Kommt Ihr Flieger viel zu spät am Urlaubsziel an, haben Sie oft das Recht auf eine Entschädigungszahlung. Das gilt auch bei einem Flugausfall. Wie Sie bei Flugverspätung Entschädigungen erhalten, welche Fluggastrechte Sie grundsätzlich haben und wie Sie sich bei einem Ausfall Ihres Ferienfliegers verhalten sollten, erfahren Sie hier. Das Wichtigste in Kürze sowie unsere besten Empfehlungen finden Sie direkt am Anfang!
Die Koffer sind gepackt, die Vorfreude ist groß – jetzt kann es endlich in den Urlaub gehen. Am Flughafen dann die böse Überraschung: Ihr Flug verspätet sich. Das ist nicht nur ärgerlich, die lange Wartezeit am Flughafen geht auch auf Kosten Ihrer Erholungszeit. Und es könnte noch schlimmer kommen: Fällt der Flug in Richtung Sonne, Strand und Meer sogar ganz aus? Die Ungewissheit ist groß …
Was viele Urlauber nicht wissen: Verspätet sich Ihr Urlaubsflieger, haben Sie oftmals das Anrecht auf eine finanzielle Ausgleichszahlung für Ihre Flugverspätung und die entgangene Urlaubszeit. Das Beste: Eine solche Entschädigung bei Flugverspätung gibt es bis zu drei Jahre rückwirkend. In der EU-Verordnung (EG) Nr. 261/2004 sind die Fluggastrechte und der Entschädigungsanspruch von Passagieren festgelegt. Wie und wann Sie laut Fluggastrechteverordnung bei Flugverspätung und Flugausfall Ihr Geld zurückbekommen, verraten wir Ihnen im Folgenden.
Ob Ihnen eine Entschädigung bei Flugverspätung zusteht, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Einerseits ist der Grund für die Verspätung entscheidend, andererseits die Dauer Ihrer Flugverspätung.
Zunächst die schlechte Nachricht: Fluggesellschaften zahlen grundsätzlich keine Entschädigung, wenn die Flugverspätung durch sogenannte „außergewöhnliche Umstände“ entstanden ist. Diese sehr ungenaue Formulierung besagt, dass nur die Ursachen einer Flugverspätung als außergewöhnlich anzusehen sind, für die die betreffende Fluggesellschaft nicht verantwortlich gemacht werden kann. Gibt es also „außergewöhnliche Umstände“ für die Verspätung Ihres Ferienfliegers, steht Ihnen als Fluggast in der Regel keine Ausgleichszahlung zu.
Und nun die gute Nachricht: Verspätet sich Ihr Flug nicht wegen außergewöhnlicher Umstände, können Sie zwischen 200 und 600 Euro von der Fluggesellschaft als Flugentschädigung erhalten – und das bereits ab einer dreistündigen Verspätung. Voraussetzung ist, dass die Fluggesellschaft ihren Sitz in der EU hat oder Sie von einem europäischen Flughafen abgeflogen sind.
Wie hoch Ihre Entschädigung letztlich ausfällt, richtet sich nach der genauen Verspätungszeit und der Länge Ihrer Flugstrecke. Bis zu einer Strecke von 1.500 Kilometern erhalten Sie bis zu 250 Euro Entschädigung. Ab einer Flugstrecke von 1.500 Kilometern können Sie bereits bis zu 400 Euro erhalten. Ab 3.500 Kilometern Flugdistanz steigt Ihre mögliche Ausgleichszahlung auf bis zu 600 Euro an.
Tipp: Auch Fluggäste, die aufgrund einer Flugverspätung nicht fliegen wollen (oder können), haben ein Recht auf Entschädigung. Betroffene Passagieren können sogar eine doppelte Ausgleichszahlung erhalten, wenn der Flug annulliert wurde und der Ersatzflug sich ebenfalls verspätet. So lautete ein Urteil des Amtsgerichts Frankfurt (Az.: 30C 553/17 (20)), wie die Onlineausgabe der Frankfurter Allgemeine Zeitung (faz.net) berichtete.
