Euro-Interview

Post-Chef: Auf meinem Schreibtisch liegen keine Altlasten

aktualisiert 29.04.11 14:03 Uhr

Warum Deutsche-Post-DHL-Chef Frank Appel so optimistisch in die Zukunft schaut – und eine Erhöhung des Briefportos in Deutschland wahrscheinlicher wird.

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Der Chef von Deutsche Post DHL, Frank Appel, im Interview mit Sabine Gusbeth und Mario Müller-Dofel, €uro.

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Euro: Herr Appel, wegen der Zerstörungen durch Erdbeben und Tsunami in Japan befürchten Unternehmen Lieferengpässe. Wie reagiert ein global vernetzter Logistiker wie Deutsche Post DHL auf diese Krisen?
Frank Appel:
Wenn eine Krise entsteht – ob nach Naturkatastrophen, durch politische Unruhen wie derzeit in arabischen Ländern oder aufgrund anderer Ursachen – müssen Logistikunternehmen schnell alternative Wege finden, um weltweit den Nachschub zu sichern. Dann zählt vor allem Flexibilität. Das ist die Königsdisziplin der Logistik, und die beherrschen wir.

Euro: Wie schätzen Sie die Folgen der Tragödie in Japan für die Weltwirtschaft ein?
Appel:
Die Folgen in Japan beschränken sich bisher auf einen relativ kleinen Teil des Landes, weshalb sich auch die globalen Auswirkungen in Grenzen halten. Das wird wohl auch so bleiben, wenn nicht doch noch größere Flächen des Landes von der atomaren Katastrophe getroffen werden.

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Euro: Deutsche Post DHL schickt Teams in Katastrophengebiete, in denen es an Logistik fehlt. Was hat das Unternehmen davon?
Appel:
Nach Natur- oder humanitären Katastrophen mangelt es den betroffenen Ländern häufig an einer effizienten Logistik, die für die betroffenen Menschen vor Ort aber überlebenswichtig ist. Mit der Entsendung unserer Disaster Response Teams können wir im Rahmen unserer Kernkompetenz schnelle Hilfe leisten. Wir wollen damit unserer sozialen Verantwortung als Unternehmen gerecht werden. Zugleich stärken wir unsere Marke, denn wir sind bei diesen Hilfsaktionen auch als DHL erkennbar. Dadurch verbessern wir unsere weltweite Reputation.

Euro: Haben Sie ein Beispiel dafür?
Appel:
Nach dem Erdbeben in Haiti Anfang 2010 kamen dort Hunderte Frachter mit Hilfsgütern an. Aber die Haitianer waren mit der Menge einfach überfordert. Das DHL-Team hat geholfen, die Güter dorthin zu bringen, wo sie benötigt wurden. Bei solchen Aktionen lernen auch unsere Mitarbeiter dazu. Wenn sie einmal ein Chaos wie in Haiti erfolgreich gemanagt haben, dann kann sie auch keine Aschewolke über Europa mehr erschrecken. Diese Expertise hilft uns natürlich auch im Alltagsgeschäft.

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Euro: Kommen wir zum Alltagsgeschäft der kommenden Monate. 2011 wollen Sie Ihr operatives Ergebnis weiter steigern. Was macht Sie so optimistisch?
Appel:
Wir profitieren überproportional von der positiven Konjunkturentwicklung, weil wir nun alle Probleme der Vergangenheit hinter uns gelassen haben. Wir können jetzt in vollem Umfang von unserer hervorragenden Aufstellung in Regionen mit besonders guten Wachstumsaussichten, von unseren leistungsfähigen Produkten und von den verschlankten Prozessen profitieren.

Euro: Eine Deutsche Post ohne große Probleme? Klingt ungewohnt.
Appel:
Für mich auch, umso mehr freut es mich. Auf meinem Schreibtisch liegen endlich keine Altlasten mehr. Die Probleme in den USA haben wir gelöst. Ich muss keine Postbank mehr verkaufen, auch das haben wir erledigt. Und ich muss keine Wirtschaftskrise mehr managen. Ich habe jetzt endlich genügend Zeit, um darüber nachzudenken, wie wir künftig profitabel wachsen können.

Euro: Ihre global agierende Logistiksparte DHL hat 2010 erstmals mehr zum Konzerngewinn beigetragen als das deutsche Brief­geschäft. Wird das so bleiben?
Appel:
Davon gehen wir aus. Bis 2015 soll der DHL-Gewinn jährlich um durchschnittlich 13 bis 15 Prozent steigen, bei einem Umsatzplus von sieben bis neun Prozent. Den Gewinn aus dem Briefgeschäft der Deutschen Post wollen wir bei rund einer Milliarde Euro stabilisieren.

