Eine Erwerbsminderungsrente erhalten Arbeitnehmer, die nach einem Unfall oder einer Krankheit nicht mehr arbeiten können. In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie Sie die Erwerbsminderungsrente erhalten, worauf Sie beim Antrag achten sollten und welche Möglichkeiten Sie bei Erwerbsunfähigkeit noch haben. Direkt zu Beginn haben wir für Sie das Wichtigste in Kürze sowie unsere spannenden Tipps und Empfehlungen zusammengefasst!
Wer erwerbsunfähig wird, verliert von jetzt auf gleich nicht nur seinen Job, sondern auch die finanzielle Grundlage – der Ruin droht. Für viele Menschen ist dieses Szenario und der Verlust der Erwerbsfähigkeit Realität: Pro Jahr stellen mindestens 350.000 Menschen bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) einen Antrag auf die Erwerbsminderungsrente. Laut DRV beziehen bereits 1,8 Millionen Menschen in Deutschland eine Erwerbsminderungsrente.
Aber was ist die Erwerbsminderungsrente eigentlich? Eine Erwerbsminderung wird einer Person attestiert, die durch eine Krankheit oder Verletzung eine berufliche Tätigkeit nur noch eingeschränkt ausüben kann. Je nach Grad der Erwerbsminderung stehen per Gesetz entweder eine volle Erwerbsminderungsrente, eine Teil-Erwerbsminderungsrente oder gar keine Erwerbsminderungsrente zu.
Was genau hinter dem Begriff Erwerbsminderung steckt, ist auf den ersten Blick oft nicht ersichtlich. Verständlicher wird die gesetzliche EMR in Abgrenzung zu Berufsunfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit:
Damit Sie überhaupt einen Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente haben, müssen Sie vor dem Verlust Ihrer Arbeitsfähigkeit mindestens fünf Jahre gesetzlich rentenversichert gewesen sein. Innerhalb dieser fünf Jahre müssen Sie zusätzlich mindestens drei Jahre lang Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Die drei Jahre Einzahlung müssen nicht zusammenhängen – Unterbrechungen sind zulässig, solange Sie im Zeitraum von fünf Jahren insgesamt drei Jahre eingezahlt haben. Diese Frist wird auch als allgemeine Wartezeit bezeichnet.
Allerdings gibt es bei der Wartezeit einige Ausnahmen: Haben Sie beispielsweise Kindergeld oder Arbeitslosengeld erhalten, werden diese Zeiten in der allgemeinen Wartezeit berücksichtigt. Auch Kindererziehungszeiten oder Pflegezeiten werden für die Wartezeit zum Teil anerkannt.
Die allgemeine Wartezeit kann in manchen Fällen sogar vorzeitig erfüllt sein. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit erwerbsunfähig werden.
Wie hoch Ihre individuelle Erwerbsminderungsrente ausfällt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Unabhängig von der individuellen Höhe der Erwerbsminderungsrente, reicht die Erwerbsminderungsrente nur in seltenen Fällen, um den Lebensunterhalt zu finanzieren. Häufig liegt die Erwerbsminderungsrente sogar bei weniger als einem Drittel des letzten Bruttogehalts. Wenn Sie also infolge einer Erwerbsunfähigkeit auf eine Erwerbsminderungsrente angewiesen sind, werden Sie also sehr wahrscheinlich mit drastischen Einkommensverlusten konfrontiert. Entscheidend für die Höhe Ihrer Rente sind Ihre Versicherungsjahre sowie die Anzahl Ihrer Rentenpunkte.
Tipp: Gesetzlich Versicherte erhalten ab dem Alter von 27 Jahren jährlich eine Renteninformation, in der auch die Höhe der Erwerbsminderungsrente aufgeführt ist. Die Deutsche Rentenversicherung erklärt auf ihrer Internetseite zudem mithilfe einer Formel verständlich, wie Sie die Höhe Ihrer Rente ganz einfach selbst berechnen.
Für die Höhe Ihrer Erwerbsminderungsrente ist maßgeblich, ob Sie eine volle Erwerbsminderungsrente oder eine halbe Erwerbsminderungsrente erhalten. Können Sie jegliche Berufe nur noch weniger als drei Stunden täglich ausüben, haben Sie einen vollen Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente. Ist es Ihnen möglich, zwischen drei und sechs Stunden pro Tag zu arbeiten, steht Ihnen nur eine halbe Erwerbsminderungsrente zu. Einzige Ausnahme: Sie könnten zwar zwischen drei und sechs Stunden pro Tag in einem Beruf arbeiten, die aktuelle Arbeitsmarktsituation ist allerdings so schwierig, dass Sie keinen Job finden. Dann können Sie einen Anspruch auf die volle Erwerbsminderungsrente prüfen lassen.
