Internetaktien haben historisch niedrige Bewertungsniveaus erreicht. Ist damit der Zeitpunkt für den Einstieg gekommen?
Internetunternehmen gehörten schon vor Ausbruch der COVID-Pandemie zu den renditestärksten Titeln an den globalen Aktienmärkten. Der durch Lockdowns beschleunigte Digitalisierungsschub sorgte für ein rapides Wachstum des Sektors. Das Softwareunternehmen Zoom, das Lösungen für Videokonferenzen anbietet, versiebenfachte zum Beispiel seinen Umsatz zwischen 2019 und 2021. Der Gewinn stieg sogar um 8.750 Prozent.
Während sich im Jahr 2022 das Wachstum verlangsamte, erlebten Technologieaktien eine drastische Kurskorrektur. Ein Portfolio, das - wie von vielen Börsenexperten empfohlen - zu 60 Prozent aus Aktien und 40 Prozent aus Anleihen besteht, verzeichnete eines der schlechtesten Ergebnisse in fast 100 Jahren.
Technologieaktien wurden in diesem zinsinduzierten Risk-Off-Markt besonders getroffen und überproportional abgestraft: Mehr als 1.000 Werte im Nasdaq haben zeitweise 80 Prozent und mehr verloren. Der Nasdaq CTA Internet Index (QNET), der die Wertentwicklung der größten US-amerikanischen Internetunternehmen abbildet, verlor allein im ersten Halbjahr 2022 über 44 Prozent.
Viele Unternehmen der Technologiesubsektoren Software, Search oder E-Commerce mussten nicht nur die seit März 2020 erzielten Kursgewinne wieder abgeben. Ihre Aktienpreise stürzten auf das Niveau des Jahres 2017. Weder sinkende Umsätze noch Gewinne konnten diese Entwicklung begründen: "Veränderte und verzerrte Umsatz- und Gewinnmultiplikatoren sind hauptsächlich dafür verantwortlich gewesen", sagt Marcel Oldenkott, Geschäftsführer BIT Capital - ein renommierter Asset Manager aus Berlin, der sich auf Technologieaktien spezialisiert hat.
"Unternehmensspezifische Fundamentaldaten sind in dieser Zeit aus dem Fokus der Börsenanalysten und Investoren gerückt. Beispielsweise fanden positive Geschäftsentwicklungen oder starke operative Performances einzelner Unternehmen nur wenig bis keinerlei Beachtung", erklärt der Fondsmanager des BIT Global Leaders-Fonds. Es waren vor allem makroökonomische Unsicherheiten und die steigenden Leitzinsen, die die Kurse im Jahr 2022 nach unten drückten und zum pauschalen Abverkauf der Titel führten.
Haben damit die Kurse von Internetaktien, die lange Zeit auch als überteuert galten, ein faires Niveau erreicht? "Der historische Vergleich der Multiplikatoren widerspricht dieser Annahme", so Oldenkott. Eine Erklärung bietet eine Analyse der EV/S-Multiple (Unternehmenswert im Verhältnis zum Umsatz). Der für das Jahr 2022 erwartete EV/S-Multiple des QNET lag bei 2,8. Das ist ein Niveau, das nur drei Mal in den letzten 20 Jahren erreicht wurde: zum Ende der Dotcom-Bubble, in der globalen Finanzkrise und in der Euro-Krise von 2012. Allerdings befindet sich die Weltwirtschaft heute in vielerlei Hinsicht nicht in einer ähnlich dramatischen Lage wie es in diesen Jahren der Fall war.
Ein weiteres Indiz: Der Markt bewertete Internetaktien des QNET Ende 2017 mit EV/EBITDA-Multiples (Unternehmenswert im Verhältnis zum operativen Gewinn) von ca. 28. Obwohl das Zinsniveau 2022 ähnlich lag, betrugen die EV/EBITDA-Multiples in der zweiten Jahreshälfte etwa 15. Beachtet werden muss dabei, dass während die Bewertungsniveaus schnell wachsender Internetunternehmen zuletzt um mehr als 70 Prozent gefallen sind, diese im vergangenen Jahr gut 9 Mal mehr Umsatz erzielten als noch vor 5 Jahren.
Für Investoren stellt sich nun die Frage: Ist es gerade der richtige Zeitpunkt, das Gewinnpotenzial am Internetmarkt zu nutzen? Mit den dargestellten Beobachtungen und Datenpunkten sollten aus Sicht von BIT Capital Investoren wieder über den Einstieg nachdenken. Zum einen könnte der Boden in der Bewertung von Internetunternehmen erreicht sein, zum anderen erscheinen die derzeitigen Bewertungsniveaus irrational günstig.
Der BIT Global Internet Leaders Fonds von BIT Capital konnte seit Anfang des Jahres wieder deutlich an Performance zulegen. Das muss kein direktes Indiz darauf sein, dass die Wende geschafft ist. Natürlich werden in den kommenden Quartalen die rezessionsbedingten Wachstums- und Gewinneinbrüche ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor bleiben. Aber die aktuelle Lage könnte für langfristige Investoren eine gute Gelegenheit zum Einstieg in den - sonst häufig als überteuert geltenden - Technologiemarkt darstellen.