Die Wohlverhaltensphase dauert drei Jahre, in der Sie Ihr Einkommen weiterhin teilweise an den Treuhänder abgeben. Sie dürfen in dieser Zeit keine neuen unangemessenen Schulden machen. Als unangemessen gelten Schulden, wenn sie wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheinen oder im Gegensatz zu den bereits bestehenden Lebensverhältnissen stehen. Während der Wohlverhaltensphase besteht eine Art „Pflicht zur Arbeit“. Das heißt, wenn Sie arbeitslos sind, müssen Sie Ihre Bemühungen zur Jobsuche nachweisen und dürfen keine zumutbare Arbeit ablehnen. Die Arbeitspflicht entfällt nach dem gesetzlichen Rentenalter oder bei einer chronischen Erkrankung, die eine Arbeitsunfähigkeit mit sich bringt. Eine Erbschaft muss während der Wohlverhaltensphase nur zur Hälfte abgeführt werden.
Sollte sich an Ihren Vermögensverhältnissen während der Wohlverhaltensphase etwas überraschend ändern oder Gläubiger plötzlich verhandlungsbereit sein, kann ein erneuter Einigungsversuch unternommen werden. Dadurch kann das Insolvenzverfahren verkürzt werden, wodurch Sie auch wiederum geringere Gerichtskosten haben und Ihr Einkommen nicht mehr gepfändet wird. Sie sollten daher auch Kontakt zu Ihren Gläubigern halten und Gesprächsbereitschaft signalisieren.
Nach drei Jahren ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entscheidet ein Gericht letztendlich über die Restschuldbefreiung. Wenn es während der Wohlverhaltensphase keine Probleme gab, wird Ihnen voraussichtlich die Schuldenbefreiung gewährt. Eine Quote für die Rückzahlung der Schulden während des Insolvenzverfahrens oder Verfahrenskosten gibt es nicht mehr.
Im Wesentlichen gibt es beim Insolvenzverfahren zwei große Kostenpunkte: Zum einen fallen die Gerichts- und Treuhänderkosten an, die nach der Insolvenzmasse berechnet werden. Oft werden die Gebühren durch das pfändbare Einkommen beglichen. Wenn nicht, wird das Gericht die Kosten bis zu vier Jahre nach der Restschuldbefreiung stunden. Sie müssen aber nur zahlen, wenn Sie dazu finanziell in der Lage sind.
Den anderen Kostenpunkt bilden die Beratungs- beziehungsweise Anwaltshonorare. Viele Schuldnerberatungsstellen arbeiten kostenlos. Daher ist die Aussicht auf Kostenübernahme durch einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe eher gering. Selbst wenn das Amtsgericht diesen gewährt, wäre er nur bis zur Erklärung des Scheiterns eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuchs gültig. Rechtsschutzversicherungen übernehmen in der Regel nicht die Anwaltskosten für ein Insolvenzverfahren. Eine Prozesskostenhilfe gibt es bei Insolvenzverfahren auch nicht, daher sollten Sie mit Ihrem Anwalt ein Pauschalhonorar festlegen, um die Kosten kalkulierbar zu halten.
Auf den ersten Blick wirkt die Privatinsolvenz wie einfaches Mittel, um Schulden loszuwerden. Drei Jahre lang ein bisschen den Gürtel enger schnallen und im besten Fall ist der Schuldnerberater sogar kostenlos, dann ist man die Sorgen los. Ganz so einfach ist es leider nicht, denn eine Privatinsolvenz bringt starke Einschränkungen in der Lebensführung mit sich, die über den Zeitpunkt der Restschuldbefreiung hinausgehen können.
Da nach aktueller Rechtslage die SCHUFA die Daten über eine Privatinsolvenz bis zu drei Jahre speichert, könnten Wohnungs- und Vertragswechsel schwierig werden. Außerdem muss der Arbeitgeber in Kenntnis gesetzt werden, da die Lohnbuchhaltung den pfändbaren Teil des Einkommens direkt an den Treuhänder überweisen muss. Da Sie weder Ratenkäufe noch Dispokredite in Anspruch nehmen dürfen, müssen Sie vermutlich auch größere Anschaffungen erst einmal verzichten.
Allerdings stellen sich diese Probleme ab einem gewissen Grad der Überschuldung ebenso ein – spätestens dann sollten Sie eine Privatinsolvenz in Betracht ziehen. Neben der Schuldenfreiheit bringt eine Privatinsolvenz auch während des Verfahrens schon gewisse Vorteile mit sich. Sie müssen keine Angst vor plötzlichen Konto- oder Lohnpfändungen haben, Besuch vom Gerichtsvollzieher bekommen Sie auch nicht. Außerdem ist Ihr Existenzminimum gesichert, da bestimmte Pfändungsgrenzen nicht überschritten werden, 1.253 Euro bleiben Ihnen pro Monat sicher.
Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Schulden, nehmen Sie dafür auch unter Umständen die Hilfe einer kostenfreien Schuldenberatungsstelle in Anspruch.
Versuchen Sie, einen Tilgungsplan aufzustellen und Ihre Gläubiger davon zu überzeugen. Vielleicht können Sie Stundungen, Ratenzahlungen oder sogar einen Teilverzicht Ihrer Schulden erreichen.
Sollten die Schuldenbereinigungspläne gescheitert sein, können Sie die Privatinsolvenz beantragen. Halten Sie sich buchstabengetreu an die Regeln der Wohlverhaltensphase, dann sind Sie in drei Jahren Ihre Schulden los.
Bleiben Sie auch während der Wohlverhaltensphase gegenüber Ihren Gläubigern gesprächsbereit, um das Verfahren eventuell abzukürzen. Das spart Geld, Zeit und Nerven.
Egal ob selbstverschuldet oder nicht: Ziehen Sie Ihre Lehren aus der Privatinsolvenz und nutzen Sie die Chance auf einen Neuanfang weise. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und alles Gute dabei!
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