Euro: Planen Sie Unternehmenszukäufe?
Appel:
Wir sind heute so aufgestellt, dass wir auch ohne strategische Zukäufe sehr gut auskommen. Wir haben es deshalb nicht nötig, überhöhte Preise zu zahlen. Aber wenn ein Unternehmen ein gutes Marktpotenzial aufweist und der Preis stimmt, ist es schon möglich, dass wir aktiv werden. Das Volumen wird sich dabei aber insgesamt in Grenzen halten, unser Fokus liegt klar auf organischem Wachstum.

Euro: Deutsche Post DHL hat mit der Akquisitionsstrategie in den USA in den vergangenen Jahren viel Geld verloren. Was haben Sie daraus gelernt?
Appel:
Tausche nach einem Zukauf nie das gesamte Management aus. Und kaufe kein Unternehmen, um vor allem Kosten zu sparen. Wenn heute jemand kommt und sagt, hier ist ein tolles Unternehmen, mit dem ihr von Kostensynergien profitieren könnt, kommt das für mich nicht in Frage. Man muss vor allem das Marktpotenzial des Unternehmens sehen. Das haben wir früher zu wenig beachtet. Das ist nun anders.

Post-Chef Frank Appel im Gespräch mit den Euro-Redakteuren Sabine Gusbeth und Mario Müller-Dofel.

Euro: Ihr niederländischer Rivale TNT will sein Express- und Briefgeschäft getrennt an die Börse bringen. Einige Ihrer Großaktionäre, etwa die Fondsgesellschaft Union Investment fordern auch von Ihnen die Abspaltung der Briefsparte, weil
Appel:
Das lehne ich ab. Stellen Sie sich vor, ich würde jetzt den Verkauf der Briefsparte anzetteln ...

Euro: Was wäre dann?
Appel:
Dann würden zigtausende Post- und DHL-Mitarbeiter die nächsten zwei Jahre vor allem darüber nachdenken, was das für jeden Einzelnen von ihnen bedeuten könnte. Das will ich nicht. Statt uns vor allem mit uns selbst zu beschäftigen, sollten wir uns einzig darüber den Kopf zerbrechen, wie wir unsere Prozesse weiter verbessern und unseren Kunden das Leben noch leichter machen können. Damit machen wir dann zugleich einen weiteren Schritt in Richtung unseres Ziels, für Investoren die bevorzugte Anlage­möglichkeit in unserem Sektor zu werden.

Erfahren Sie auf der folgenden Seite, wie Post-Chef Appel das Ergebnis im Briefgeschäft stabil halten will, obwohl immer mehr Menschen Emails statt Briefe versenden.

Post-Chef Frank Appel.
Euro: Aber immer mehr Menschen versenden E-Mails statt Briefe, weshalb das Briefgeschäft rückläufig ist. Wie können Sie da den Gewinn aus dieser Sparte wie geplant bei einer Milliarde Euro pro Jahr stabil halten?
Appel:
Aufgrund der starken Konjunktur ist das Briefgeschäft im vergangenen Jahr weniger geschrumpft als erwartet. Weil die Menschen immer mehr im Internet einkaufen, werden immer mehr Pakete verschickt. Wir sind mit unserem kräftigen Wachstum im Paketgeschäft einer der großen Gewinner dieses E-Commerce-Booms.

Euro: Können Sie mit dem Wachstum im Paketgeschäft mögliche Rückgänge im Briefgeschäft überkompensieren?
Appel:
Die Chancen, dass uns dies schneller als erwartet gelingen wird, stehen gut. Darüber hinaus setzen wir auf innovative Lösungen in der digitalen und der klassischen physischen Kommunikation. Bestes Beispiel: der E-Postbrief. Mit ihm können rechtsverbindliche Geschäfte abgeschlossen werden. Mit einer herkömmlichen E-Mail ist das nicht möglich, weil unklar ist, wer da der Sender und der Empfänger ist.


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Euro: Warum kostet Ihr E-Postbrief genauso viel wie ein herkömmlicher Brief: 55 Cent?
Appel:
Weil wir den Nutzern das gleiche Wertversprechen geben wie beim normalen Brief: Der E-Postbrief ist verbindlich, vertraulich und verlässlich.

Euro: E-Mails kann man kostenlos senden. Appel: Da täuschen Sie sich.