Darüber hinaus hat der Europäische Gerichtshof (EuGH – Rechtssache C-523/17) im Juli 2018 entschieden, dass die Gesellschaft die Entschädigung zahlen muss, die den Flug angesetzt hat. Haben Sie also bei einer Fluggesellschaft ihren Flug gebucht, der Flug wurde aber von einer anderen Fluggesellschaft durchgeführt und dabei kam es zu Verspätungen, dann haftet die Fluggesellschaft, die ursprünglich den Flug auch angeboten hat. Wie das Handelsblatt berichtete, ging es in dem konkreten Fall vor dem EuGH um einen Flug der Fluggesellschaft Tuifly, die für einen Flug nach Mexiko ein Flugzeug inklusive Besatzung von Thomson Airways gemietet hatte.
Wer von einer Flugverspätung betroffen ist, hat unabhängig vom Grund der Verspätung ein gesetzlich festgelegtes Anrecht auf Versorgung durch die Fluggesellschaft. Diese beinhaltet Verpflegungs- und Kommunikationsmöglichkeiten.
Hat sich Ihr Flug verspätet, muss die Fluggesellschaft Ihnen mindestens zwei Anrufe, Faxe oder Mails ermöglichen, und Ihnen darüber hinaus Mahlzeiten und Getränke zur Verfügung stellen.
Wird Ihr Abflug auf den nächsten Tag verschoben, muss das Flugunternehmen Ihnen sogar eine Hotelübernachtung ermöglichen und den Transfer zum Flughafen bezahlen.
Tipp: Haben Sie sich einen Kaffee oder ein anderes Getränk gekauft, um die Wartezeit zu überbrücken? Mussten Sie ein Taxi zu einem anderen Flughafen nehmen? Dann können Sie das Geld gegebenenfalls von Ihrer Fluggesellschaft zurückfordern, sofern Sie alle Quittungen vorlegen können.
Hat Ihr Flug Verspätung und Sie stehen gestresst am Flughafen, rücken rationale Entscheidungen oftmals in den Hintergrund. Dabei ergeben sich gerade in einer solchen Situation einige Fragestellungen: Wann kommen Sie am Urlaubsort an? Wie halten Sie in der Wartezeit Ihre Kinder bei Laune? Was machen Sie mit Ihrem vorab gebuchten Mietwagen? Wie regeln Sie das verspätete Check-in im Hotel? Hinzu kommt, dass oftmals mehrere Flüge gleichzeitig Verspätung haben und sich an den Serviceschaltern zusehends längere Warteschlangen bilden – der Stresspegel steigt.
Die erste Regel lautet deshalb: Ruhe bewahren. Wenden Sie sich – trotz langer Wartezeiten – auf alle Fälle an einen Servicemitarbeiter Ihrer Airline und holen sich Informationen zur Sachlage ein. Lassen Sie sich gegebenenfalls die neue Abflugzeit Ihres Ferienfliegers geben.
Lassen Sie sich die Flugverspätung und den Grund dafür schriftlich vom Airline-Mitarbeiter bestätigen. So haben Sie im Nachhinein ein Dokument, falls die Fluggesellschaft sich einer Entschädigungszahlung verweigert.
Kontaktieren Sie bei einer Pauschalreise zusätzlich den Reiseveranstalter.
Dokumentieren Sie auch für sich die Flugverspätung, um später ausreichend Argumente für eine mögliche Entschädigungszahlung zu haben. Fertigen Sie im Optimalfall ein Minutenprotokoll an, notieren Sie also beispielsweise, wann Sie das Flugzeug betreten haben und wann Sie es wieder verlassen konnten.
