Drei Szenarien

So könnten die Börsen auf das Griechenland-Referendum reagieren

05.07.15 10:02 Uhr

So könnten die Börsen auf das Griechenland-Referendum reagieren | finanzen.net

Griechenland, und immer wieder Griechenland. An der Börse ist das Thema inzwischen ungeliebter Dauerbrenner.

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Immer wieder stehen Wochenenden und Tage finaler Entscheidungen an - und nichts passiert. Nun werden die Griechen heute gefragt, ob das Angebot der Geldgeber vom vergangenen Freitag, das eigentlich nicht mehr auf dem Tisch liegt, angenommen werden soll. Der Ausgang ist ungewiss. Der Aktienmarkt dürfte am Montag mit heftigen Ausschlägen auf das Ergebnis reagieren.

Die jüngsten Umfragen deuten weiter auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hin.

Die politische Spitze des Landes verknüpft zudem ihre Zukunft mit dem Ausgang der Wahl. So hat der griechische Finanzminister Varoufakis angekündigt, von seinem Amt zurückzutreten, sollten die Griechen mit "Ja" stimmen. Da auch Ministerpräsident Tsipras seine Zukunft an das Referendum geknüpft hat, könnte ein "Ja" der Griechen Neuwahlen nach sich ziehen. Nach Auflösung des Parlaments durch den Präsidenten müssten innerhalb von 30 Tagen Wahlen folgen.

Ein "Nein" wird nach Einschätzung der DZ-Bank ebenfalls zu weiteren Verhandlungen mit der Eurogruppe führen. Die Kollegen von Kepler rechnen in diesem Fall nicht zwangsläufig mit einem Grexit. Auch Huw Pill, Europa-Volkswirt bei Goldman Sachs, erwartet unabhängig von dem Votum des griechischen Volkes den Verbleib Griechenlands in der Eurozone.

Szenario 1: "Ja" der Griechen und Rücktritt von Tsipras und Varoufakis

Bei einem "Ja" dürften der griechische Regierungschef und sein Finanzminister zurücktreten. Dieses Szenario stuft Pill als das "beste Ergebnis" für die Börse ein. Abzuwarten bleibe, wie eine neue griechische Regierung aussehen könnte. Ihr klares Bekenntnis zu notwendigen Reformen verbunden mit einer glaubwürdigen Zusammenarbeit mit den Geldgebern, unterstützt durch das Votum der Griechen, könnte im Ergebnis zu einem neuen Hilfsprogramm führen.

In diesem Fall rechnet Goldman Sachs damit, dass sich die Zinsdifferenz zwischen den Staatsanleihen aus Kerneuropa und der Peripherie erneut einengt und die Aktienmärkte kräftig steigen. Der Euro-Stoxx-50 könnte in diesem Fall in Richtung des April-Hochs bei 3.836 Punkten laufen - ein Plus von über 10 Prozent.

Szenario 2: "Ja" und Tsipras und Varoufakis bleiben zunächst im Amt

Trotz der Ankündigung, nach einem "Ja" ihren Platz auf der Regierungsbank frei zu machen, könnten der griechische Regierungschef und sein Finanzminister zunächst im Amt bleiben, um die Gespräche mit den Geldgebern zum Abschluss zu bringen. Die Hänge-Partie, die die Politiker der Eurozone in den vergangenen Monaten viel Nerven und Zeit gekostet hat, dürfte weitergehen. Die Unsicherheit am europäischen Kapitalmarkt würde anhalten und die Aktienmärkte in der Folge ihre Berg- und Talfahrt fortsetzen.

Szenario 3: Griechen sagen "Nein" - Worst-Case für Aktien und Anleihen

Mit einem "Nein" der Wähler im Rücken geht die Regierung aus Athen gestärkt aus dem Referendum hervor. Die Verhandlungen zwischen Griechenland und den Institutionen dürften sich damit noch schwerer gestalten. Ob es schließlich zu einer Einigung kommt, bleibt abzuwarten. Für die Börse wäre dies allerdings das "schlimmste Ergebnis".

Der Dax könnte in diesem Fall nach Einschätzung von Ralf Zimmermann, Aktien-Stratege beim Bankhaus Lampe, kurzfristig unter die Marke bei 10.500 Punkten fallen. Dieser Bereich stelle allerdings ein Kaufniveau für Investoren dar. Eine Ansteckungsgefahr auf Länder wie Italien stuft Zimmermann als gering ein.

Goldman Sachs beziffert das kurzfristige Rückschlagspotenzial für den Euro-Stoxx-50 ebenfalls mit 10 Prozent. Allerdings könnten sich die Indizes von dem Tiefschlag auch schnell wieder erholen. Die Spreads der Staatsanleihen könnten sich um 200 bis 300 Basispunkte ausweiten. Die Rendite italienischer Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren würde in der Folge auf 3 Prozent steigen. Es bleibe abzuwarten, wie sich die Europäische Zentralbank in diesem Szenario verhält.

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FRANKFURT (Dow Jones)

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