Erneuerbare Energien Gesetz

EEG ist Entwicklungshilfe für China

21.07.12 09:00 Uhr

Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) zieht eine desaströse Bilanz der Subventionspolitik für erneuerbare Energien. Alleine die Förderung der Solarenergie kostet die Stromzahler 100 Milliarden Euro.

von Thomas Schmidtutz, Euro am Sonntag

Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) rechnet angesichts des Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) mit weiter steigenden Strompreisen. Alleine im kommenden Jahr dürfte der Preis für die Kilowattstunde Strom um sechs Prozent steigen, sagte Prof. Manuel Frondel, Leiter der Abteilung „Umwelt und Ressourcen“ beim RWI. Sollte das EEG nicht geändert werden, dürfte sich der Strompreisanstieg in den nächsten Jahren fortsetzen.

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Herr Professor Frondel, nach Ihren Berechnungen wird alleine die Förderung von Solaranlagen die Stromkunden über die Gesamtlaufzeit von gut 20 Jahren insgesamt über 100 Milliarden Euro kosten. Dennoch geht ein Solarunternehmen nach dem anderen Pleite. Werden wir langfristig noch eine Solarindustrie in Deutschland haben?
Manuel Frondel: Mit großer Wahrscheinlichkeit ja, auch wenn viele Unternehmen nicht mehr in deutscher Hand sein werden, sondern von ausländischen Anbietern übernommen worden sind wie zum Beispiel die Berliner Solon AG.

Was ist bei der Subventionierung schief gelaufen?
Das Desaster hat viele Ursachen, ein wesentlicher Grund ist die gießkannenartige Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), von der neben den deutschen Unternehmen in stark zunehmendem Maße ausländische Firmen profitiert haben, besonders aus China. Überspitzt formuliert ist das EEG ein Instrument der Entwicklungshilfe für China. Ein weiterer Grund ist, dass durch das EEG nicht gezielt Forschung und Entwicklung gefördert wird, so wie wir das seit Jahren anraten. Vielmehr wird sprichwörtlich die Verbreitung in der Fläche gefördert. Förderung von Spitzentechnologie sieht anders aus.

Also hat die Bundesregierung mit der Solarförderung keines der angepeilten Ziele wie die Schaffung von Arbeitsplätzen und einer zukunftsträchtigen Industrie in einer strukturschwachen Region oder Umweltschutz erreicht?
Richtig. Die Regionalförderung und die meisten Arbeitsplätze sind leider nur temporärer Natur und zudem teuer erkauft. Ein Arbeitsplatz in der Solarbranche kostet rund 100.000 Euro. Und bei gerade einmal rund 3 Prozent Anteil des Solarstroms an der gesamten Stromproduktion in Deutschland kann es mit dem Umwelteffekt auch nicht weit her sein. Wegen der Existenz des Emissionshandels für Kohlendioxidzertifikate ist der tatsächliche Umwelteffekt der Solarstromförderung sogar null.

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Gut die Hälfte der Förderung nach dem EEG fließt in die Solarenergie, obwohl sie gerade mal mit 20 Prozent zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien beiträgt. Wie müsste das EEG aus Ihrer Sicht geändert werden, damit die Fehlanreize korrigiert werden?
Nachdem die Erneuerbaren längst keine Nischentechnologien mehr sind, hat das EEG seinen Zweck schon lange übererfüllt und sollte durch ein kosteneffizienteres Fördersystem ersetzt werden. Ein sogenanntes Quotensystem, das den Stromversorgern einen Anteil an Erneuerbaren vorschreibt, es Ihnen aber selbst überlässt, mit welchen Technologien sie diese Quote erfüllen, wäre eine besser Lösung. In Verbindung mit einem Handelssystem mit grünen Zertifikaten müssten Stromversorger noch nicht einmal selbst in erneuerbare Technologien investieren, sondern könnten ihre Quote durch Zertifikate erfüllen, die sie von Anbietern von grünem Strom kaufen. Ein solches System hätte sogar den Charme, dass es zu einem EU-weiten System ausgebaut werden könnte, und so Solarstrom in jenen Ländern Europas erzeugt werden könnte, wo die Sonne intensiver und häufiger scheint.

Das EEG gilt als einer der Haupttreiber für die jüngsten Strompreisanstiege. Die EEG-Umlage lag 2011 bei 3,53 Cent je Kilowattstunde. Nun kommt die große Rechnung etwa aus der Solarförderung ja erst noch. Wo sehen Sie die EEG-Umlage in drei bis fünf Jahren konkret?
Entgegen der Versprechungen der Bundesregierung deutlich höher als heute. Ebenso wie die Verbraucherzentrale Bundesverband gehen wir davon aus, dass die EEG-Umlage im nächsten Jahr bereits bei rund 5 Cent je kWh liegen dürfte.

Das heißt die Strompreise werden wegen der EEG-Förderung weiter steigen?
Bedauerlicherweise ja. Eine Erhöhung um rund 1,5 Cent innerhalb eines Jahres bedeutet bei einem durchschnittlichen Haushaltsstrompreis von rund 25 Cent einen Anstieg um 6 Prozent. Und im Gegensatz zum Benzin, dessen Preis mit sinkendem Ölpreis auch mal wieder fallen kann, ist bei Strom stark davon auszugehen, dass er jedes Jahr teurer wird. Um wie viel genau, das hängt sehr davon ab, wann die Politik das EEG durch ein effizienteres System ersetzt und den Ausbau der Erneuerbaren der Geschwindigkeit des Netzausbaus anpasst.