Interview mit Finanzjournalistin und Moderatorin Jessica Schwarzer

Kannst Du uns etwas über Deinen Werdegang in der Finanzwelt erzählen? Was hat Dich dazu inspiriert, in diesem Bereich zu arbeiten?

Als Kind war ich fleißige Sparerin, bin sogar von Bank zu Bank geradelt und habe Zinsen verglichen. Geld hat mich irgendwie immer fasziniert. Als die Deutsche Telekom 1996 an die Börse ging, hatte meine Mutter die Idee, die Aktie zu zeichnen. Börse hat mich sofort fasziniert, auch wenn ich sie in meinen ersten Jahren als Aktionärin mit einem Casino verwechselt habe. Journalistin wollte ich schon ganz früh werden – die Karla Kolumna aus Benjamin Blümchen. Und irgendwann habe ich meine Leidenschaft für die Börse zum Beruf gemacht; und aus der Zockerin wurde eine langfristig denkende Investorin.

Wie beeinflussen aktuelle Trends, wie z.B. Fintech oder nachhaltige Investitionen, Deine Arbeit und Deine Perspektiven?

Als Journalistin schreibe ich natürlich immer wieder über aktuelle Trends. Und ein Stück weit beeinflussen sie auch meine Perspektiven, keine Frage. Aber ich jage nicht jedem Trend hinterher, vor allem als Anlegerin nicht.

Dein neues Buch trägt den Titel „Erfolgreich investieren mit den besten Börsenstrategien“ und beschäftigt sich u.a. mit der Frage, wie Anleger:innen erfolgreich mit ihrer Geldanlage werden. Welche Tipps würdest Du Frauen geben, die gerade erst anfangen, sich mit dem Thema Finanzen zu beschäftigen?

Sie sollten sich in kleinen Schritten an das Thema heranarbeiten. Am Anfang steht der Kassensturz. Wie sieht mein Budget aus? Wie viel kann und will ich sparen oder – besser noch – investieren. Vor dem Schritt an die Börse scheuen viele immer noch zurück. Wie wäre es mit ganz kleinen Summen anzufangen und diese regelmäßig über einen Sparplan in Fonds oder ETFs zu investieren? Das ist ein super Start an der Börse.

Gibt es spezifische Bildungsangebote oder Kurse, die Du Frauen empfehlen kannst, um ihr Finanzwissen zu erweitern?

Es gibt unzählige Angebote. Ich selber bin eine der Coaches der Brigitte Academy Masterclass Finanzen. Auch die Börsen bieten regelmäßig Börsenseminare von Frauen für Frauen an. Auch da bin ich dabei. Ansonsten: Die Finanz-Heldinnen, Fortunalista, Female Finance Forum… Und dann natürlich: Lesen, lesen, lesen! Das bildet ja bekanntlich.

Gibt es im Bereich Finanzen Produkte oder Dienstleistungen, die Deiner Meinung nach speziell auf die Bedürfnisse von Frauen zugeschnitten werden sollten?

Nein. Wir brauchen weder rosafarbende Aktien noch pinkfarbene Anleihen. Viele Frauen suchen sich übrigens intuitiv die richtigen Produkte aus. Sie investieren in der Regel langfristig und mit breiter Risikostreuung. Deshalb setzen sie auch viel öfter als Männer auf Fonds und vor allem auf ETFs. 

Welche Rolle spielen soziale Medien und Online-Communities bei der finanziellen Bildung von Frauen?

Eine immer größere! Es gibt eine wachsende Anzahl von Accounts, die sich mit dem Thema Finanzen befassen, dazu noch Podcasts, Vodcasts, Webinare. Grundsätzlich ist das auch gut so! Ich hoffe nur, dass die Frauen genau hinschauen, wer da mit welcher Absicht unterwegs ist. Versteh mich nicht falsch: Es ist nicht verwerflich, dass Banken oder Broker am Ende auch Geld verdienen wollen. Das bedeutet nicht, dass ihre Inhalte schlecht sind. Es tummeln sich aber leider auch viele schwarze Schafe auf Social Media, die zum Zocken verleiten wollen und andere Ziele haben…

Wie hat sich das Verhältnis von Frauen zum Thema Finanzen aus Deiner Sicht in den letzten Jahren geändert?

Das Bewusstsein, dass man sich um die eigenen Finanzen kümmern muss und das Thema nicht anderen überlassen darf, ist definitiv größer geworden. Auch das Interesse an der Börse hat zugenommen. In den vergangenen Jahren haben viele Frauen die Anlageklasse Aktien für sich entdeckt. Und dabei machen sie verdammt viel richtig, eben weil sie langfristig denken und das Risiko breit streuen. Aber es ist noch jede Menge Luft nach oben. Und ich hoffe sehr, dass noch viel, viel mehr Frauen aktiv werden; und Männer übrigens auch. Insgesamt legt ja nur jeder sechste Deutsche über 14 Jahre Geld an der Börse an – mehr Männer als Frauen.

Welche Börsenweisheit sollte man unbedingt beherzigen?

Da fallen mir gleich mehrere ein. Ich liebe Börsenweisheiten. Meine liebste: Beim Denken ans Vermögen leidet oft das Denkvermögen! Börsenpsychologie pur. Unbedingt beherzigen sollte man: Lege nicht alle Eier in einen Korb! Da geht es um die Risikostreuung. Fällt der eine Korb runter, sind alle Eier kaputt. Aber auch diese finde ich sehr wichtig: Hin und Her macht Taschen leer. Es macht wenig Sinn, an der Börse jedem heißen Tipp, jedem vermeintlichen Megatrend hinterher zu jagen. Das kostet Gebühren, in Regel aber auch Rendite, weil man oft zu spät ist oder einfach auf das falsche Pferd setzt.