Extra-Tipp: Sprechen Sie mit anderen Betroffenen, die wegen der Flugverspätung Entschädigung verlangen wollen und tauschen Sie gegebenenfalls Kontaktdaten aus. Im Prozess der Entschädigungsforderung kann ein Austausch mit Mitleidenden helfen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine Flugentschädigung von Ihrer Airline für einen verspäteten Flug oder gar einen Flugausfall einzufordern: Eigenständig, mittels der Schlichtungsstelle oder über ein Fluggasthelfer-Portal. Jeder Weg bietet unterschiedliche Vor- und Nachteile, die wir im Folgenden für Sie aufzeigen.
Wenn sich Ihr Flug mehr als drei Stunden verspätet, sollten Sie auf jeden Fall prüfen, ob Sie von Ihrer Fluggesellschaft Geld zurückbekommen können. Stellen Sie sich folgende Fragen:
Liegt Ihr Abflughafen oder der Hauptsitz der Airline innerhalb der EU? Wie weit ist die direkte Entfernung zwischen Ihrem Abflugort und dem Zielflughafen? Wie viel Verspätung hat Ihr Flug genau? Welchen Grund hat die Fluggesellschaft für die Verspätung angegeben?
Anhand dieser Fragen können Sie nun bereits gut einschätzen, ob Ihnen eine finanzielle Entschädigung für die Flugverspätung zusteht. Kommen Sie zu dem Schluss, dass Ihnen rechtmäßig eine Ausgleichszahlung zusteht, können Sie diese bei der Fluggesellschaft schriftlich einfordern.
Das Schreiben sollte neben Ihrem Namen und Ihrer Flugnummer einen eindeutigen Betreff beinhalten. Außerdem sollten Sie das Datum des Abflugs, den Abflug- und Zielort sowie die planmäßige Abflugs- und Ankunftszeit in diesem Schreiben angeben. Besonders wichtig: Nennen Sie in Ihrem Schreiben die tatsächliche Ankunftszeit. Wenn möglich, dann geben Sie auch die Länge Ihrer Flugstrecke in Kilometern an. Wer sich nicht sicher ist, ob sein Antrag auf Entschädigung vollständig ist, findet unter anderem beim ADAC ein entsprechendes Musterschreiben.
Tipp: In manchen Fällen weigern sich Fluggesellschaften zunächst eigentlich rechtmäßige Entschädigungen zu zahlen. Dann müssen Sie Ihr Geld per Gericht einfordern. Um bei Streitigkeiten vor Gericht gewappnet zu sein, kann eine Rechtsschutzversicherung sinnvoll sein. Im Ratgeber Rechtsschutzversicherung erfahren Sie, wie Sie einen günstigen und passenden Tarif finden.
Haben Sie mit Ihrem Rückforderungsschreiben bei der Fluggesellschaft keinen Erfolg, können Sie sich kostenlos von der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) beraten lassen.
Der Verein sieht sich selbst als Schlichter, dessen Kernaufgabe „die außergerichtliche und einvernehmliche Streitbeilegung in individuellen Streitfällen zwischen Reisenden und Verkehrsunternehmen“ ist. Allein im Jahr 2020 war die SÖP mit über 41.000 Schlichtungsverfahren betraut, 84 Prozent dieser Fälle waren Beschwerden von Flugreisenden.
Allerdings brauchen Sie bei diesem Weg, Ihr Geld zurückzufordern, Geduld. Bis Sie einen Schlichtungsvorschlag unterschrieben haben und letztendlich Ihre Entschädigung in den Händen halten, können einige Monate vergehen.
Wichtig: Um von diesem Angebot Gebrauch machen zu können, müssen Sie als Flugreisender immer zuerst selbst den Kontakt mit zur Fluggesellschaft aufnehmen und wegen der Flugverspätung Entschädigung einfordern.
Übrigens: Wenn Ihr Flug während einer Geschäftsreise Verspätung hat, kann Ihnen die SÖP nicht helfen. In diesem Fall sollten Sie einen Blick auf die Angebote von Fluggastrechte-Portalen werfen, die wir Ihnen weiter unten in diesem Ratgeber vorstellen. Manche dieser Portale bieten auch für Flugverspätungen von Geschäftsreisenden eine Lösung an.
