Australien

Rohstoffe verhelfen Australien zu gigantischem Boom

aktualisiert 27.10.10 10:06 Uhr

Australien war in den vergangenen 110 Jahren der beste Börsenplatz der Welt. Und vieles spricht dafür, dass Investments dort auch künftig Weltklasse bleiben

Werte in diesem Artikel
Rohstoffe

2.633,43 USD -9,20 USD -0,35%

2.005,00 USD 59,50 USD 3,06%

15.801,50 USD 173,00 USD 1,11%

2.975,92 USD 32,27 USD 1,10%

von €uro-Redakteur Matthias Fischer

Wer in Australien einwandern will, braucht mindestens 120 Punkte. Einen Teil davon bekommen viele Bewerber allein für ihr Alter von der Einwanderungsbehörde gutgeschrieben: So erhalten die unter Dreißigjährigen 30 Punkte. Und je älter ein Immigrant ist, desto weniger Punkte bekommt er für sein Alter – schon ab 45 Jahren gibt’s gar keine mehr. Um weitere Punkte zu sammeln, brauchen Einwanderer auch Englischkenntnisse und Berufserfahrung. Vor allem aber zählt die richtige Ausbildung: So erhalten Ingenieure 60 Punkte – die Maximalpunktzahl.

Der Grund dafür: Australien baut seine Infrastruktur massiv aus. Während das Land 2009 insgesamt 86 Milliarden Australische Dollar (rund 61 Milliarden Euro) für sogenanntes Engineering Work lockergemacht hat, sollen es in diesem Jahr 123 Milliarden Dollar (87 Milliarden Euro) werden. Für die vielen Infrastrukturprojekte braucht es dringend Ingenieure. Sie bekommen sogar noch einen Punkte-Zuschlag, wenn sie bei der Antragstellung auf die Einwanderung bereits einen ­Arbeitsvertrag in der Tasche haben. Den haben Ingenieure oft von einem der Bergbau- und Minenunternehmen, die es Down Under wegen des Reichtums an Bodenschätzen so zahlreich gibt.

Einfach nur zu sagen, Australien ist ein rohstoffreicher Kontinent, wäre eine glatte Untertreibung. Setzt man die Größe des Kontinents in Bezug zu seinen Bodenschätzen, ist Australien die Rohstoffnation schlechthin auf dem Globus. Das Land ist der weltgrößte Kohle- und Eisenerzexporteur, der größte Förderer von Bauxit und Aluminium und die globale Nummer 2 bei Uran.

Damit aber noch nicht genug: Auf dem fünften Kontinent lagern auch die höchsten Reserven an Blei, Nickel und Zink. Daneben fördern die Australier auch Gold und Gas, sie haben viel Weizen, noch mehr Wolle und, und, und. Durch die Infrastrukturinvestitionen soll vor allem der Rohstoffsektor fit für die Zukunft gemacht werden, um die stetig steigende Nachfrage der pazifischen Nachbarn befriedigen zu können: „Die jetzigen Investitionen sind durch das langfristige Wirtschaftswachstum in Asien motiviert – mit einer Perspektive über Dekaden hinweg“, sagt Philip Lowe, Chefvolkswirt der Reserve Bank of Australia, der australischen Notenbank.

Das Land steht bei den asiatischen Wachstumsstars dank seiner geografischen Lage besonders hoch im Kurs. Zwar verfügt auch Südamerika über riesige Rohstoffreserven. Aber weil Australien näher an Asien liegt, sind die Transportkosten günstiger, was australische Rohstoffe wiederum besonders interessant für Asien macht.


Hier gehts zum aktuellen Heft

Aktien mit Perspektive

„Für den Rohstoffsektor sehen die Dinge hervorragend aus“, sagt Australienexperte Paul Bloxham von der britischen Großbank HSBC. Auch deshalb hat etwa der Nestor Australien Fonds Rohstofffirmen mit 38 Prozent Portfolio­anteil deutlich übergewichtet. Der australische Aktienindex ASX 200 gewichtet Rohstoffwerte dagegen nur mit 25 Prozent. Die stärkste Branche sind hier die Finanzwerte, die knapp 40 Prozent des Index ausmachen.

Der Nestor-Fonds ist aktueller Titelträger des €uro FundAwards als bester Aktienfonds Australiens. Allerdings schwankt der Wert des Fonds sehr stark, weil er viele Nebenwerte hält. Für weniger risikofreudige Anleger eignet sich eher der Australasian Equity Fund von Aberdeen, dessen größte Position mit einem Anteil von knapp elf Prozent der Rohstoffgigant BHP Billiton ist.

