Abwertung des Renminbi: Startet eine neue Runde weltweiter Geldmengenausweitung?


13. August 2015

Abwertung des Renminbi: Startet eine neue Runde weltweiter Geldmengenausweitung?

Und wieder einmal sieht sich eine Notenbank in der Pflicht, Finanzmärkte und Realwirtschaft zu retten. Dieses Mal ist es nicht die Fed, sondern die chinesische Notenbank. Doch das Bild ist allzu bekannt: Angesichts der übermäßig expansiven Geldpolitik und Geldmengenausweitung der letzten Jahre reagieren Finanz- und im Falle Chinas vor allem die Aktienmärkte außerordentlich sensitiv auf die Notenbankpolitik und die Veröffentlichung aktueller sowie kurzfristiger Konjunkturdaten. In Folge erhöhter Aktienmarktvolatilität sowie anhaltend schwacher Konjunkturdaten muss die chinesische Notenbank erneut tätig werden. Denn wie die japanische Notenbank und die EZB verfolgt die chinesische Notenbank aktuell das Ziel die Währung zu schwächen, um damit die konjunkturellen Probleme sowie überzogene Bewertungen an den Börsen in den Griff zu bekommen.

Die ungezügelte Krisenpolitik der Fed hatte zur Folge, dass in den letzten Jahren alle andere bedeutenden Notenbanken (und auch so manche der Schwellenländer) eine ähnliche Politik verfolgen mussten, um eine deutliche Aufwertung ihrer Währung und damit eine Straffung ihrer Geldpolitik zu verhindern. Und auch im aktuellen konjunkturellen Umfeld will keine Notenbank eine Aufwertung ihrer Währung zulassen, denn mit Zinsen, die größtenteils bei 0% liegen, können Notenbanken Deflation und Konjunktur primär über den Wechselkurs beeinflussen. So besteht nun die Gefahr, dass - wenn sich die chinesische Abwertung als ein erster Schritt erweisen sollte - andere Notenbanken ebenfalls ihre expansive Geldpolitik verstärken. Im Fall der Fed würde sich damit die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie nicht die Zinsen im September anheben wird bzw., wenn die US-Zinswende erfolgt, die Zinsanhebungen flach verlaufen werden. Zwar betont die chinesische Notenbank, dass die aktuelle Abwertung ein einmaliger Schritt ist, aber die Reaktion auf den Finanzmärkten zeigt wenig Vertrauen in diese Aussage. So bleibt die Gefahr, dass mit einer anhaltenden Abkühlung der chinesischen Konjunktur die Möglichkeit von weiteren Abwertungen nicht ausgeschlossen werden kann. Der Wettlauf der Geldmengenausweitung zwischen bedeutenden Notenbanken könnte somit in eine weitere Runde gehen.

Abb. 1: China: Realer Effektiver Wechselkurs, Index (2010 = 100)

Abb. 1 zeigt den preisbereinigten gewichteten Wechselkurs des Renminbi als Index. Ein Anstieg bedeutet eine Aufwertung. Es ist zu erkennen, dass die chinesische Währung schon länger aufwertet. Die aktuelle Abwertung ist im historischen Kontext eher zu vernachlässigen. Seit 2010 ist der preisbereinigte Renminbi mit rund 30% aufgewertet. Die Reaktion der Finanzmärkte verdeutlicht also, dass sie weitere Schritte erwarten. Bei weiteren Abwertungen des Reminbi würde sich die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Zinswende in den USA oder Großbritannien reduzieren, denn beide Notenbanken wollen eine nachhaltige Aufwertung ihrer Währung verhindern; zudem birgt eine deutliche Abkühlung der chinesischen Wirtschaft ein nennenswertes Risiko für die Weltkonjunktur (siehe Kapitalmarkt-News vom 11. August 2015). Auch wenn sich die Konjunktur stabilisiert: Die Notenbanken werden es schwer haben, ihre Geldpolitik nachhaltig zu normalisieren und die Zinsen auf ein Niveau anzuheben, bei dem der Leitzins ausreichend Einfluss auf die Wirtschaft ausübt, um geldpolitische Ziele zu erreichen. Aufkaufprogramme werden Teil des Instrumentariums aller bedeutenden Notenbanken bleiben; ebenso wie die Verlockung, durch Abwertung Konjunkturimpulse zu senden.

