SAP-Aktie zieht trotz Gewinnrückgang an
Kosten für einen langwierigen Rechtsstreit haben Europas größtem Softwarehersteller SAP im zweiten Quartal belastet. Die Aktie steigt kräftig.
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Ein langwieriger Patentstreit kommt SAP teuer zu stehen: Da Europas größter Softwarehersteller vor Gericht in der Auseinandersetzung mit dem US-Unternehmen Versata wohl den Kürzeren ziehen wird, legt SAP vorsichtshalber schon einmal rund 289 Millionen Euro zurück. Der Nettogewinn lag deshalb im zweiten Quartal nach Minderheitsanteilen mit 557 Millionen Euro knapp ein Viertel niedriger als vor einem Jahr, wie der DAX-Konzern am Donnerstag mitteilte. An der Börse sorgte das dennoch nicht für Kopfzerbrechen. Frei nach dem Motto "keine schlechten Nachrichten sind gute Nachrichten" haben SAP-Aktien am Donnerstag positiv auf die vorgelegten Quartalszahlen reagiert. Zu Handelsschluss gewannen die Papiere von Deutschlands größtem Softwarehersteller 2,36 Prozent auf 59,37 Euro. Sie waren damit Spitzenreiter im DAX, der mit einem Minus von mehr als einem Prozent endete.
Abgesehen von dem Patentstreit liefen die Geschäfte der Walldorfer in den drei Monaten bis Juni aber auch weitgehend wie von Experten erwartet. Wechselkurseffekte fielen nicht mehr so stark ins Gewicht wie zuletzt. Der Umsatz wuchs um zwei Prozent auf 4,15 Milliarden Euro, das bereinigte Betriebsergebnis um vier Prozent auf 1,24 Milliarden Euro. Der Produktumsatz mit Software und Services (SSRS) legte währungsbereinigt mit acht Prozent am oberen Ende der fürs Jahr anvisierten Spanne zu. Händler am Markt waren zufrieden mit den Zahlen.
CLOUD LÄUFT WEITER RUND - PROGNOSE LEICHT ANGEHOBEN
Im erklärten künftigen Hauptstandbein, dem Geschäft mit Mietsoftware aus dem Internet, wuchsen die Erlöse weiter kräftig. Die sogenannte Cloud-Sparte wuchs um Sondereffekte bereinigt um fast ein Drittel auf 242 Millionen Euro Umsatz. Damit gewann das Unternehmen auf dieser Seite mehr hinzu als es im klassischen Lizenzgeschäft mit fest installierter Software einbüßte. Mittelfristig erhofft sich SAP mit der Mietsoftware höhere Gewinne, weil die Programme jedes Jahr neu in Rechnung gestellt werden können.
Vor allem wegen des abgeschlossenen Zukaufs Fieldglass peilt SAP mit dem noch jungen Erlösmodell nun mehr Umsatz im Jahr an, die Prognosebandbreite hob das Management um Bill McDermott um 50 Millionen Euro. Die neue Spanne liegt nun bei 1,00 bis 1,05 Milliarden Euro. Analysten hatten mehrheitlich mit einem solchen Schritt gerechnet. Die abgeschlossenen Verträge wuchsen weiter stark - sie schlagen sich durch die Ratenzahlungen aber erst nach und nach im Umsatz wider.
KONKURRENZ SCHLÄFT NICHT
Allerdings muss sich SAP im Cloud-Geschäft immer mehr gegen die Konkurrenz behaupten. Der US-Rivale Oracle will etwa den Anbieter von Gastronomie-Software Micros für mehrere Milliarden Dollar kaufen, der seine Dienstleistungen auch in der Cloud anbietet. Der Vertriebsspezialist Salesforce greift ebenfalls in Europa an und will SAP mit seinen Onlineangeboten das Leben schwer machen. SAP will daher schnell möglichst viele Kunden an sich binden.
Auch beim anderen Hoffnungsträger, der schnellen Datenbank Hana, formiert sich Widerstand. Oracle und Microsoft stehen mit eigenen sogenannten "in-memory"-Angeboten in den Startlöchern.
ZAHLUNG IN VERSATA-STREIT 'WAHRSCHEINLICH'
Mit der Rückstellung für das Versata-Patentverfahren holt SAP ein mittlerweile sieben Jahre währender Streit ein, der bereits über mehrere Instanzen lief. Die US-Firma wirft dem deutschen Softwarespezialisten vor, ein Patent zur Ermittlung von Preisen verletzt zu haben. Obwohl das Patent mittlerweile gelöscht worden sei, sehe es nach jüngsten Entwicklungen vor Gericht ganz danach aus, dass SAP an Versata zahlen müsse, hieß es.
Zulegen konnte SAP vor allem in der Region Europa, und hier vor allem außerhalb Deutschlands. Schwierig entwickelte sich das Geschäft in Amerika abseits der USA. In Japan schwächelte der Konzern erneut, dafür gab es im übrigen asiatisch-pazifischen Raum deutliche Zuwächse.
ANALYSTEN LOBEN AUSBLICK UND CLOUD-SPARTE
Für Analyst Thomas Becker von der Commerzbank ist es positiv, dass schlechte Nachrichten ausblieben. Für ihn ist der Kernpunkt, dass SAP den Gesamtjahresausblick bestätigte. Becker und weitere Analysten wie etwa Richard Nguyen von der Societe Generale loben vor allem die Sparte mit Mietsoftware aus dem Internet - das sogenannte Cloud-Geschäft. Hier wuchs SAP stärker als erwartet und zeigte sich zudem für die weitere Entwicklung optimistischer als bislang. Nguyen schrieb, SAPs Umsatz sei in diesem Bereich im abgelaufenen Quartal stärker gewachsen als der von Konkurrent Oracle. /men/nmu/fbr
WALLDORF (dpa-AFX)
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