Stresstest - Die stabilsten Banken in Europa
EU führt bei allen europäischen Banken Stresstests durch. Doch die Methodik ist umstritten. Indes soll die spanische Santander dabei am besten abschneiden.
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von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag
Spanien im Frühjahr 2011: Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero ist endgültig gescheitert. Mit seinem Sparkurs hatte er eigentlich das Vertrauen der Märkte in das hoch verschuldete Land zurückgewinnen wollen. Das Gegenteil ist eingetreten, die radikalen Kürzungen haben die Wirtschaft kollabieren lassen. Folge: immer mehr Insolvenzen, immer längere Schlangen von Arbeitslosen. Dem Staat brechen Steuereinnahmen weg, den Banken die Kredite. Panik breitet sich aus, das Land kann sich auf den Kapitalmärkten nicht mehr refinanzieren, und der EU-Rettungsfonds ist durch Noteinsätze bereits erschöpft. Madrid kann den Staatsbankrott nicht mehr abwenden und muss Staatsanleihen umschulden.
Ein Extremszenario, wie es auch einem sogenannten Bankenstresstest zugrunde liegen könnte, mit dem die Krisenresistenz von Kreditinstituten geprüft werden soll. Dessen düstere Annahmen hätten selbst für die spanische Banco Santander dramatische Folgen, obwohl sie eigentlich der Fels schlechthin in der europäischen Bankenlandschaft ist: 51 Milliarden Euro an Kreditabschreibungen müsste die spanische Großbank nach einem Spanien-Kollaps vornehmen sowie 27 Milliarden Euro Abschlag bei spanischen Staatsanleihen, hat das Londoner Analysehaus Execution Noble ausgerechnet. Das könnte selbst einen Riesen wie Santander ins Wanken bringen.
Merck-Finck-Analyst Konrad Becker warnt allerdings vor solchen Untergangsvisionen. „Man kann in Stresstests natürlich auch alle möglichen Horrorszenarien konstruieren, bei denen 90 Prozent des europäischen Bankensystems in Konkurs gehen.“ Der Realitätsgehalt solcher Szenarien sei jedoch sehr gering. „Man kann auch positive Szenarien konstruieren, die eine heile Bankenwelt vorgaukeln. Ich wäre vorsichtig bei der Bewertung der Aussagekraft solcher Stresstests. Wichtig ist zum Beispiel, ob überall die gleichen Kriterien angelegt wurden. Hinzu kommt, dass derzeit über Ergebnisse von EU-Tests wild spekuliert wird, die noch nicht einmal offiziell vorliegen.“
Die Belastungsrechnungen des Ausschusses europäischer Bankenaufseher (CEBS) haben in den vergangenen Tagen in der Tat heftige Diskussionen ausgelöst. Und das, obwohl die Ergebnisse dieses EU-Bankenstresstests offiziell wohl erst in der zweiten Juli-Hälfte vorgestellt werden. Seit Monaten untersucht der CEBS die 25 größten Institute der Gemeinschaft, darunter die Deutsche Bank, die Commerzbank und die BayernLB.
Der eigentliche Aufreger ist die geplante Veröffentlichung, auf die sich die EU-Staats- und Regierungschefs vor Kurzem verständigt hatten, um die Märkte zu beruhigen. Vor allem Spanien, dessen Banken unter der Euro-Schuldenkrise am meisten leiden, hatte auf eine rasche Offenlegung gedrängt. Schon vorab war durchgesickert, dass die Banco Santander bei diesem Test am besten abgeschnitten haben soll. Die maroden spanischen Sparkassen haben an der Überprüfung dagegen von vornherein nicht teilgenommen. Als „wenig aussagekräftig“ bezeichnen Bankexperten denn auch die Ergebnisse.
In Deutschland kam der heftigste Gegenwind vom Verband öffentlicher Banken (VÖB). „Eine Veröffentlichung von Stresstests ohne nähere Erläuterungen zum Geschäftsmodell und den Szenarien kann zu Missverständnissen über die Stabilität einer Bank führen“, sagt VÖB-Geschäftsführer Karl-Heinz Boos. „Die Ergebnisse von Stresstests eignen sich daher nicht für eine öffentliche Diskussion.“ Zudem unterlägen sie der Verschwiegenheitspflicht.
Welche konkreten Effekte Kreditausfälle und Wertberichtigungen auf Schulden von Ländern wie Griechenland und Spanien auf europäische Banken haben könnten, hat Citigroup Global Markets in einem eigenen Stresstest für 13 Banken untersucht.
Citigroup ist dabei von einer 40-prozentigen Abwertung bei griechischen und fünf Prozent bei spanischen Staatsschulden ausgegangen. Demnach wäre die Commerzbank am stärksten betroffen: Sie benötigte bis 2012 bis 13 Milliarden Euro zusätzliches Kapital, um die Kernkapitalquote bei sieben Prozent zu halten. Auch die belgische Dexia und die französische Crédit Agricole schnitten schlecht ab.