Euro: Worauf wollen Sie hinaus?
Appel:
Der Vorstandsvorsitzende eines großen deutschen Telekommunikationsunternehmens hat kürzlich treffend bemerkt, dass vermeintlich kostenlose Internetdienste sehr wohl ihren Preis hätten: Im Internet bezahle man zwar nicht mit Geld, aber mit den eigenen persönlichen Daten. Dabei ist die Privatsphäre viel wertvoller als Geld. Bei einem normalen E-Mail-Account werden Sie mit Werbung und Spam-Mails bombardiert. Das passiert Ihnen beim E-Postbrief nicht.

Euro: Datenschützer sehen beim E-Postbrief aber Sicherheitsrisiken.
Appel:
Wir haben die Sicherheit intensiv getestet. Heraus kam, dass der E-Postbrief sicherer ist als jedes andere System, mit dem man etwas im Internet verschicken kann. Es gibt natürlich keine hundertprozentige Sicherheit, solange es kriminelle Energie gibt. Es kann ja auch jemand Ihren Briefkasten zu Hause aufbrechen und Ihre Briefe lesen.

Euro: Wie viele E-Postbrief-Nutzer haben Sie?
Appel:
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich aus Wettbewerbsgründen hier keine aktuellen Zahlen nenne. Nur so viel: die Zahlen steigen, wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden – insbesondere bei den Geschäftskunden. Denen ist es besonders wichtig, dass Sicherheit und Vertraulichkeit auch in der digitalen Welt gewährleistet sind.

Euro: Trotzdem wird es im traditionellen Briefgeschäft schwierig für Sie, die jährliche Gewinnmilliarde zu halten. Werden Sie bald ein höheres Porto in Deutschland verlangen?
Appel:
Wir haben es seit 14 Jahren nicht erhöht, während die Briefpreise in anderen europäischen Ländern seitdem ständig gestiegen sind. Die derzeitigen Regeln für die Preisregulierung in Deutschland laufen aber dieses Jahr aus. Wir werden mit der dafür zuständigen Bundesnetzagentur diskutieren, wie der zukünftige Rahmen für die Preisregulierung aussehen soll.

Euro: Warum sollte die Bundesnetzagentur etwas an der Preisgestaltung ändern?
Appel:
Das bisherige Preisszenario geht von steigenden Briefmengen und einer damit einhergehenden steigenden Produktivität aus. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Und dennoch dürfen wir das Porto bislang nur dann erhöhen, wenn die Inflation in Deutschland über 1,8 Prozent liegt. Das war in den vergangenen Jahren selten der Fall, obwohl zum Beispiel die Personalkosten ständig gestiegen sind.

Euro: Sie würden also die Preise erhöhen, wenn Sie könnten?
Appel:
Wir wollen zunächst mehr unternehmerische Freiheit, um uns an der tatsächlichen Marktentwicklung orientieren zu können. Ob wir dann die Preise erhöhen müssen oder nicht, lässt sich heute noch nicht sagen.

Euro: Sie haben einmal angedeutet, im Vertrieb zu sparen, indem samstags in Deutschland keine Post mehr zugestellt wird. Wollen Sie diesen Gedanken tatsächlich umsetzen?
Appel:
Der Gesetzgeber schreibt eine Zustellung an sechs Tagen pro Woche vor, alles andere ist daher für uns momentan kein Thema. Und dass die Politik diese Verordnung in diesem Jahr noch ändert, ist eher unwahrscheinlich. Aber selbst wenn wir die Möglichkeit hätten, nur fünfmal die Woche Post auzuliefern, würden wir den Samstag sicher beibehalten.

Euro: Dann täuscht der Eindruck, dass montags nie Post im Briefkasten liegt?
Appel:
Da kann man sich wirklich leicht täuschen. Das liegt vor allem daran, dass am Wochenende hierzulande kaum Briefe verschickt werden. Das passiert nämlich in der Regel am Freitag. Und unser Netz ist so gut, dass fast alles, was freitags in Deutschland verschickt wird, schon am Samstag zugestellt wird. Also binnen eines Tages.

Euro: Behaupten Sie. Appel: Weil es so ist. Wenn Sie das testen möchten, lassen Sie sich einmal samstags einen Liebesbrief schicken. Dann bekommen Sie auch montags Post.

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20.03.2025DHL Group (ex Deutsche Post) KaufenDZ BANK
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12.03.2025DHL Group (ex Deutsche Post) BuyJefferies & Company Inc.
07.03.2025DHL Group (ex Deutsche Post) KaufenDZ BANK
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12.03.2025DHL Group (ex Deutsche Post) NeutralUBS AG
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20.11.2023DHL Group (ex Deutsche Post) UnderweightJP Morgan Chase & Co.
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08.11.2023DHL Group (ex Deutsche Post) UnderweightJP Morgan Chase & Co.
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