Bundesbank will Vermögensabgabe bei drohender Staatsinsolvenz

27.01.14 12:02 Uhr

   Von Hans Bentzien

   FRANKFURT--Droht einem Staat die Zahlungsunfähigkeit, dann soll er nach Aussage der Bundesbank nicht auf das Geld europäischer Steuerzahler oder die Zentralbank schielen, sondern zunächst das Vermögen seiner eigenen Bürger einmalig besteuern. Das schlägt die Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht vor, ohne dabei bestimmte Länder zu nennen. Meinen dürfte sie vor allem Griechenland, Italien oder Spanien, deren Einwohner nach Erkenntnissen der Europäischen Zentralbank (EZB) vermögender sind als die Deutschen.

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   Wörtlich heißt es in dem Bericht: "Im Kontext der aktuellen Krise fällt auf, dass das Vertrauen in die Bedienung der Staatsschulden einiger Länder gesunken ist, obwohl den hohen öffentlichen Schulden teilweise umfangreiche staatliche und private Vermögen gegenüberstehen. In Relation zum Bruttoinlandsprodukt sind diese Vermögen mitunter höher als in den Hilfe gebenden Ländern."

   Die Erkenntnis, dass sie aus unterschiedlichen Gründen privat viel ärmer sind als die meisten Südeuropäer, hatte die Deutschen im vergangenen Jahr in einige Aufregung versetzt. Damals und auch schon auf dem Höhepunkt der Euro-Krise 2012 hatte es Vorschläge gegeben, zum Beispiel die hohen italienischen Privatvermögen zur Senkung der Staatsschulden heranzuzuiehen. Dazu kam es aber nicht, sondern zu einer massiven Hilfe der europäischen Partner.

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   EZB-Präsident Mario Draghi sagte in seiner schon legendären Rede in London am 26. Juli 2012, die EZB werde alles Notwendige und von ihrem Mandat Gedeckte tun, um den Euro zu erhalten. Wenig später folgte die Zusage, notfalls unbegrenzt Anleihen von Staaten zu kaufen, die nach Meinung der EZB zu hohen Zinsen zahlen müssen. Das wirkte.

   Seitdem entspannt sich die Lage an den Finanzmärkten. Die Zinsen, die die Staaten für ihre Schulden zahlen müssen, sinken, zuletzt sogar dramatisch. Die Bundesbank ist damit nicht glücklich. Sicher - auch die Gefahr einer Rezession ist dank Draghi vorerst gebannt, wovon nicht zuletzt die deutschen Unternehmen profitieren. Aber für die Bundesbank herrscht hier Ruhe aus dem falschen Grund.

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   Dass das Staatsanleihekaufversprechen wirkt, ist aus ihrer Sicht nämlich noch kein Beweis seiner Richtigkeit. Auch Euro-Bonds hätten diese Wirkung gehabt, und eine gemeinsame Ausgabe von Staatsanleihen wolle doch wohl niemand in Deutschland, hieß es wiederholt in der Bundesbank.

   Die Art und Weise, wie die Bundesbank nun das Für und Wider einer Vermögensabgabe erörtert, weckt allerdings Zweifel daran, dass es ihr wirklich ernst ist mit dem Vorschlag. Zugunsten einer solchen Abgabe wird zunächst nur angeführt, dass die Mitgliedsländer der Eurozone vertragsgemäß für ihre Finanzen selbst zuständig sind, dass die Staaten nicht füreinander einstehen sollen und dass der EZB die Staatsfinanzierung mit der Notenpresse verboten ist.

   Beachte man diese Regel, dann dürften Gelder der anderen Mitgliedsstaaten "nur im Ausnahmefall und als letzte Verteidigungslinie zum Einsatz kommen, wenn andernfalls die Finanzstabilität in der Europäischen Währungsunion massiv gefährdet wäre".

   Womit wir schon beim Kardinalproblem wären: Ist eine drohende Staatspleite Italiens oder Spaniens ohne eine Gefährdung der Finanzstabilität denkbar? Bekam zuletzt nicht sogar das kleine Zypern einen Kredit seiner Partner, weil die Europäer Ansteckungseffekte befürchteten?

   Ganz zu schweigen von Rettungsmaßnahmen, wie der Senkung der Anforderungen, die die EZB an Papiere stellt, die Banken zur Schaffung von Krediten einreichen können. Die so erleichterte Kreditschöpfung haben die Banken Südeuropas in den vergangenen Jahren intensiv genutzt, die Schuldpapiere ihrer Regierungen zu kaufen. Die Bundesbank war dagegen, aber konnte nichts dagegen machen. Beim nächsten Mal wäre das wohl kaum anders.

   Für eine Vermögensabgabe spricht laut Bundesbank, dass "in der Ausnahmesituation einer drohenden staatlichen Insolvenz" eine einmalige Vermögensabgabe "günstiger abschneiden" würde als die dann noch "relevanten Optionen". Zudem sieht sie in der Vermögensabgabe eine Möglichkeit zu einer womöglich gewünschten "verteilungspolitischen Ergänzung zu den übrigen Sparanstrengungen", die die Vermögenden verstärkt an der Anpassungslast beteiligt.

   Außerdem urteilt die Bundesbank: "Die Anreize zu einer künftig soliden Finanzpolitik könnten erheblich gestärkt werden, wenn deutlich wird, dass sich im Krisenfall die Belastungen einer unsoliden Entwicklung nicht auf Steuerzahler anderer Länder verschieben lassen."

   Allerdings sieht die Bundesbank durchaus, dass mit einer Vermögensabgabe "erhebliche Probleme" verbunden wären: Der Staat müsste glaubhaft machen, dass es sich tatsächlich nur um eine einmalige Abgabe handelt, da andernfalls Investitionen ausbleiben und Kapital abwandern würde. Zudem müsste eine Abgabe zügig beschlossen werden, da ansonsten Steuerflucht droht. Problematisch wäre zudem die Bewertung nicht-finanziellen Vermögens, auf das eine Abgabe wohl zeitlich gestreckt zu zahlen wäre.

   Folgerung der Bundesbank: "Insgesamt ist die Erhebung einer einmaligen Netto-Vermögensabgabe mit beträchtlichen Risiken verbunden, und die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung sind nicht leicht zu erfüllen."

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@wsj.com

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   January 27, 2014 06:00 ET (11:00 GMT)

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