Inflationstrend eröffnet Spielraum
Nun scheint es entschieden. Sollten die morgen anstehenden Lohndaten für den Euroraum im ersten Quartal 2024 keine Überraschungen bergen, dann ist eine erste Zinssenkung in zwei Wochen eine ausgemachte Sache. EZB-Präsidentin Christine Lagarde zeigte sich gestern Abend in einem Interview mehr als zuversichtlich, dass die Inflation im Euroraum angesichts ermutigender Mittelfristprognosen endlich unter Kontrolle und daher ein erster Zinsschritt am 6. Juni mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ zu erwarten sei. An den Märkten ist eine erste Senkung um 25 Basispunkte praktisch eingepreist. Dass die EZB vor der Fed die Zinswende einleitet, hielten bis vor Kurzem Marktbeobachter noch für ein gewagtes Unterfangen und befürchteten, dass die sich ausweitende Zinsdifferenz zu Wechselkursturbulenzen führen könnte. Dieser Befürchtung hielt Bundesbank Präsident Joachim Nagel – ebenfalls gestern – entgegen, dass eine erste Zinssenkung nicht unmittelbar weitere nach sich ziehen muss. Die EZB könnte somit erste Lockerungen durchführen, ohne Gefahr zu laufen, dem amerikanischen Pendant zu weit vorauszueilen. Auf Seiten der US-Notenbank zeigte sich Gouverneur Christopher Waller im Licht der sich abschwächenden Kerninflation optimistisch, dass eine weitere Anhebung der Zinsen „wahrscheinlich unnötig“ wäre. Der Währungshüter sieht aber auch keinen großen Schaden auf die US-Wirtschaft zukommen, wenn die Zinsen in den nächsten Monaten auf derzeitigem Niveau verbleiben.
„New Normal“ der Geldpolitik
Einige kleinere Währungsräume haben den ersten Schritt bekanntlich bereits gewagt. So senkte die Schweizer Notenbank vor zwei Monaten zum ersten Mal die Zinsen, und die schwedische Riksbank folgte dem Beispiel mit einer Senkung vor zwei Wochen. Wie Notenbanken ihr Zinsrisiko in Zukunft wieder besser steuern könnten, hat unterdessen Bank of England Gouverneur Andrew Bailey ausgeführt. Zeitgleich mit dem Abschmelzen der Zentralbankbilanz sollen nach Angaben Baileys die britischen Märkte über Repo-Geschäfte (kurzfristige Kredite) weiterhin mit ausreichend Liquidität versorgt werden. Umfangreiche Wertpapierankäufe würden damit nach über 15 Jahren der Vergangenheit angehören. Die Notenbank könnte somit das Zinsrisiko am langen Ende deutlich reduzieren. Dass diese Umstellung nicht ohne Turbulenzen von statten gehen muss, räumte Baileys ebenfalls ein und warnte die Märkte, sich besser früher als später auf die verstärkte Nutzung der Repos, die traditionell eher in Krisenzeiten von Banken beansprucht werden, vorzubereiten.
Kupfer im Rampenlicht
Nach Rekordständen zeigen sich die Märkte seit Wochenbeginn unentschlossen. Der S&P 500 und der Nasdaq Composite gingen gestern mit +0,25 % bzw. +0,22 % leicht positiv aus dem Markt. Die europäischen Indizes gaben unterdessen nach, mit dem Euro Stoxx 50 etwas stärker im Minus (-0,54 %) als der Dax (-0,22 %). Auf der Rohstoffseite macht seit Kurzem Kupfer auf sich aufmerksam. Das Industriemetall konnte seit Anfang des Jahres um über 27 % zulegen und performt damit besser als z.B. der Anlegerliebling Gold (+17,36 %). Nicht nur kann Kupfer vom raschen Ausbau der erneuerbaren Energien und dem Boom in der Elektrofahrzeugindustrie profitieren, sondern Sanktionen gegenüber russischen Kupferexporten seitens der USA und Großbritanniens sowie durch die Rally angelockte Investoren verliehen dem Metall an den Börsen zusätzlichen Schwung. Vorsicht ist jedoch geboten. In China sind die Lagebestände konstant hoch, ein Zeichen für die schleppende Nachfrage. Und ein Rückzug von spekulativem Kapital könnte dem Preisanstieg kurzfristig den Wind aus den Segeln nehmen.
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