ZhongDe & Vtion: Das Geld ist woanders

von Jörg Lang, Euro am Sonntag

Auf deutschen Kurszetteln hingegen stehen einige diskussionswürdige Punkte. Zhongde Waste Management beispielsweise ist bei deutschen Anlegern angetreten, um Gelder für Müllverbrennungsanlagen in China einzusammeln. Das Einzige, was bisher aber wirklich im großen Stil verbrannt wurde, ist das Bargeld der Anteilseigner der deutschen AG.

Die Mittel aus dem Börsengang wurden an die Tochter in Hongkong verliehen. Die wiederum stellt die Liquidität ihren Töchtern auf dem Festland zur Verfügung. Im Fall von Zhongde, das an der Börse mit 20 Millionen Euro bewertet wird, betragen die Ausleihungen 50,1 Mil­lionen Euro. Zhongde verlor 2011 und 2012 zu­sammen 23 Millionen Euro. Und obwohl der Konzern eine Nettoliquidität von 47,8 Millionen Euro ausweist, sind die Kassen der AG leer. Dank Beteiligungserträgen und Zinseinnahmen verbuchte die Mutter 2012 zwar einen Gewinn von 5,5 Millionen, das Geld scheint aber nicht angekommen zu sein. In der AG-Kasse liegen nur noch 21.000 Euro.

Der Leser des Geschäftsberichts wundert sich auch, warum Zhongde trotz voller Konzernkassen Kredite von über 50 Millionen Euro aufnimmt und dafür bis zu zwölf Prozent Zins zahlt. Vielleicht gibt es am 28. Juni bei der Hauptversammlung im Frankfurter Messeturm mehr Klarheit.

Am gleichen Ort, aber einen Tag vorher wird Vtion Wireless Technology seine Hauptversammlung abhalten. Wer beim Anbieter von Mobilfunkdatenkarten engagiert ist, sollte sich Zeit nehmen, um Vorstand und Großaktionären Fragen zu stellen. Aufmerksamkeit gebührt hier gleichfalls dem Verhältnis zwischen Konzern und AG.

Auch Vtion ist eine deutsche AG mit operativem Geschäft in Festland-China, die erhebliche Mittel beim Börsengang einsammeln konnte. Das Unternehmen verfügt laut aktuellem Konzernabschluss über 123 Millionen Euro Liquidität. In der deutschen AG sind die Bar­mittel nach starken Abflüssen 2012 aber auf weniger als 2,6 Millionen Euro geschmolzen.

Auffällig: Das Unternehmen hat von der auf den britischen Jungferninseln sitzenden 100-prozentigen Tochter Vtion Technology insgesamt 51 Millionen Euro zu bekommen. Doch die Zinsen auf diese Darlehen (bescheidene drei Prozent) fließen scheinbar nicht in Cash, sondern erhöhen nur die Forderungen. Die Aktionäre sollten das Management auf eine Erhöhung des Rechnungszinses und auch auf die unmittelbare Begleichung der Zinsschulden drängen. Das ist die einzige Form der Casheinnahmen, die bei der deutschen AG landen können. Auch müsste Vtion die Frage nach der genauen Aufteilung seiner Liquidität nach Bankverbindungen beantworten. Ebenfalls kritisch ist die ­Satzungsänderung, die eine Ausdehnung des Geschäfts bis zum Immobilienerwerb ermöglicht. Das öffnet Manipulationen Tür und Tor.