Zitterpartie Fiskalpakt

Bundesregierung bezweifelt Inkrafttreten des ESM zum 1. Juli

22.06.12 14:00 Uhr

Die Bundesregierung rechnet offenbar nicht mehr damit, dass der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM wie geplant zum 1. Juli in Kraft treten kann, da Bundespräsident Joachim Gauck voraussichtlich die Gesetze zum Fiskalpakt und zum ESM zunächst nicht unterzeichnen wird.

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"Nach alledem, was wir alle gehört und gelesen haben, kann es nicht sein", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin. "Es wäre schön, aber das hat die Bundesregierung nicht in der Hand", fügte Streiter hinzu. Die Regierung nehme "die Realitäten wahr".

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   Bundespräsident Joachim Gauck hatte am Donnerstag bekanntgeben lassen, dass er der Bitte des Bundesverfassungsgerichts nachkommen wolle, die Gesetze vorsorglich nicht auszufertigen. Grund sind angekündigte Verfassungsklagen der Partei Die Linke und anderer Kritiker des Fiskalpakts. Das Verfassungsgericht hatte das Staatsoberhaupt gebeten, von einer Unterzeichnung der Gesetze zum Fiskalpakt und dem Rettungsschirm ESM zunächst abzusehen, um ausreichend Zeit für eine Prüfung der Eilanträge zu haben.

   "Der Bundespräsident beabsichtigt, dieser Bitte in Übereinstimmung mit der ständigen Staatspraxis zwischen den Verfassungsorganen und aus Respekt gegenüber dem Bundesverfassungsgericht stattzugeben, sobald Bundestag und Bundesrat die entsprechenden Vertragsgesetze beschlossen haben", erklärte daraufhin das Präsidialamt. Gauck müsste das ESM-Gesetz noch Ende Juni unterzeichnen, damit der ESM am 1. Juli in Kraft treten und am 9. Juli einsatzbereit sein kann. Da das Gesetz im Bundestag und Bundesrat erst am 29. Juni verabschiedet werden soll, blieben Gauck nur knapp zwei Tage.

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   Den Fahrplan für die Abstimmungen zu Fiskalpakt und ESM in Bundestag und Bundesrat sieht der stellvertretende Regierungssprecher hierdurch allerdings nicht gefährdet. Sowohl Fiskalpakt wie auch ESM stünden am Freitag kommender Woche zur Abstimmung und unverändert werde aus Sicht der Bundesregierung mit einer Zustimmung ein deutliches Zeichen an die Finanzmärkte gegeben. "Wenn Bundestag und Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit diesen beiden Vorhaben zustimmen, ist das ein ganz starkes Signal und das Signal, das auch gewünscht war", sagte Streiter.

   Zugleich wies der stellvertretende Regierungssprecher Meldungen zurück, wonach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Bundespräsidenten aufgefordert habe, die Gesetze rasch zu unterzeichnen. Merkel habe niemals mit Bundespräsident Gauck über die Frage und den Zeitpunkt der Ausfertigung der Gesetze zum ESM und zum Fiskalpakt gesprochen, sagte Streiter. Anderslautende Behauptungen entsprächen nicht den Tatsachen.

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   "Was das Verfassungsgericht macht, liegt völlig in seiner Freiheit so wie auch der Bundespräsident völlig frei ist in seinen Handlungen", sagte Streiter. "Allein der Gedanke, man könne das Bundesverfassungsgericht in irgendeiner Weise beeinflussen, der ist völlig abwegig", sagte der Regierungssprecher. Alle Verfasssungsorgane hätten voreinander sehr großen Respekt. Jedes Mitglied der Bundesregierung wie auch die Kanzlerin selbst achteten die Unabhängigkeit der Verfassungsorgane.

   In diesem Sinne bestimme auch allein das Bundesverfassungsgericht über die Dauer der Klageprüfung. "Es ist die alleinige Entscheidung des Gerichtes, wie lange es dauert", sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. Zurzeit sei auch noch die Frage, welche Klage konkret eingereicht werde. In der Vergangenheit habe es durchaus schon Verfahren gegeben, bei denen es sehr schnell gegangen sei, sagte die BMF-Sprecherin. Es handele sich dabei um ein ganz normales Verfahren im deutschen Rechtsstaat. "Wir sind da nicht beunruhigt und sie können davon ausgehen, dass wir intern alles geprüft haben, bevor ein Gesetz auf den Weg geht", sagte die BMF-Sprecherin weiter.    Kontakt zum Autor: beate.preuschoff@dowjones.com   (Susann Kreutzmann hat zu diesem Bericht beigetragen)

   DJG/bep/apo/jhe (END) Dow Jones Newswires   June 22, 2012 07:12 ET (11:12 GMT)   Copyright (c) 2012 Dow Jones & Company, Inc.- - 07 12 AM EDT 06-22-12

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