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Wer keine Rechtsschutzversicherung besitzt, die Kosten für einen privaten Anwalt scheut und so schnell wie möglich die geldwerte Entschädigung erhalten möchte, kann sich mithilfe von Fluggastrechte-Portalen selbst um die Rückforderung kümmern. Hier müssen Sie vorab keinen eigenständigen Kontakt mit der Fluggesellschaft aufnehmen und Sie haben die Wahl zwischen verschiedenen Anbietern.
Vorsicht: Die Portale und deren Angebote weisen zum Teil große Unterschiede auf, insbesondere im Hinblick auf die Höhe der Provision.
In der Regel können Sie zwischen einer Sofortentschädigung und einer Entschädigung mithilfe des Inkasso-Modells wählen. Der zentrale Vorteil der Sofortentschädigung steckt bereits im Namen. In der Regel erhalten Sie Ihr Geld unmittelbar vom Fluggastrechte-Portal, indem dieses in Vorleistung geht und Ihnen damit gewissermaßen Ihren Fall „abkauft“. Allerdings ist der Preis für diese Direktentschädigung eine hohe Provision. Diese kann je nach Anbieter bis zu 45 Prozent der Ihnen zustehenden Entschädigung betragen kann. Vorteil: Die Kosten und Risiken Ihrer Entschädigungsforderung trägt der Sofortentschädiger.
Vergleichsweise niedrig ist die Provision für die Sofortentschädigung beim Anbieter EUFlight. Die „Servicegebühr“ liegt bei circa 30 bis 43 Prozent zuzüglich Mehrwertsteuer. Wichtig: Auch, wenn EUFlight Ihre Ansprüche nicht bei Ihrer Airline einfordern kann, können Sie die Entschädigungszahlung behalten.
Bei Fluggastrechtsportalen, die das Inkasso-Modell anwenden, ist die Provision in der Regel etwas niedriger. Flightright gibt eine Provisionsspanne von ungefähr 24 bis 36 Prozent pro Fall an. Prüfen Sie Ihren Entschädigungsanspruch mit dem Flightright-Rechner, wird Ihnen bereits vor Auftragsabgabe die genaue Höhe der Provision angezeigt. Schließen Sie bei Flightright zusätzlich eine Reiseversicherung ab, dann können Sie der Provisionszahlung sogar komplett entgehen – je nach Höhe Ihrer Entschädigungszahlung kann sich das rechnen. Jedoch kann Flightright Ihnen einen Anwaltszuschlag von 16,66 Prozent von der Entschädigung berechnen. Im ungünstigsten Fall zahlen Sie hier über 50 Prozent Provision.
Bei FairPlane haben Sie die Möglichkeit, eine Reiseversicherung abzuschließen, die den Namen FairTravel trägt. Greift die Versicherung, fällt keine Provisionsgebühr an. Ohne die FairTravel-Versicherung zahlen Sie eine Provision von 24 bis 35 Prozent bei Fairplane. Mehr Zeit müssen Sie einplanen, wenn Sie den Weg über Inkasso-Dienstleister wählen.
Prüfen Sie, ob Ihnen eine Entschädigung bei Flugverspätung zusteht
Besonders günstig fordern Sie Ihr Recht ein, wenn Sie zuerst selbst mit der Fluggesellschaft in Kontakt treten und daraufhin die Hilfe der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) in Anspruch nehmen
Sehr schnell erhalten Sie Ihre Entschädigung mithilfe eines Sofortentschädigers. Auf diesem Weg zahlen Sie allerdings eine (hohe) Servicegebühr oder Provision.
Etwas länger müssen Sie bei Entschädigungsforderungen über Inkasso-Dienstleister auf Ihr Geld warten. Dafür sind die Provisionen hier etwas niedriger
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