Schroders-Studie deckt auf: Unrealistische Erwartungen bei Investoren

Die von Schroders durchgeführte Global Investor Study 2016 zeigt eine bedenkliche Tendenz von Investoren. Die Ertragserwartungen sind bei vielen Anlegern unrealistisch hoch und haben einen kurzfristigen Anlageansatz.
Die Global Investor Study von Schroders für 2016 legt offen, dass die Anlageerwartungen der Investoren einer früheren Zeit angehören. Für all jene, die sich mit einer langfristigen Finanzplanung beschäftigen, könnte die Schroders Studie interessant sein.
Das Wichtigste aus der Studie in Kürze:
• Durchschnittlich halten Anleger ihr Investment nur 3,2 Jahre und damit fast zwei Jahre weniger als die von Vermögensverwaltern empfohlenen 5 Jahre.
• Die Investoren erhoffen sich einen durchschnittlichen Ertrag von 9,1%, wobei die durchschnittliche Aktienrendite lediglich bei 3,8% liegt.
• Bei den Annahmen für die Zeit im Ruhestand haben Anleger mit 21,2 Jahren sehr realistische Erwartungen.
• Doch im Allgemeinen sind die Investoren risikoscheu, was die Umsetzung ihrer Ertragsziele betrifft.
Um einen jährlichen Ertrag von 8-9% zu ermöglichen, ist es für Anleger unmöglich erhebliche Risiken abzuwenden. Wenn man sich vor Augen hält, dass die Zinsen weltweit bei unter 1% verlaufen. Da der Kapitalerhalt an erster Stelle steht und der Anlagehorizont sehr kurzfristig ist, dürfte eine Rendite in diesem Umfang kaum denkbar sein.
Anlagehorizonte
In der Regel wird bei einer Investition in Aktien ein Zeitrahmen von mindestens 5 Jahren empfohlen. In diesem Zeitraum können Anleger die Auf- und Abschwünge der Märkte erleben, dabei ist, wie bei jeder Kapitalanlage, nichts garantiert. Die Studie von Schroders ergab hingegen, dass Privatanleger im Durchschnitt nur 3,2 Jahre in eine einzelne Anlage investieren möchten. Dabei sind nur 18% der Befragten bereit, ihr Geld über mehr als fünf Jahre anzulegen, während 31% weniger als zwölf Monate investiert sein möchten.
Dies bestätigt vorangegangene Studien, aus denen die gleiche Tendenz hervorging, dass Anleger immer kürzere Ansätze verfolgen. Gründe hierfür sind zum Beispiel, dass der technologische Fortschritt und die Entwicklung von Plattformen zu diesem Trend beigetragen haben. Für Privatanleger ist es mittlerweile viel einfacher, die Wertentwicklung von ihren Investitionen zu überwachen und dabei auch zu kaufen oder zu verkaufen.
Anlageerwartung
Eine weitere Schlussfolgerung aus der Schroders-Studie lautet, dass die Anlageerwartungen der meisten Investoren aus einer anderen Zeit-Epoche stammen, in der es in der Regel noch 5% Zinsen gab. Weltweit liegt der Ertragswunsch von Privatinvestoren bei aktuell 9,1% pro Jahr. Die Mindesthöhe, die Berater für ihre Kunden erzielen möchten, liegt im Durchschnitt bei 7,9% pro Jahr. In einer Zeit, in der es fast keine Zinsen mehr gibt, ist dieser Wert nur geringfügig realistischer. Es muss aber berücksichtigt werden, dass der Durchschnittswert von 9,1% von einer relativ kleinen Gruppe von Anlegern, welche extrem hohe Erwartungen haben, verzerrt wird. Im Gegensatz dazu haben fast die Hälfte der Privatanleger eine vernünftige Erwartung zwischen 2% und 5% Rendite pro Jahr.
Hierbei sollte man sich vor Augen führen, dass alle großen Märkte wie Großbritannien, die Eurozone, die USA und Japan aktuell Zinssätze von 0,5% und weniger haben. Die Renditen von 10-jährigen Staatsanleihen waren im Mai 2016 für Großbritannien und die USA bei unter 2% und in der Eurozone und Japan sogar negativ. Auch der MSCI World Index kann nur eine Rendite von weniger als 3% aufweisen. Dabei ist es nahe liegend, dass Anleger ihre Erträge, welche sie aus Kapitalanlagen erzielen möchten, weit überschätzen. Solch hohe Erwartungen können auch Auswirkungen auf das langfristige Sparverhalten der Investoren haben. Wenn ein Sparbetrag von 200 Pfund pro Monat über 20 Jahre mit 9,1% verzinst wird erhält man eine Summe von 135.286 Pfund. Geht man aber von realistischen 4% aus, erhält man nach 20 Jahren nur noch 73.354 Pfund.
Lebenserwartung
Im Gegensatz zu den eher unrealistischen Ertragserwartungen der Anleger, sind die Erwartungen über die Länge des Ruhestandes laut der Studie von Schroders sehr realistisch. So liegt die durchschnittliche Antwort bei etwas über 21 Jahren. Lediglich 10% sind der Ansicht, dass sie nach der Pensionierung weniger als 10 Jahre leben werden. Von einer Lebenserwartung von über 30 Jahren, nach der Pensionierung, gingen immerhin noch 13% der Befragten aus.
Anpassungsprozess für Anleger
Bis vor einigen Monaten war man noch der Meinung, dass die extrem expansive Geldpolitik der Notenbanken nur eine vorübergehende Erscheinung sein würde. Der allgemeine Konsens war, dass es früher oder später wieder zu steigenden Zinsen kommen würde.
Doch 8 Jahre nach der Finanzkrise, erscheint es zunehmend ungewiss, dass die Zinsen in erkennbarer Zeit wieder steigen. Die schon durchgeführte Zinserhöhung durch die US-Notenbank Fed hat international noch keine Nachahmer gefunden. Somit bleiben die Geldhähne der Notenbanken in der Eurozone und der geldpolitischen Entscheidungsträger in Japan weiterhin weit geöffnet. Wenn dies die neue Realität ist, steht den meisten Anlegern ein großer Prozess der Anpassung bevor. Wenn die weltweiten Zinsen bei unter 1% verharren, ist eine Rendite von 9% nahezu unmöglich, ohne folgenschwere Risiken einzugehen. Da die Priorität aber auf dem Kapitalerhalt liegt, dürften nur wenige Anleger für so einen Schritt bereit sein.
Aktuelle Herausforderung
Viele Anleger machen sich der Studie zufolge nicht klar, dass ihre Erwartungen hinsichtlich des Anlageertrags weit überzogen sind. Gleichzeitig bleiben Anleger nur relativ kurz in eine Anlage investiert. Wobei eine Aktienanlage im Idealfall über einen längeren Zeitraum gehalten werden sollte.
Dies stellt für Vermögensverwalter eine große Herausforderung dar. Sie müssen es bewerkstelligen den Erwartungen der Anleger nachzukommen und das Risiko für den Investor in einem erträglichen Ausmaß zu begrenzen.
Die Schroders Global Investor Study 2016 legt ein Bild offen, in dem die Erwartungen einer vergangenen Zeit angehören. Das sollte allen zu denken geben, die langfristige Finanzplanung betrifft.
Redaktion finanzen.net
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