Lesen Sie, welche einzelne Aktien aus Australien attraktiv sind

BHP ist eine Aktie, die auch als Einzelinvestment taugt. Das Unternehmen fördert beispielsweise Eisenerz, Kupfer und Erdöl. Hauptabsatzmarkt ist China, die Exporte dorthin steigen 2010 gegenüber dem Vorjahr um fast zehn Prozent auf 13,2 Milliarden Australische Dollar. Zwar ist die Aktie nicht billig, wenn sie an klassischen Bewertungsparametern wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) oder dem Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) gemessen wird (siehe Tabelle rechts), gilt aber dennoch als Basisinvestment im Rohstoffsektor.

Interessant sind auch australische Energieversorger, da bei der Rohstoffförderung extrem viel Energie verbraucht wird. AGL ist einer der großen Versorger des Landes und engagiert sich zunehmend bei erneuerbaren Energien wie Wasser- oder Windkraft. Zwar hat die Aktie bereits einen steilen Kursanstieg hinter sich. Die langfristigen Perspektiven bleiben jedoch aussichtsreich.

Bild vergrößern

Die Banken in Australien haben sich in der Finanzkrise gut gehalten und profitieren jetzt auch. Eine interessante Aktie ist die National Australia Bank. Das Institut erzielt rund 60 Prozent seiner Umsätze auf dem Heimatmarkt und ist finanziell kerngesund. Zudem lohnt die hohe Ausschüttungsrendite von rund acht Prozent. Wer den gesamten australischen Aktienmarkt auf einmal kaufen möchte, kann sich einen Exchange Traded Fund (ETF) auf den ASX 200 ins Depot legen. Der bildet die Wertentwicklung der Börse in Sydney genau nach. Ein Investment, das sich auf ganz lange Sicht extrem gelohnt hätte.

Unglaublicher Wertzuwachs

Die Schweizer Bank Credit Suisse hat errechnet, dass der australische Aktienmarkt in den vergangenen 110 Jahren die beste Börse der Welt war. Aus 1000 Australischen Dollar wären bis heute 2.844.000 Dollar geworden. Der Rohstoffboom stärkt auch die Währung: Trotz der jüngsten Verluste hat der Australische Dollar gegenüber dem Euro seit Jahresbeginn um rund elf Prozent aufgewertet. Und dieser Trend könnte anhalten: In Euroland gelten Irland, Griechenland und Portugal als mögliche Pleitekandidaten. Aber auch Spanien wird von den Investoren misstrauisch beäugt. Sollten sich die Staatsschuldenkrisen ausweiten, dürfte das die Stabilität der gesamten Eurozone belasten – und damit den Euro.

Dagegen ist Down Under ein Hort der Sicherheit. Schuldenkrise? Von wegen! Australien war 2009 mit knapp 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verschuldet, in Deutschland liegt die Quote dagegen bei 74 Prozent des BIP, in den USA sogar bei knapp 100 Prozent. Und mit neuen Schulden in Australien dürfte bald Schluss sein: „Wir werden auf Sicht von drei Jahren einen Haushaltsüberschuss von drei Milliarden Dollar einfahren“, versichert Australiens Regierungschefin Julia Gillard, 49.

Auch bei der Beschäftigung läuft es: Die Arbeitslosigkeit lag 2009 auf dem fünften Kontinent bei 5,7 Prozent, in diesem Jahr wird sie nach Schätzungen von Nicole Wittmann von der größten australischen Investmentbank Macquarie auf 5,3 Prozent sinken. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Arbeitslosenquote derzeit bei 7,6 Prozent, in den USA bei fast zehn Prozent. Kein Wunder also, dass die Hürden für die Einwanderung von ausländischen Arbeitskräften auf den begehrten Arbeitsmarkt Down Under so hoch liegen.

Die wirtschaftliche Stärke und die gesunden Staatsfinanzen machen den Australischen Dollar für Anleger aus Euroland mit einem längeren Zeithorizont interessant. Für ein Investment bieten sich Anleihen an, die auf die Känguruh-Währung lauten – etwa die bis zum 25. Juli 2016 laufende Anleihe der Kreditanstalt für Wiederaufbaug (KfW). Die KfW genießt an den Kapitalmärkten mit „AAA“ die höchste Bonität, die Rendite des Bonds liegt bei 5,8 Prozent. Eine vergleichbare deutsche Staatsanleihe bietet eine Rendite von 1,6 Prozent.

Eine gute Alternative für Australien-Anleger ist das Zinszertifikat der Royal Bank of Scotland mit einem aktuellen Zins von 4,355 Prozent. Dessen Vorteil: Bei steigenden Leitzinsen legt auch der Kupon zu. Bei festverzinslichen Bonds funktioniert das nicht, diese Papiere geben dann im Kurs nach. Steigende Leitzinsen sind in Australien weiter möglich. Die Notenbank hat in den vergangenen Monaten schon mehrfach an der Zinsschraube gedreht. Damit werden allerdings auch Kredite teurer – schlecht für alle, die über 120 Punkte erzielt haben, eingewandert sind und nun ein Auto finanzieren möchten.