Aber auch Ihr Alter beziehungsweise Ihr Geburtsdatum ist entscheidend für Anspruch und Höhe Ihrer Erwerbsminderungsrente. Sind Sie vor dem 2. Januar 1961 geboren worden, haben Sie bereits einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente, wenn Sie in Ihrem aktuellen Beruf nicht mehr arbeiten können. Damals galt bei der Erwerbsminderungsrente nämlich noch der Berufsschutz. Auch bei über sechs Stunden Erwerbsfähigkeit pro Tag erhalten Sie zumindest die halbe Erwerbsminderungsrente. Sind Sie hingegen nach 1961 geboren worden, gilt Ihre Erwerbsfähigkeit für alle Berufe, Sie genießen keinen Berufsschutz. Können Sie mehr als sechs Stunden am Tag einer Tätigkeit nachgehen, haben Sie außerdem gar keinen Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente, sofern Sie nach dem 2. Januar 1961 geboren wurden.
Die folgende Tabelle verdeutlicht, wann genau Sie Anspruch auf die volle Erwerbsminderungsrente haben und wann Ihnen nur eine halbe Erwerbsminderungsrente ausgezahlt wird.
Erwerbsfähigkeit | Anspruch auf Erwerbsminderungsrente |
---|---|
weniger als drei Stunden täglich erwerbsfähig | voll |
zwischen drei und sechs Stunden täglich erwerbsfähig | halb (bei Arbeitslosigkeit aufgrund der Arbeitsmarktsituation: voll) |
sechs oder mehr Stunden täglich (und vor dem 2. Januar 1961 geboren) | halb |
sechs oder mehr Stunden täglich (und nach dem 2. Januar 1961 geboren) | kein |
Die Erwerbsminderungsrente reicht für die meisten Menschen kaum zum Leben aus. Damit sie alleine über die Runden kommen, arbeiten viele Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente erhalten, daher auf Minijob-Basis nebenher. Und das ist per Gesetz auch erlaubt: Sowohl bei vollem, als auch bei halbem Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente mit Abschlag dürfen Sie sich durch eine geringfügige Beschäftigung Geld dazu verdienen. Die Hinzuverdienstgrenze liegt seit 2023 bei 17.823,75 Euro.
Lassen Sie sich vor Beginn einer Tätigkeit von der Deutschen Rentenversicherung beraten. Denn die Höhe des Zuverdienstes ist bei Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente beziehen, beschränkt. Bei voller Erwerbsminderung dürfen Sie pro Kalenderjahr zum Beispiel nicht mehr als 6.300 Euro verdienen. Ansonsten wird Ihre Rente entweder gekürzt oder vollständig gestrichen.
Da die Erwerbsminderungsrente sehr oft nicht ausreicht, um über die Runden zu kommen und gesundheitlich auch kein Nebenjob möglich ist, sollten Sie prüfen, ob Ihnen eine zusätzliche Grundsicherung zusteht. Denn die Grundsicherung steht nicht nur Menschen zu, die gar keine Einkünfte haben, sondern auch wenn die Erwerbsminderungsrente zu niedrig ist.
Wichtig: Damit Sie von vornherein finanziell gut abgesichert sind, raten wir Ihnen unbedingt zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese zahlt oft schon, wenn Sie 50 Prozent Ihrer Berufsfähigkeit verlieren. Die Höhe der monatlichen Rente können Sie außerdem vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung selbst bestimmen, sie ist in der Regel deutlich höher als die Erwerbsminderungsrente und reicht, um den Lebensunterhalt finanziell auch nach Verlust der Berufsfähigkeit zu stemmen. Ein weiterer wichtiger Vorteil: Die Berufsunfähigkeitsversicherung springt finanziell außerdem bereits ein, wenn Sie nur in Ihrem Beruf nicht mehr arbeiten können. Dann müssen Sie auch keinen anderen Beruf annehmen, wenn Sie zum Beispiel als Maler durch eine Allergie nicht mehr mit Farbe arbeiten können.
Extra-Tipp: Ihr Antrag auf Erwerbsminderung kann von der Deutschen Rentenversicherung auch abgelehnt werden. Die Praxis zeigt, dass über 40 Prozent der Anträge auf Erwerbsminderungsrente abgelehnt werden. Damit Sie ohne finanziellen Mehraufwand einen Widerspruch einreichen können, empfehlen wir Ihnen eine Rechtsschutzversicherung.
Im Rechtsschutz-Ratgeber erfahren Sie, wie Sie sich am besten versichern. Wer keine private Rechtsschutzversicherung abschließen möchte, kann eine Mitgliedschaft in einem Sozialverband in Erwägung ziehen, zum Beispiel beim größten Sozialverband VdK. Als Mitglied erhalten Sie dann häufig eine kostenlose rechtliche Unterstützung beim Widerspruch gegen eine Ablehnung der Erwerbsminderungsrente.
Ob Erwerbsminderung oder nicht – hilfreich ist immer eine private Vorsorge, nur eine von vielen Möglichkeiten zur privaten Vorsorge ist die Riester-Rente.
Werden Sie erwerbsunfähig, verlieren Sie Ihren Beruf und können nicht mehr in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Damit fehlen Ihnen viele Beitragsjahre, die Erwerbsminderungsrente wird trotzdem nur bis zum offiziellen Renteneintritt gezahlt. Wer früher in die offizielle Rente geht, muss mit Abschlägen rechnen.
