Nebenwerte: Besser als der DAX
Die Aktien kleinerer Unternehmen bringen oft mehr Rendite als die großen DAX-Titel. Welche Werte Anleger sich jetzt ins Depot legen sollten.
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von Stephan Bauer und Christoph Platt, Euro am Sonntag
Das Krisenjahr 2009 hat tiefe Spuren in der Bilanz der Wacker Chemie gelassen: Die Produktion von Grundstoffen für die Bau- und Autoindustrie sank, das Geschäft mit Vorprodukten für die Chipindustrie halbierte sich und führte zu Verlusten. Zum ersten Mal seit fünf Jahren ging der Umsatz zurück. Abschreibungen und Rückstellungen für Personalmaßnahmen besorgten den Rest: 75 Millionen Euro Verlust musste der Spezialchemiekonzern in seiner Bilanz verbuchen. „War das ein Jahr“, stöhnte Vorstandschef Rudolf Staudigl. Doch inzwischen hat sich das Blatt gewendet, der Ausblick strahlt große Zuversicht aus: Bereits im ersten Quartal will Staudigl wieder 50 Millionen Euro Gewinn machen. Und am Ende des Jahres soll ein Ergebnis in „dreistelliger Millionenhöhe“ in den Büchern stehen.
Die Rechnung der Münchner könnte aufgehen. Denn eines der größten Sorgenkinder, die defizitäre Sparte Siltronic, die Wafer für die Chipindustrie herstellt, darf auf bessere Zeiten hoffen. In der Chipbranche steigt die Nachfrage, die Absatzpreise sind wieder stabil. Und wenn Chips geordert werden, belebt sich auch das Geschäft von Wacker. Ein Vorteil ist auch, dass der im MDAX gelistete Konzern vor Jahren schon seine Fühler nach den stark wachsenden Märkten in Fernost ausstreckte. „China ist die wirtschaftliche Lokomotive in Asien. Und von der profitiert auch Wacker“, sagt Staudigl. Im Falle der Bayern ist das keine Worthülse: Rund 80 Prozent des Umsatzes macht der Konzern im Ausland, mehr als ein Drittel des gesamten Geschäfts mit Kunden aus Asien. Angesichts der Dynamik von Volkswirtschaften wie China ist das eine gute Ausgangsposition für eine Ergebnisverbesserung.
Die Erholung in wichtigen Abnehmerbranchen wie der Chipindustrie lässt Auftragseingänge von Zulieferern aus der zweiten Reihe steigen. Und die Wachstumsmärkte in Übersee machen vor allem die kleineren Unternehmen in der exportorientierten deutschen Wirtschaft zuversichtlich, schließlich verfügen viele inzwischen über beste Verbindungen in die Emerging Markets. „Ein starkes Gewicht in diesen Wachstumsmärkten ist einer der Haupttreiber für Umsatzwachstum in diesem Jahr“, sagt Burkhard Weiss, Nebenwerteexperte der Bank HSBC Trinkaus. Die Hoffnung wächst also, dass der von manchen befürchtete „Double Dip“, ein abermaliges Abtauchen der Konjunktur ins Elend, ausbleibt. Und bekanntlich bewerten die Aktienmärkte Wachstumschancen und künftige Gewinnsteigerungen der Unternehmen mit einem zeitlichen Vorsprung. Den Nebenwerten trauen Börsianer demnach offensichtlich mehr zu als den Standardwerten im DAX: Seit Jahresanfang notiert der deutsche Leitindex mit rund vier Prozent im Plus. Der MDAX hingegen hat bereits um über neun Prozent zugelegt, der SDAX sogar um über zehn Prozent. Nur der von den zuletzt schwachen Solarwerten dominierte TecDAX fällt hier zurück.
Eine Auswertung der Gewinnschätzungen von €URO am Sonntag bei allen 130 Unternehmen in den deutschen Nebenwerte-Segmenten MDAX, SDAX und TecDAX belegt: Nach dem Krisenjahr 2009, in dem viele Unternehmen Verluste schrieben, haben zahlreiche Unternehmen aus der zweiten Reihe wieder erstklassige Gewinnperspektiven in den kommenden beiden Jahren. Gerade in schwierigen Zeiten zeigt sich zudem die Marktmacht und Preissetzungskraft eines Unternehmens. Auch kleinere Firmen können hier im internationalen Konzert mitspielen, wenn sie große Marktanteile, begehrtes technologisches Know-how oder einen starken Markennamen besitzen. Überdurchschnittliche operative Renditen in konjunkturellen Schwächephasen sind Experten zufolge ein deutliches Signal dafür, dass Unternehmen solche außergewöhnlichen Merkmale aufweisen.
