Freiverkehr

Abzocker werden immer dreister

21.04.12 09:00 Uhr

Aktienhandel: Zahl der Ermittlungen wegen Marktmanipulation steigt rapide an – Freiverkehr besonders betroffen.

von Thomas Schmidtutz, €uro am Sonntag

Aktien aus dem Freiverkehr bleiben das bevorzugte Angriffsziel für Abzocker. Das geht aus Daten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hervor, die Euro am Sonntag vorliegen. Danach leitete die Bafin im Vorjahr insgesamt 166 Untersuchungen wegen des Verdachts der Marktmanipulation ein. Das ist eine Zunahme von 43 Prozent gegenüber dem Jahr 2010. Rund 90 Prozent der Fälle entfielen dabei auf Werte aus dem Freiverkehr, erklärte eine Behördensprecherin.

Das kaum regulierte Einstiegssegment im Freiverkehr (First Quotation Board) war in den vergangenen Jahren immer häufiger zum Ziel von betrügerischen Attacken geworden. Der Betrug lief stets nach dem selben Schema. Zuerst deckten sich Abzocker mit großen Mengen kaum bekannten Pennystocks ein. Dann trommelten sie per Spam-Mails oder Faxen in windigen Börsenbriefen für die Werte und kassierten anschließend ab. Nach Schätzungen von Experten sollen die Betrüger bei einzelnen Aktien so teilweise mehrere Millionen Euro kassiert haben.

Angesichts der immer häufigeren Attacken hatte die Deutsche Börse die Messlatte im First Quotation Board mehrfach höher gelegt, zuletzt zum 1. April 2011. Seither liegt der Mindestnennwert je Aktie bei 0,10 Euro. Zudem müssen die im Einstiegssegment notierten Unternehmen über einen Wirtschaftsprüfer 250.000 Euro Eigenkapital nachweisen. Doch trotz der höheren Anforderungen stieg die Zahl der Betrugsattacken weiter an. Anfang Februar diesen Jahres zog die Deutsche Börse daher die Notbremse. Das First Quotation Board werde geschlossen, hieß es. Mitte Dezember ist dann Feierabend.

Zum Einstiegssegment wird damit der Entry Standard des Freiverkehrs. Um Abzockern möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, hat die Deutsche Börse auch dort die Regeln verschärft. Ab dem 1. Juli müssen Unternehmen dort etwa ein Eigenkapital von 750.000 Euro nachweisen. Zudem muss der Nennwert je Aktie bei einem Euro liegen, der Mindeststreubesitz bei 10 Prozent. Daneben hat die Deutsche Börse auch die Transparenzregeln verschärft. Danach müssen die Emittenten künftig beispielsweise zusätzlich zu den Jahresabschlüssen auch Halbjahreszahlen vorlegen.