Beamtenbund warnt vor Folgen des Tarifeinheitsgesetzes

22.01.17 14:41 Uhr

BERLIN/KARLSRUHE (dpa-AFX) - Vor der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts zum Tarifeinheitsgesetz hat der Beamtenbund dbb vor den Folgen der Regelung gewarnt. Das Gesetz beschränke massiv die grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer, sagte dbb-Chef Klaus Dauderstädt der Deutschen Presse-Agentur.

An diesem Dienstag und Mittwoch findet vor dem Ersten Senat des Gerichts die seit Monaten mit Spannung erwartete mündliche Verhandlung über das Gesetz statt. Es trat 2015 in Kraft und stellt klar, dass in einem Betrieb nur der Tarifvertrag jener Gewerkschaft gilt, die dort die meisten Mitglieder hat.

"Das Gesetz kann praktisch nicht funktionieren", sagte Dauderstädt. "Nehmen wir die Schulen." Hier gebe es Tarifverträge der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und des dbb. "Dann müsste laut Gesetz in jeder einzelnen Schule geprüft werden, welche Gewerkschaft jeweils mehr Lehrer organisiert - bundesweit. Das wäre alles andere als eine Tarifeinheit."

Der dbb-Chef warnte auch vor steigendem Wettbewerb zwischen den Gewerkschaften. "Sie werden versuchen, sich in den Betrieben gegenseitig Mitglieder abspenstig zu machen und größer zu werden", sagte Dauderstädt. "Das gefährdet den Betriebsfrieden."

Wenn es die Absicht des Gesetzgebers gewesen sei, Kita-, Klinik-, Bahn- oder Pilotenstreiks politisch einen Riegel vorzuschieben, dürfte dieses Ziel nicht erreicht werden. So habe die Lokführergewerkschaft GDL in einigen Betrieben der Bahn die Mehrheit. "Das sichert ihr auch nach dem neuen Gesetz ihr Streikrecht." Und nirgends stehe geschrieben, dass es nicht auch Sympathiestreiks geben dürfe. "Die GDL-Mitglieder in den anderen Bahnbetrieben könnten also auch weiter solidarisch für ihre Kollegen eintreten."

Für den sozialen Frieden in Deutschland seien einheitliche Tarifverträge gut. "Es ist alles andere als ideal, wenn Beschäftigte in demselben Betrieb unterschiedlich bezahlt werden, je nachdem, welcher Gewerkschaft sie angehören", räumte Dauderstädt ein. "Doch das ist nicht Sache des Gesetzgebers, sondern der Sozialpartner: Arbeitgeber und Gewerkschaften." So habe sich der dbb schon 2007 mit Verdi zu einer Verhandlungsgemeinschaft zusammengeschlossen. Diese Kooperation bestehe bis heute und funktioniere für alle Beteiligten.

Das Urteil des Verfassungsgerichts wird in einigen Monaten erwartet./bw/sem/DP/he