In den Nebenwerteindizes finden sich viele Beispiele dafür: Da wäre etwa der Konzertveranstalter und Ticketverkäufer CTS Eventim mit führender Marktstellung in Europa und soeben verkündeter Rekorddividende. Oder Dialog Semiconductor, Hersteller von Chips, die den Energieverbrauch mobiler Geräte wie Smartphones oder Laptops senken. Auch die Modeschmuckkette Bijou Brigitte, die seit Jahren kontinuierlich ihr Filialnetz in Europa ausbaut und sich inzwischen an über 1100 Standorten präsentiert, ist ein Paradebeispiel für großen Erfolg kleinerer Firmen, der sich auch in einer guten Aktienperformance äußert. Als Hemmschuh der Small und Mid Caps hingegen gilt immer noch die Finanzierungsseite. Viele kleinere Unternehmen sind durch die restriktive Kreditvergabe der Banken im Zuge der Krise besonders stark gehandicapt und können operatives Geschäft und Wachstum nur unter erschwerten Bedingungen finanzieren. Schließlich tun sich Großunternehmen hier mit umfangreichen Bondemissionen leichter.
Doch es gibt ein Licht am Ende des Finanzierungstunnels. Ausgerechnet die von Innenminister Wolfgang Schäuble geforderte Bankenabgabe, die dem geplanten Modell von US-Präsident Barack Obama ähnelt, könnte dabei helfen. „Die Höhe der Abgabe wird offenbar an der Bilanzsumme der Institute festgemacht. Dadurch sollte das traditionelle Kreditgeschäft für die Banken wieder attraktiver werden“, sagt Ralf Groenemeyer, Leiter der Aktienanalyse bei Silvia Quandt Research. Die Ratio dahinter: Die Kreditvergabe an Firmenkunden bläht die Bankbilanzen bei Weitem nicht so stark auf wie Kapitalmarktgeschäfte. Die Abgabe würde diese Geschäfte weniger attraktiv machen und traditionelle Kreditaktivitäten wieder stärker in den Vordergrund rücken. „Vor allem bei den Aktien unterhalb des DAX kann diese Mechanik großes Potenzial entwickeln“, sagt Groenemeyer.
Die Kreditklemme könnte sich somit lösen. Bei der Auswahl der Einzelwerte müssen Anleger indes immer noch viel Wert auf finanzielle Solidität legen – schließlich ist die Finanzkrise noch nicht überwunden. Eine geringe Schuldenlast schafft ebenso Handlungsspielräume wie ein möglichst niedriges im Geschäftsbetrieb gebundenes Kapital. Ein Beispiel hierfür ist der Schmierstoffhersteller Fuchs Petrolub, der mit einem auf den Umsatz bezogenen Working Capital von lediglich 22 Prozent im Grundstoffbereich herausragt. Vom Finanzierungsbedarf vor allem mittelständischer Exporteure profitieren auch Finanzdienstleister wie die Deutsche Forfait. Die Kölner konzentrieren sich auf den Forderungshandel mit Exporteuren in die Emerging Markets. Bei langfristigen Zahlungszielen, wie etwa im Maschinenbau durchaus üblich, verschafft Forfait seinen Kunden somit dringend benötigte Liquidität und profitiert selbst an der Handelsspanne. Das Geschäft gilt als Wachstumsmarkt, der Kurs der Aktie ist kräftig im Aufwind.
Potenzial ist also vielfach vorhanden. Martin Wirth, Fondsmanager des FPM Stockpicker Germany Small/Mid Cap, sieht bei den Nebenwerten denn auch noch Luft nach oben. „Die meisten Unternehmen sind bewertet, als ob sie nicht oder kaum wachsen würden“, konstatiert der Experte. Gleichwohl gebe es genug Firmen, die auf einem gesunden Wachstumspfad sind. „Dieses Potenzial gibt es bei Nebenwerten momentan als kostenlose Beigabe“, sagt Wirth. So starke Kursgewinne wie beispielsweise beim MDAX, der in den vergangenen zwölf Monaten um satte 84 Prozent zulegte, dürften in den kommenden zwölf Monaten zwar kaum zu erwarten sein. Dass die zweite Reihe aber auch künftig besser aussehen könnte als die Blue-chips etwa im DAX, gilt unter Experten durchaus als vernünftige Annahme. Ein wichtiger Grund: Es gibt hier viel Raum für positive Überraschungen.