Alle wichtigen Zentralbanken verfolgen nach wie vor eine Krisenpolitik der Geldmengenausweitung. Die BIP-Wachstumsraten der letzten Jahre zeigen aber, dass aktuell von einer Wirtschaftskrise in vielen Staaten keine Rede sein kann. Das Problem ist, dass einflussreiche Notenbanken jegliche konjunkturelle Korrektur als unerwünscht bewerten und sich damit in der Pflicht sehen, trotz bereits niedriger Zinsen zu reagieren. Geldpolitik wird somit konjunkturellen Zielen untergeordnet. Doch Inflation und Wachstum sind Größen, die Notenbanken nur indirekt beeinflussen können. Ihre einzige Einflussmöglichkeit liegt in der Geldmengensteuerung. Und gerade hier findet bereits seit Jahren eine bedeutende Ausweitung statt. Doch Wettbewerbsvorteile durch Währungsabwertungen werden durch Reaktionen anderer Notenbanken neutralisiert, was den Einfluss der Geldpolitik bis auf Verzerrungen auf den Finanzmärkten erheblich reduziert. So wird die chinesische Abwertung am Ende weniger die globalen Wechselkurse beeinflussen, dafür aber die weltweite Geldflut weiter vorantreiben. In diesem Zusammenhang ist die jüngste Reaktion des DAX nur teilweise nachvollziehbar. Zwar birgt die chinesische Konjunktur Risiken für die Gewinnerwartung globaler DAX-Unternehmen. Allerdings werden die risikofreien Renditen durch eine Geldmengenausweitung sinken und damit den DAX und weltweit die Aktienmärkte stützen.

Wie steht es nun um die US-Zinswende? US-Konjunkturdaten fallen weiterhin relativ positiv aus, können aber nicht positiv überraschen, was der Fed mehr Handlungsraum geben würde. Zwar hat sich der NFIB-Index im Juli leicht erholt. Doch die Stimmung der mittelgroßen US-Unternehmen bleibt verhalten und gemischt. Auch die Furcht vor steigenden Löhnen scheint sich mit den jüngsten Daten etwas zu relativieren. Somit hat die Fed angesichts der aktuellen US-Konjunkturdaten und globaler Risiken keinen Druck, kurzfristig an der Zinsschraube zu drehen. Und die EZB? Der Leistungsbilanzüberschuss der Euro-Zone ist eine wichtige Säule der konjunkturellen Erholung, auch wenn Investitionen und Konsum auf Sicht an Bedeutung gewinnen sollten. Den Überschuss könnte eine von China verursachte globale Konjunktureintrübung belasten. Zudem würden eine anhaltende Null-Zinspolitik der Fed sowie weitere Abwertungen der chinesischen Notenbank die EZB aufgrund eines dann aufwertenden Euro zusätzlich unter Druck setzen. Eine Ausweitung des EZB-Aufkaufprogramms in 2016 wäre in diesem Umfeld nicht auszuschließen. Aktuell ist weiterhin von einer moderaten US-Zinsanhebung (25 bp in 2015, 100 bp in 2016) sowie einer sich festigenden Erholung der Euro-Zone auszugehen. Doch sicherlich haben die chinesischen Konjunkturdaten an Bedeutung gewonnen - auch wegen möglicher weiterer Reaktionen der chinesischen Notenbank.

Fazit: Weltwirtschaft und Finanzmärkte stehen weiterhin unter dem Einfluss einer Geldpolitik, die ihr Monopol der Geldmengenausweitung nutzt, um konjunkturelle Probleme zu lösen. Die Fed hat es in den letzten Jahren vorgemacht; andere bedeutende Notenbanken mussten folgen, um Wechselkursaufwertungen und Deflation entgegenzusteuern. Auch die jüngste chinesische Abwertung ist im Kontext der globalen Geldmengenausweitung zu sehen.

Folgen weitere Abwertungen des Renminbi, ist angesichts fragiler konjunktureller Entwicklungen in den USA und der Euro-Zone mit einer Reaktion von Fed und EZB zu rechnen. Im Falle weiterhin enttäuschender chinesischer Konjunkturdaten wird eine US-Zinswende immer unwahrscheinlicher, was wiederum die EZB unter Druck setzen sollte, ihr Aufkaufprogramm weiter auszuweiten. Die nächste Runde der globalen Geldflutung könnte dann bevorstehen. Noch erwartet die IKB eine Zinsanhebung der Fed in 2015, doch die Risiken für steigende Zinsprognosen haben sich erhöht.


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