt dieses Geschäft aber Fahrt auf. Was haben Sie aus den Fehlern der Startphase gelernt?
Ich will hier nichts schön reden, aber aus meiner Sicht war unser einziger Fehler die zeitlich zu ambitionierte Planung. Wir haben unterschätzt, wie viele Besuche wir tatsächlich brauchen, um eine Umstellung der Cola-Marke auf Kundenseite wirklich zu realisieren. Mittlerweile haben wir aber so viele Referenzkunden und Leuchtturmprojekte, um den Kunden überzeugend aufzuzeigen, dass Sinalco auch für die Gastronomie eine Topmarke ist. Was ebenfalls gut ankommt, ist unsere nachvollziehbare und positive Preisoptik bei Sinalco. Unsere Kunden finden hier ein hohes Maß an Verlässlichkeit und müssen nicht jede Woche bangen, dass bei einem großen Discounter wieder mal aggressive Niedrigpreise für die eigene Cola-Marke zu finden sind und man sich gegenüber den eigenen Gästen rechtfertigen muss. Mit einem Absatzplus von mehr als 20 % gegenüber den ersten sechs Monaten 2015 sehen wir uns hier in unserer Strategie bestätigt.
Rückläufig verlief zuletzt das Auslandsgeschäft mit Markenspirituosen. Inwiefern treibt in Ihnen die Entwicklung in der Türkei Sorgenfalten auf die Stirn? Und in welchen Ländern sehen Sie neue Wachstumsimpulse?
Die Lage in der Türkei betrifft hauptsächlich unser Geschäft in den Touristengebieten, wo die Anzahl der Urlauber stark zurückgeht und aller Voraussicht nach weiter zurückgehen wird. Dieser Effekt beschäftigt uns jedoch schon seit 2015. Daher haben wir diese Rückgänge bereits in der Planung für 2016 berücksichtigt. Gute Geschäfte machen wir aktuell z. B. in Japan mit Berentzen Apple Bourbon und erschließen neue kleine Distributionsländer in Südosteuropa. Entscheidend ist aber hier, dass wir kein Fixkostenrisiko mehr eingehen, sondern über lokal verankerte Distributeure ab der ersten Flasche Geld verdienen.
Die operative Marge soll im Gesamtjahr 2016 um einen Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr zulegen. Welche Annahmen für das zweite Halbjahr liegen dieser Prognose zugrunde?
Unsere Prognose fußt auf insgesamt drei Bausteinen: Erstens unserem organischen Wachstum bei den strategischen Marken, die überdurchschnittliche Margen erzielen. Zweitens sehen wir die positive Durchsetzung der jungen Sinalco-Konzession, die für das alkoholfreie Segment 2015 noch ergebnisbelastend war. Und drittens ist es die Umsatzentwicklung bei Citrocasa, die ebenfalls Margen über dem Gruppenschnitt liefert.
Berentzen hat sich einen Namen gemacht mit seiner überdurchschnittlichen Prognosequalität. Wie gelingt Ihnen dies und welches Margenpotenzial sehen Sie mittelfristig?
Es freut mich, dass der Markt unsere Verlässlichkeit honoriert. Unser Ziel ist es, mittelfristig eine nachhaltige Umsatzrendite von mindestens 8 % zu erreichen. Neben einer grundsätzlich kaufmännisch vorsichtigen Attitüde nutzen wir die Portfolioeffekte im Sinne eines Risikoausgleiches. Unser Konzern steht heute auf insgesamt sechs Geschäftsmodellen. Und anders als noch vor ein paar Jahren gibt es keine akuten Baustellen bei uns. Mit anderen Worten: Die Bereiche laufen und wachsen. Durch diese breite Aufstellung können wir Planabweichungen in Einzelfällen auch effizient ausgleichen.
Wie ist es um die finanzielle Leistungsfähigkeit der Berentzen-Gruppe bestellt? Im kommenden Jahr steht die Rückzahlung der Anleihe 2012/17 an, welche Optionen prüfen Sie für eine Anschlussfinanzierung?
Wir prüfen aktuell mehrere Optionen und haben insofern gute Karten, als wir aus heutiger Sicht die Verschuldung von 50 Mio. Euro bei unserem Cashbestand deutlich reduzieren können. Jede Finanzierung wird auch deutlich günstiger für uns sein als der heutige Kupon der Anleihe von 6,5 %. In der Folge können wir mit einer jährlichen Entlastung bei den Finanzierungskosten von bis zu zwei Mio. Euro rechnen, was unmittelbar unser ausschüttungsfähiges Ergebnis ab 2018 verbessert.
Die niederländische Investmentgesellschaft Monolith hat sich im ersten Halbjahr ein 10,4%-Aktienpaket von AURELIUS gesichert. Wird AURELIUS weitere Anteile abgeben?
AURELIUS hat seinen Berentzen-Anteil innerhalb eines Jahres von rund 60 % auf aktuell 16 % reduziert und bleibt sicher kein Minderheitsaktionär. Das spricht für einen erfolgreichen Exit über den Kapitalmarkt. Die neue Aktionärsstruktur ist gut für die nachhaltige Entwicklung der Berentzen Gruppe.
Mit einem Verhältnis der Marktkapitalisierung zum EBITDA von unter 4 ist Berentzen auf aktuellem Niveau attraktiv bewertet. Spüren Sie generell ein steigendes Interesse von Seiten institutioneller Investoren?
Zum Start unserer Kapitalmarktmaßnahmen vor zwei Jahren war es für uns teilweise schwierig, bei institutionellen Investoren entsprechende Aufmerksamkeit zu bekommen. Heute ist das anders: die Berentzen-Gruppe AG glänzt mit guten Zahlen, sicheren Prognosen und einem attraktivem Wachstum. Zugleich gibt es am Markt aktuell nur wenige Investments, die mehr als 3 % Dividende liefern und gleichzeitig noch größeres Kurspotenzial haben, wie Analysten uns bestätigen. Also ein klares JA auf die Frage nach steigendem Interesse.
Herr Schübel, vielen Dank für das Interview.
Haftungsausschluss/Disclaimer: Das aktuelle Interview dient ausschließlich zu Informationszwecken. Die Meinungen und Aussagen der Interviewpartner spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich diejenige des Interviewpartners. Das Interview ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für Vermögensschäden wird keinerlei Haftung übernommen.
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Bildquellen: Hans Einspanier/Berentzen, Hans Einspanier/Berentzen-Gruppe
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