„Die Chance, dass bisherige Gewinnschätzungen angehoben werden, ist bei Nebenwerten derzeit größer als bei Standardwerten“, sagt Jürgen Hackenberg, Manager des Nebenwertefonds UniDeutschland XS. Schließlich stünden kleinere Unternehmen nicht so intensiv unter Beobachtung durch Analysten wie große Werte. Oft würden die Gewinnschätzungen deshalb erst später nach oben revidiert. Hinsichtlich ihrer Bewertung haben sich Small und Mid Caps allerdings sowohl ihrem historischen Durchschnitt als auch der Bewertung der Schwergewichte angenähert. „Auf einer Skala von 1 bis 5, auf der 1 günstig und 5 ausgereizt bedeutet, rangieren Nebenwerte derzeit bei 3 bis 3,5“, erklärt Franklin-Templeton-Manager Edwin Lugo, der mit seinen Fonds sowohl in Europa als auch auf globaler Ebene nach aussichtsreichen Nebenwerten scannt. Soll heißen: Die Titel haben einen attraktiven Preis, sind aber keine Sonderangebote mehr.
Profis betrachten Nebenwerte dabei grundsätzlich unter anderen Gesichtspunkten als Bluechips. Die Bedeutung von Dividenden etwa tritt zumindest teilweise in den Hintergrund. „Eine hohe Dividendenrendite sehe ich bei kleinen Titeln eher als Bonus, denn als Muss“, sagt Fondsmanager Hackenberg. Vielmehr stehen Merkmale wie die Qualität des Geschäftsmodells, Wachstum und Internationalisierung im Vordergrund. Was jeder Investmentprofi hingegen genauestens im Blick hat, ist das Verlustrisiko. Fondsmanager spielen verschiedene Szenarien durch, um etwa die Tragweite kritischer Entwicklungen oder gar externer Schocks richtig einzuschätzen. „Wir analysieren, wie sich das Geschäft entwickelt, wenn zum Beispiel die Konkurrenz unerwartet stark Marktanteile hinzugewinnt oder es zu einer Rezession kommt“, erklärt Lugo. Schließlich tun sich die Kleinen damit ungleich schwerer als Bluechips. Denn Letztere verfügen über größere Reserven und können Rückschläge leichter abfedern. Oft gibt es zudem große Abhängigkeiten von einzelnen Auftraggebern. Erzielt ein Unternehmen einen größeren Teil seiner Einnahmen mit nur einem Kunden, steigt das Anlagerisiko in dieser Aktie deutlich. Umsatz- und Gewinnentwicklung stehen dann auf dem Spiel. Kommt es noch dicker, geht es schnell auch um das große Ganze. „Kommt ein Nebenwert in Schwierigkeiten, kann er quasi über Nacht von der Bildfläche verschwinden“, sagt Lugo. Kleine Unternehmen sind andererseits wendiger als große. „Nebenwerte können sich schneller an Marktgegebenheiten anpassen und sind oft entscheidungsfreudiger“, sagt Hackenberg. Der Grund: Das oberste Management ist näher dran am Tagesgeschäft und in die Entscheidungsprozesse sind nicht so viele Gremien involviert. Umstrukturierungen oder Kostensenkungen sind damit einfacher möglich.
Wer als Anleger den Erwerb von Einzelwerten erwägt, muss zudem damit leben, dass die Schwankungsfreudigkeit der Aktien weitaus höher ist als bei Standardwerten – dies gilt umso mehr, je kleiner das Unternehmen ist. In Krisen ziehen sich die Anleger oft aus Nebenwerten zurück und suchen ihr Heil in den Blue- chips, um etwas mehr Stabilität ins Depot zu bekommen. Die Folge: Die Kurse von Small und Mid Caps rauschen dann besonders rasch in den Keller.
Genauso schnell kann es aber auch nach oben gehen. „Das Momentum ist bei Nebenwerten auf kurze Sicht ein stärkerer Treiber als Fundamentaldaten“, so Manager Wirth. Die Kursentwicklung von Topperformern wie etwa dem Maschinenbauer Aixtron mit knapp 600 Prozent oder dem Chipproduzenten Dialog Semiconductor mit beinahe 1000 Prozent Zugewinn in den vergangenen zwölf Monaten belegen dies eindrucksvoll.