Keine Probleme sind dagegen bei der Banco Santander zu erwarten. Vorstandschef Emilio Botín hatte bereits bekräftigt, dass die Großbank ihren Gewinn 2010 trotz der neuen Turbulenzen an den Finanzmärkten stabil halten will. Der Gewinn solle mit knapp neun Milliarden Euro auf Vorjahreshöhe liegen. Merck-Finck-Analyst Becker jedenfalls gibt für Santander eine klare Kaufempfehlung ab. „Das Papier hat in zu starkem Maß unter der Spanien-Krise gelitten, die tatsächlich vor allem die spanischen Sparkassen in Mitleidenschaft gezogen hat.“ Außerdem sei Santander keine rein „spanische Bank“ mehr, sondern ein internationales Institut, das seinen Umsatz insbesondere im von der Finanzkrise weitgehend verschont gebliebenen südamerikanischen Raum erzielt. „2009 haben Spanien und Lateinamerika mit 37 beziehungsweise 36 Prozent einen fast gleich hohen Anteil am Jahresüberschuss der Bank erreicht.“ Zudem habe Santander schon relativ viel Vorsorge für heimische Risiken getroffen. Schließlich laufe ein Großteil der Refinanzierung über das umfangreiche Einlagengeschäft, sodass auch hier kaum Druck aufkommen könne.
Von dem EU-Stresstest hat schließlich auch die Deutsche Bank wenig zu befürchten. Das Institut könnte die Kapitalquote über acht Prozent halten. Die EU-Tests sollten grundsätzlich für alle Banken möglichst rasch auf den Tisch kommen, fordern Experten. „Stresstests und deren Veröffentlichung sind insgesamt sinnvolle Maßnahmen“, sagt etwa der Bankwissenschaftler Richard Stehle von der Berliner Humboldt-Universität. „Da die Ergebnisse bislang nicht veröffentlicht sind, kursiert eine Vielzahl von Gerüchten, was sich auf das Vertrauen in das Bankensystem nicht positiv auswirkt. Eine schnelle Veröffentlichung der Ergebnisse und der Methodik ist dringlich, damit sich der Nebel lichtet.“
Investor-Info
Santander
Finanzkrise bislang gut bewältigt
Santander zählt schon seit Längerem zu den stabilsten Banken in Europa. Aktuell liegt die Kernkapitalquote bei 8,8 Prozent. Die Bank ist international aufgestellt mit starkem Standbein in Südamerika und hat die Finanzkrise bislang recht gut bewältigt. Ein starkes Einlagengeschäft sichert die Refinanzierung. Wer in Banken investieren will und nicht mit dem Totalkollaps des Finanzsystems rechnet, sollte zugreifen, da günstig.
Deutsche Bank
Boom kühlt sich ab
Von einem EU-Stresstest hätte die Deutsche Bank ebenso wie Santander grundsätzlich wohl nichts zu befürchten. Mit einem Bruttogewinn von 2,8 Milliarden Euro im ersten Quartal hat das Institut die Erwartungen noch übertroffen. Allerdings hat sich der Boom im Investmentbanking, dem Hauptergebnisträger, im zweiten Quartal wegen der Schuldenkrise in Europa nach Ansicht von JP Morgan merklich abgekühlt. Abwarten.
BNP Paribas
Fitch-Herabstufung belastet
Hohe Gewinndynamik, verbessertes Risikoprofil und sinkende Kreditrisikovorsorge kennzeichnen das Institut, das über eine Kernkapitalquote von 10,5 Prozent verfügt. Belastend hat sich zuletzt allerdings eine Herabstufung der Emittentenausfallbewertung durch die Ratingagentur Fitch ausgewirkt. Auch andere französische Banktitel wie Société Générale oder Crédit Agricole stehen an der Börse unter Druck. Für alle gilt: aAbwarten.
Short-ETF auf Banken
Profite durch Verluste
Für Anleger, die auf weitere Verluste des europäischen Bankensektors setzen, empfiehlt sich der db x-trackers DJ Stoxx 600 Banks Short ETF. Der börsennotierte Indexfonds gewinnt in dem Maß, in dem der Bankenindex der wichtigsten europäischen Banken verliert, und umgekehrt. Im Fonds ist die britische Bank HSBC mit knapp 16 Prozent am stärksten gewichtet.
EU-Stresstest
Das Prüfverfahren ist umstritten
Die EU hat bereits im Frühjahr mithilfe von Belastungsrechnungen (Stresstests) die 25 größten Banken der Gemeinschaft auf ihre Krisenresistenz untersucht. Die Einzelergebnisse wurden bislang nicht offiziell veröffentlicht. Vor Kurzem sickerte durch, dass die spanische Großbank Santander offenbar am besten abgeschnitten hat. Dies hat die Diskussion über die umstrittene Methodik dieser Tests und deren Veröffentlichung verschärft.
Dem Stresstest vom Frühjahr, den der Ausschuss europäischer Bankenaufseher (CEBS) durchgeführt hat, lagen zwei Szenarien zugrunde. Das eine ging von einer moderaten wirtschaftlichen Entwicklung bis 2011 aus; das andere (Adverse-Szenario) von einem drastischen Rückgang der Wirtschaftsleistung. Geprüft wird unter anderem, wie lange die Eigenkapitaldecke einer Bank dem Wertverlust von toxischen Papieren standhält.
Zu den Hauptkritikpunkten zählt, dass die Prüfung zu wenig auf das jeweilige Geschäftsmodell zugeschnitten ist, und dass kaum Vergleichbarkeit bei den Ergebnissen herrscht. Auch auf Risikoverflechtungen zwischen den Häusern gehen die Tests zu wenig ein. Zudem ist unklar, wie eine Veröffentlichung mit der bankenaufsichtlichen Verschwiegenheitspflicht (§ 9 KWG) zu vereinbaren ist. Kritisiert wird allerdings auch, dass die Unsicherheit an den Finanzmärkten über den Zustand der Institute steigt, solange die Ergebnisse unter Verschluss gehalten werden.
Die EU aktualisiert derzeit Zahlen und Methodik des Stresstests und will die individuellen Ergebnisse nun in der zweiten Juli-Hälfte veröffentlichen.
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