Damit Sie trotz verminderter Erwerbsfähigkeit im Alter eine Rente beziehen können, werden Sie bei der Deutschen Rentenversicherung fiktiv so behaltet, als würden Sie bis zum Renteneintritt einfach weiterarbeiten und regelmäßige Rentenversicherungsbeiträge zahlen. In diesem Fall spricht die Deutsche Rentenversicherung von der sogenannten Zurechnungszeit. Die Zurechnungszeit läuft für Erwerbsminderungsrentner, die vor 2018 einen Antrag gestellt haben, allerdings nur bis zum 62. Geburtstag. Für Anträge, die ab 2018 eingereicht werden, steigt die Zurechnungszeit dank Gesetzesänderungen kontinuierlich.
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Erwerbsunfähige, deren Anträge auf Erwerbsminderungsrente ab 2018 bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) eingehen, erhalten eine Zurechnungszeit bis zum Alter von 62 und drei Monaten. In den kommenden Jahren soll die Dauer der Zurechnungszeit an das aktuelle Rentenniveau und damit an den späteren Renteneintritt angepasst werden: Bis zum Jahr 2031 wird die Zurechnungszeit kontinuierlich auf 67 Jahre erhöht werden.
Wichtig: Lassen Sie sich vor Beginn einer Tätigkeit von der Deutschen Rentenversicherung beraten. Denn die Höhe des Zuverdienstes ist bei Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente beziehen, beschränkt. Bei voller Erwerbsminderung dürfen Sie pro Kalenderjahr zum Beispiel nicht mehr als 6.300 Euro verdienen. Ansonsten wird Ihre Rente entweder gekürzt oder vollständig gestrichen.
Wie bei allen Altersrenten fallen auch bei der Erwerbsminderungsrente Rentenabschläge an, wenn Sie vorzeitig eine Rente beziehen. Werden Sie also vor Ihrem Renteneintritt erwerbsunfähig und erhalten eine volle oder halbe Erwerbsminderungsrente, wird Ihnen jeden Monat, der Ihnen zum offiziellen Renteneintritt fehlt, die Erwerbsminderungsrente um 0,3 Prozent gekürzt. Die maximale Kürzung liegt allerdings bei 10,8 Prozent.
Prüfen Sie Ihre finanziellen Möglichkeiten. Oft lohnt es sich trotz Erwerbsminderungsrente freiwillig in die Rentenversicherung einzuzahlen. Natürlich nur wenn Sie die freiwilligen Beiträge trotz Erwerbsunfähigkeit problemlos aufbringen können.
Wenn Sie aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls keiner beruflichen Tätigkeit mehr nachgehen können, müssen Sie bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag stellen. In der Regel wird Ihnen die Erwerbsminderungsrente allerdings erst ab dem siebten Monat nach Eintritt der Erwerbsminderung gezahlt. Davor haben Sie Anspruch auf Krankengeld und damit ist Ihre gesetzliche Krankenversicherung ist in der Pflicht.
Stellen Sie Ihren Antrag auf Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung der nötigen Formulare zeitnah, denn erfahrungsgemäß benötigt die Rentenversicherung einige Zeit, um Ihre Antragstellung zu prüfen. Für Ihren Antrag sollten Sie die Namen und Anschriften Ihrer behandelnden Ärzte kennen, Ihre Krankenhaus- bzw. Reha-Aufenthalte auflisten können und eine chronologische Liste Ihrer bisherigen Beschäftigungsverhältnisse beifügen. Welche Formulare Sie im Detail benötigen, können Sie auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung nachlesen.
Nach Ihrer Antragstellung prüft die Deutsche Rentenversicherung mit eigenen Gutachtern, ob und in welchem Umfang Sie aus medizinischer Sicht noch arbeiten können. Darüber hinaus stellen die Rentenversicherungsträger sicher, dass Sie bereits fünf Jahre rentenversicherungspflichtig sind und mindestens drei Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben.
Da Sie als Selbstständiger nicht verpflichtend in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen, haben Sie auch nicht automisch einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente. Alternativ können Sie als Selbstständiger freiwillig in die gesetzliche Versicherung einzahlen und müssen die gleichen Voraussetzungen erfüllen, wie gesetzlich verpflichtete Beitragszahler.
Unsere Empfehlung: Als Selbstständiger tragen Sie das volle Risiko. Wir raten Ihnen daher, sich unbedingt privat zu versichern, zum Beispiel mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung.
Können Sie nach einem Unfall oder durch eine Krankheit weniger als sechs Stunden pro Tag arbeiten? Dann stellen Sie einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente.
Wer weniger als drei Stunden am Tag arbeiten kann, erhält eine volle Erwerbsminderungsrente. Können Sie nicht mehr als sechs Stunden pro Tag arbeiten, haben Sie Anspruch auf die halbe Erwerbsminderungsrente.
Die Erwerbsminderungsrente reicht nur in den seltensten Fällen, um den Lebensunterhalt zu finanzieren. Schließen Sie daher am besten freiwillig eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab.
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