Essay

Wagniskapital - schwer zu bekommen

aktualisiert 16.02.11 13:57 Uhr

Innovationen sind ein zentraler Faktor für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen und deren Erfolg. Doch Innovationen kosten Geld. Weil in Deutschland Wagniskapital derzeit schwer zu bekommen ist, nimmt Gastautorin Marion Weissenberger-Eibl den Staat und die Hausbanken in die Pflicht.

Marion Weissenberger-Eibl, Gastautorin

Der globale Wettbewerb, kür­zere Produktlebenszyklen sowie die höhere Komplexität von Technologien und Innova­tionsprozessen zwingen Unternehmen, ihre Bemühungen für neue Produkte oder Dienstleistungen zu intensivieren. Innovationen sind jedoch ohne eine angemessene Finanzierung nicht möglich.

Zahlreiche Instrumente, ins­besondere die öffentliche Mittelstandsfinanzierung, sind wenig zielgenau auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ausgerichtet. Bestehen­de Finanzierungsmöglichkeiten und öffentliche Förderinstrumente sind oft unpräzise und nicht effektiv genug, um Investitions- und Innovationsvorhaben, besonders des industriellen Mittelstands und der da­mit verflochtenen Dienstleistungs­unternehmen, sicherzustellen.

So hat beispielsweise die Finanzierung aus laufenden Einnahmen für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) einen hohen Stellen­wert. Auftragseinbrüche und Gewinnrückgänge bedrohen da schnell die Liquiditätslage. 83,1 Prozent der Unternehmen, die in den vergangenen Jahren Innovationen durchführten, deckten mindestens die Hälfte der Finanzierung über Eigenmittel ab. Kredite, Fördermittel oder Beteiligungs­kapital als Finanzierungsmöglichkeiten werden dabei nicht wahrgenommen oder erscheinen unattraktiv. Das wiederum bedeutet, dass die Innovationsanstrengungen von den vorhandenen Eigenmitteln der KMU determiniert und oftmals auch limitiert werden.

Markt für Wagniskapital ist in Deutschland unterentwickelt
Das restriktive Verhalten von Banken bei der Innovationsfinanzierung schränkt die Spielräume von Unternehmen zusätzlich ein. Die Entwicklung von neuen Produkten, Verfahren und Dienstleistungen erfordert riskante Vorleistungen, die finanziert werden müssen, bevor Rückflüsse aus dem Markt kommen. Im internationalen Vergleich ist der deutsche Markt für Wagniskapital jedoch unterentwickelt und damit eine zentrale Schwäche des deutschen Innovationssystems. Daher sind neue Ansätze der Innovationsfinanzierung gefragt. Das Fraunhofer ISI hat Möglichkeiten zur Verbesserung der Innovationsfinanzierung untersucht.

So wurden im Rahmen der Studie Empfehlungen entwickelt, wie bereits vorhandene Finanzierungsmaßnahmen von Innovationen angepasst und modifiziert werden können. Ein Beispiel ist die stärkere Berücksichtigung von immateriellen Vermögenswerten bei der Kreditvergabe. Patente, Marken, Gebrauchs- und Geschmacksmuster sowie Urheberrechte und Kompetenzen im Unternehmen, stabile Kunden- und Zuliefererbeziehun­gen und zukunftsträchtige Innovationspotenziale werden als Sicherheiten bei der Kreditvergabe bislang kaum genutzt.


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Angelehnt an das in Deutschland gängige Hausbankenprinzip, bei dem die Hausbanken gegenüber der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für einen Teil des Förderdarlehens haften, wenn dieses von den Darlehensnehmern nicht zurückgezahlt wird, schlagen wir eine Modifikation dieses Finanzierungskonzepts vor. Bei Förderdarlehen für Forschung und Entwicklung (FuE) sollte es für Unternehmen eine Wahlmöglichkeit zwischen Zinsverbilligung oder hoher Garantieübernahme zugunsten der Hausbank geben.

Die Vorteile einer solchen Wahlmöglichkeit bestehen bei Innova­tionsfinanzierungen von KMU in einer größeren Flexibilität der Anpassung an die tatsächlichen Engpässe in den Unternehmen.
Momentan erscheint der Umfang der Haftungsfreistellung vielen Kreditinstituten nicht attraktiv, weil er häufig nicht ausreicht, um Schadensfälle abzudecken. Kredit­institute begleiten daher am liebsten „sichere“ Darlehensnehmer. Für KMU mit ausreichenden Sicher­heiten ist daher eine Zinssubvention attraktiv, auch wenn die derzeit niedrigen Zinsen keine nennenswerte Förderung darstellen. Bei solchen Darlehen stellt eine höhere Garantieübernahme zugunsten der Hausbank – sofern sie auch zu einem niedrigeren Umfang der Sicherheitenstellung bei den KMU führt – einen viel größeren Fördereffekt dar. Hier ist entscheidend, dass die Unternehmen überhaupt einen Kredit bekommen. Und das hängt von der Ausfalleinschätzung der Hausbank ab.