Das sind zwar extreme Ausnahmen. Doch auch eine Kursperformance von über 70 Prozent wie bei Wacker Chemie überzeugt. Was im Übrigen auch für die Zuversicht von Vorstandschef Staudigl gilt.
Wacker Chemie - Stoff für den Aufschwung
Das Unternehmen stellt Grundstoffe für die Bau- und die Autoindustrie, aber auch für die Solar- und die Chipbranche her. Die Nachfrage nach Polysilizium für Solarmodule erlebte bereits 2009 einen Boom. Das defizitäre Geschäft mit Chipvorprodukten soll 2010 drehen. Für das laufende Jahr wird ein deutlicher Turnaround im Gewinn erwartet, das Gewinnplus für 2011 liegt bei rund 20 Prozent. Geringe Verschuldung. Solider MDAX-Wert mit Wachstumsfantasie.
GEA - Anlagen mit solider Bilanz
Der Konzern stellt Anlagen für die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie, für die Energiewirtschaft und andere Branchen her. Mehr als die Hälfte des Umsatzes erzielt GEA bereits außerhalb Europas, vor allem in Asien. Die Auftragseingänge zogen im vierten Quartal 2009 wieder an. Der Konzern hat 2009 das Working Capital um fast die Hälfte reduziert und hat netto 50 Millionen Euro Cash. Nach moderater Entwicklung 2010 soll es 2011 beim Gewinn um rund 30 Prozent nach oben gehen.
Deutsche Forfait - Dienstleister des Exports
Im Krisenjahr 2009 fuhr der Forderungshändler sein Finanzierungsvolumen aus Vorsichtsgründen deutlich zurück. 2010 stehen die Zeichen wieder auf Wachstum. Vor allem deutsche Exporteure, die in die Emerging Markets liefern, nutzen die Dienste der Kölner. 2010 sind gut 20 Prozent Gewinnwachstum drin, 2011 können es an die 30 Prozent werden. Attraktiver Nebenwert mit einer Dividendenrendite von über fünf Prozent.
Frogster - Spiele mit Gewinnchance
Der Softwarehersteller will im Mai eine Erweiterung für sein Spiel „Runes of Magic“ (RoM) auf den Markt bringen. Das Unternehmen erwartet einen Wachstumsschub, das Spiel wird erstmals auch in Polen angeboten. Weltweit spielen drei Millionen Menschen RoM. In diesem Jahr soll sich der Gewinn fast verdreifachen, im kommenden Jahr verdoppeln – wenn, die Wachstumsstory so weitergeht wie geplant. Spekulativ.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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14.04.2025 | WACKER CHEMIE Buy | Jefferies & Company Inc. | |
07.04.2025 | WACKER CHEMIE Buy | UBS AG | |
07.04.2025 | WACKER CHEMIE Add | Baader Bank | |
04.04.2025 | WACKER CHEMIE Kaufen | DZ BANK | |
04.04.2025 | WACKER CHEMIE Add | Baader Bank |
Datum | Rating | Analyst | |
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14.04.2025 | WACKER CHEMIE Buy | Jefferies & Company Inc. | |
07.04.2025 | WACKER CHEMIE Buy | UBS AG | |
07.04.2025 | WACKER CHEMIE Add | Baader Bank | |
04.04.2025 | WACKER CHEMIE Kaufen | DZ BANK | |
04.04.2025 | WACKER CHEMIE Add | Baader Bank |
Datum | Rating | Analyst | |
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27.03.2025 | WACKER CHEMIE Neutral | JP Morgan Chase & Co. | |
14.03.2025 | WACKER CHEMIE Hold | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
12.03.2025 | WACKER CHEMIE Neutral | JP Morgan Chase & Co. | |
07.02.2025 | WACKER CHEMIE Neutral | JP Morgan Chase & Co. | |
28.01.2025 | WACKER CHEMIE Neutral | JP Morgan Chase & Co. |
Datum | Rating | Analyst | |
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12.03.2024 | WACKER CHEMIE Reduce | Baader Bank | |
13.02.2024 | WACKER CHEMIE Verkaufen | DZ BANK | |
30.01.2024 | WACKER CHEMIE Verkaufen | DZ BANK | |
29.01.2024 | WACKER CHEMIE Reduce | Baader Bank | |
18.12.2023 | WACKER CHEMIE Reduce | Baader Bank |
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