Whole Foods Market: Frische Ware, fetter Profit
Mit gesunden Nahrungsmitteln erschließt sich die US-Handelskette erfolgreich neue Kundengruppen. Die Gewinnmarge ist hoch, das Wachstumspotenzial groß.
Werte in diesem Artikel
von Tim Schäfer, Euro am Sonntag
Hinter der gläsernen Doppeltür öffnet sich ein Paradies: Frische Früchte, Fisch, Fleisch — alles ist fein säuberlich aufgereiht. Es stammt aus ökologischer Landwirtschaft. Heute sind rohe wilde Jumboshrimps aus dem Golf von Mexiko im Sonderangebot für 11,99 Dollar das Pfund. Knoblauchbrot gibt es für 1,49 Dollar statt regulär 2,49. Die kühle Gurken-Joghurt-Suppe ist von 6,99 Dollar auf 4,99 reduziert.
Der Biosupermarkt Whole Foods im New Yorker Stadtteil Chelsea ist etwas Besonderes. Es riecht in den Gängen intensiv nach frischen Kräutern, Kaffee, Cremes, Seifen. Ein riesiges warmes Büfett lädt ein, das Mittagessen gleich mitzunehmen. Gourmets kommen auf ihre Kosten. Allerdings ist das Shoppen teurer als in herkömmlichen Supermärkten wie Walmart, Kroger oder Safeway. Um finanziell strapazierte Kunden nicht zu verlieren, führte Vorstandschef John Mackey die Hausmarke „365 Everyday Value“ ein, die in fast allen Produktkategorien als günstige Alternative zu den Edelprodukten erhältlich ist.
Stars und Sternchen kommen gern zu Whole Foods, etwa Schauspielerin Katie Holmes, die mit ihrer Tochter öfter in der Filiale in Chelsea gesehen wird. Das Unternehmen genießt einen Vertrauensvorschuss unter den Konsumenten. Es gibt keinen Händler, der sich so klar auf Ökoprodukte spezialisiert hat. Die Giganten Walmart und Costco haben den Biotrend hingegen verschlafen.
Megatrend Gesundheit
Gesunde Ernährung entwickelt sich zu einem Megatrend, auch in den USA. Ein Drittel der Amerikaner leidet an Fettsucht. Erst ein Prozent sind Veganer, verzichten also auf Fleisch, Fisch, Milch, Eier. Einer von ihnen ist seit Kurzem der legendäre Boxweltmeister Mike Tyson, der einem Gegner im Ring einst ins Ohr biss. Verfechter dieser Ernährungsweise sind auch Schauspieler Brad Pitt, Popstar Madonna, Expräsident Bill Clinton und Twitter-Mitgründer Biz Stone.
Die Promis motivieren andere Menschen, ihre Ernährung umzustellen. Das ist die Zielgruppe des hochpreisigen Einzelhändlers. Sieben Millionen Kunden kommen bereits mindestens einmal pro Woche vorbei. Neben Lebensmitteln bekommen sie hier vielerlei Dinge des täglichen Bedarf aus umweltgerechter Herstellung — von Körperpflege über Reinigungsmittel bis hin zu Parfüms, Klopapier und Tabletten. Ein weiterer Pluspunkt: Der Service wird großgeschrieben. Die Verkäufer sind hilfsbereit. An der Kasse wird alles fein säuberlich in Papiertaschen eingepackt — Plastiktüten verbannte Vorstandschef und Trendsetter John Mackey schon 2008.
Natürliches aus der Region anzubieten, diese Strategie verfolgt der Pionier aus dem texanischen Austin seit der Gründung 1980. Mackey dehnte das Konzept auf neue US-Bundesstaaten aus. Um sich Kapital zu beschaffen, folgte zwölf Jahre nach Gründung der Börsengang. Es gibt mehr als 340 Niederlassungen in Nordamerika und England. Allein in den USA könnte Whole Foods die Zahl seiner Läden in den kommenden Jahren verdoppeln oder sogar verdreifachen, schätzen Analysten.
Trotz des vergleichsweise kleinen Netzes ist Whole Foods schon heute erstaunlich profitabel. Die operative Marge erreicht knapp sieben Prozent. Innerhalb der Branche ist das ein exzellenter Wert. Konkurrent Kroger verdient nur drei Prozent.
Gestärkt aus der Krise
Kerngesund ist die Bilanz, sie ist frei von Schulden. Dank der wachsenden Größe machen sich die Skaleneffekte bemerkbar. Mackey bezahlt seinen 53 100 Mitarbeitern ein attraktives Gehalt. Die Jobs sind beliebt, auch weil sich der Arbeitgeber an den Krankenkassenkosten beteiligt, was nicht selbstverständlich ist in den USA. Sein eigenes Gehalt hat Mackey gedeckelt. Zuletzt genehmig-
te sich der 60-jährige 69 000 Dollar. Daneben bezog er 504 000 Dollar aus Aktienoptionen. Sein Aktienpaket hat einen Wert von 65 Millionen Dollar.
Durchbeißen musste sich der Konzern während der großen Rezession vor vier Jahren in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit und starkem Verfall der Immobilienpreise. Seit sich die Wirtschaft erholt, klingeln die Kassen wieder. Rekorde zeichnen sich ab. Für das Geschäftsjahr 2012/ 2013 (endet im September) rechnen Analysten mit einem Umsatzanstieg um elf Prozent, im Folgeturnus um 14 Prozent. Mit seinem hochwertigen Angebot könnte der Marktführer zu den Gewinnern des Aufschwungs zählen. Ein Erfolgsrezept war es jedoch auch im Rückblick: Selbst während der Wirtschaftsflaute kamen neue Filialen hinzu.
Unterdessen hat sich in der Filiale in Chelsea an den Kassen eine Schlange gebildet. Nach acht Minuten signalisiert ein Ton mit einer aufleuchtende Nummer die nächste freie Kasse. Endlich.
Investor-Info
Whole Foods
Kräftiger Kurssprung
Von Rekord zu Rekord eilt die Ökosupermarkt-Kette. Im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2012/13 (Ende September) kletterte der Gewinn um 20 Prozent, der Umsatz auf bestehender Fläche kam um sieben Prozent voran. Die Aktie befindet sich im Höhenflug. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis erscheint ambitioniert, aber die Expansion verspricht weiter klingende Kassen. Die Aktie bleibt attraktiv.
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