Partnerschaftsfonds stellen Risikokapital bereit
Ein weiterer Vorschlag für neue Finanzierungskonzepte für den Mittelstand ist die direkte Vergabe von Förderkrediten mit niedrigen Beträgen ohne Hausbank. Dabei müsste sichergestellt werden, dass ein Vorteil des bislang gängigen Hausbankverfahrens – die Kenntnis der Geschäftslage des kreditnachfragenden Unternehmens – beibehalten wird. Dies kann durch eine detaillierte Prüfung der Unternehmenssituation und Maßnahmen zur beratenden Begleitung des Unternehmens erreicht werden.

Ein weiteres Instrument zur Finanzierung von Innovationsaktivitäten sind Partnerschaftsfonds, die für kleinere Mittelständler risikotragendes Kapital bereitstellen, um deren Kapitalbasis für die Durchführung von Innovationsaktivitä­ten zu stärken. Die Fonds verteilen das finanzielle Risiko auf mehrere Schultern und sollten geprägt sein von einer Beteiligungspolitik, die nicht auf wachstumsstarke, markt­etablierte KMU ausgerichtet ist, sondern auf KMU mit mittlerem Wachstumspotenzial. Zudem sollten die Anforderungen an die Unternehmen nicht so hoch sein, damit nicht nur eine begrenzte Anzahl an Beteiligungen pro Jahr abgeschlossen, sondern eine Breitenwirkung der Investitionsmöglichkeit erzielt wird.

Kooperationen mit beispielsweise Business-Angels-Netzwerken unterstützen die Unternehmen im Bedarfsfall bei strategischen Fragen ohne kostenintensives Beratungsmanagement im Hintergrund. Mit der anfänglichen Fokussierung auf einige Branchenschwer­punkte werden Kompe­ten­zen aufgebaut, die Vernetzung zwischen finanzierten Unternehmen forciert und Synergieeffekte mit anderen Beratungsinstitutionen erreicht.

Vom Erfolg der Innovation profitieren auch die Investoren
Den Anforderungen von innovativen KMU entspricht auch ein Förderangebot, bei dem die Ausreichung der Mittel in Form eines erfolgsabhängig rückzahlbaren Darlehens zu einem marktüblichen oder subventionierten Zinssatz erfolgt. Ein nur unter bestimmten Bedingungen rückzahlbares Darlehen schließt die Beteiligung der öffentlichen Förderstelle an der Risikoübernahme bei einem Scheitern eines Innovationsprojekts mit ein.

Dies dürfte gerade für kleine Unternehmen mit begrenzten Möglichkeiten zum Ausgleich nicht erfolgreicher Arbeiten einen Anreiz darstellen, ihre Innovations­anstrengungen zu erhöhen oder überhaupt eigene Forschung und Entwicklung durchzuführen. Andererseits können bei Erreichen der technischen und ökonomischen Ziele die dadurch möglichen finanziellen Rückflüsse zur Tilgung der Darlehen genutzt werden.

Neben einer unternehmensspezifischen Innovationsfinanzierung geht es für die KMU darum, zum richtigen Zeitpunkt auf die richtige Idee zu setzen und diese erfolgreich zu kommerzialisieren. Dafür sind auch eine passende Strukturierung des Ideen-Scoutings und des Innovationsmanagements notwendig.

Das erfolgreiche Zusammenspiel aller dieser Faktoren führt zur gelungenen Platzierung von Produkten am Markt – und damit zum wirtschaftlichen Erfolg, von dem letztlich auch die Kreditgeber und Investoren profitieren.

Venture-Capital-Investitionen in Deutschland (pdf)
Private Equity fehlt
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat besonders in Deutschland das Engagement von Business Angels und Risikokapitalgebern gebremst. Neue gesetzliche Regelungen für sogenannte AIFM (Alternative Investment Fund Managers) haben die Branche zusätzlich verunsichert und können Investi­tionen der Private Equity erschweren. Ein stärkeres Engagement der Hausbanken und staatliche Förderung von innovationsstarken Unternehmen mit Krediten könnten die Finanzierungs­lücke insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen überbrücken.

Zur Person:

Marion A. Weissenberger-Eibl
Leiterin des Fraunhofer-Instituts für
System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe

Professorin Weissenberger-Eibl hat den Lehrstuhl Innovations- und Technologiemanagement an der Universität Kassel inne.

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI analysiert die Rahmenbedingungen von Innovationen. Es erforscht die kurz- und langfristigen Entwicklungen von Inno­vationsprozessen und die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Dienstleistungen. Auf dieser Grundlage stellt es Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven für wichtige Entscheidungen zur Verfügung.