Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) dient dem Schutz von Arbeitnehmern vor unkontrollierter Arbeitszeit. Kern des Arbeitszeitschutzgesetzes ist die Regelung der täglich zulässigen Höchstarbeitszeit, der Mindestruhepausen und der gesetzlichen Ruhezeiten sowie Sonn- und Feiertagsarbeit. In diesem Artikel verraten wir Ihnen, welche Rechte Arbeitnehmer und welche Pflichten Arbeitgeber haben – zu Beginn gibt’s direkt die besten Empfehlungen und Tipps.
Hintergründiges Ziel des Arbeitszeitgesetzes sind die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Arbeitnehmern. Neben dem Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer bietet die Einhaltung des Gesetzes durch die Arbeitgeber für diese natürlich auch Vorteile. Übermüdete Mitarbeiter sind unkonzentriert und machen Fehler. In einigen Berufsgruppen, beispielsweise in den Heilberufen oder der Personenbeförderung kann fehlende Konzentration fatale Folgen haben.
Gerade bei jüngeren Arbeitnehmern und Berufsanfängern tauchen im Zusammenhang mit der Arbeitszeit immer wieder die gleichen Fragen auf. Die häufigsten Fragen klingen einfach, bekommen aber in Verbindung mit dem Arbeitszeitgesetz durchaus Tiefgang.
Wer ab und an einmal Urteile der Sozialgerichte liest, stellt schnell fest, dass der Begriff Arbeitszeit gar nicht so einfach zu klären ist, wie man annimmt. Bricht sich ein Arbeitnehmer den Fuß auf dem Weg zur Zigarettenpause, wird dieser Gang nicht unbedingt der Arbeitszeit zugerechnet.
Bricht er sich den Fuß auf dem Weg zur Toilette, ist dem allerdings so. Dieser Gang basiert auf einer menschlichen Notwendigkeit, die sich losgelöst von Suchterscheinungen (Zigarette) auf die Qualität der Arbeit auswirkt.
Der Weg zum Arbeitsplatz gilt zwar nicht als Arbeitszeit, hat bei einem Unfall allerdings sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen (Leistung durch Berufsgenossenschaft).
Im Sinne des Arbeitszeitgesetzes gilt als Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen.
Grundsätzlich gilt das Arbeitszeitgesetz für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Lediglich für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unter 18 Jahren gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz (§ 18 ArbZG). Da es keine Regel ohne Ausnahme gibt, listet § 18 Arbeitszeitgesetz den Personenkreis auf, für den der Gesetzestext keine Anwendung findet. Dazu zählen:
Wichtig: Das Arbeitszeitgesetz hat keine Gültigkeit für Beamte und Soldaten. Für Beamte gelten gesonderte Regelungen auf der Basis es Beamtengesetzes, die entsprechend Bundesland oder Bund unterschiedlich ausfallen. Für Soldaten gilt die Soldatenarbeitszeitverordnung.
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Auch wenn der Tarifvertrag eine Wochenarbeitszeit vorgibt, ist damit nicht sichergestellt, dass diese auch eingehalten wird. Angenommen, ein Mitarbeiter eines Architekturbüros muss einen Bauplan am Montagmorgen beim Bauamt vorlegen, um die Frist zu wahren. Er ist aber noch nicht fertig. Er kann es sich kaum leisten, am Freitag auf die Uhr zu schauen und zu sagen, die Wochenarbeitszeit sei erreicht und die Arbeit niederzulegen.
Die Schicht einer Krankenschwester mag beendet sein, drei Patienten warten aber noch auf ihr Mittagessen. Es ist anzunehmen, dass diese Schwester ihre Tagesarbeitszeit überzieht und ihre Schicht erst beendet, wenn die Mahlzeiten vollständig verteilt sind.
§ 3 ArbZG geht von einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden, unabhängig vom Tarifvertrag, aus. Das klingt gut in der Theorie, aber unsere beiden Praxisbeispiele zeigen, dass es kontinuierlich Ausnahmen gibt. Die Frage, darf man zwölf Stunden arbeiten, lässt sich leider nicht pauschal beantworten.
Die tägliche Arbeitszeit darf bis zu zehn Stunden betragen, wenn nachfolgend folgende Kriterien erfüllt werden:
Innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen darf die Summe der täglichen Arbeitszeit im Mittel acht Stunden nicht übersteigen.
Wer drei Tage lang zehn Stunden gearbeitet hat, darf in den nächsten sechs Monaten oder 24 Wochen drei Tagen bereits nach sechs Stunden Arbeitszeit nachhause gehen. Damit ist der statistische Mittelwert von acht Stunden am Tag wieder hergestellt.
Leider sind auch dies eher theoretische Ansätze. Bei Unternehmen, die ihre Dienstleistung oder ihre Produktion innerhalb enger Fristen erbringen müssen, sind Überstunden eher die Regel als die Ausnahme. Ein Vertriebsmitarbeiter, dessen Zahlen nicht stimmen, wird sich bei der Geschäftsleitung keine Freunde machen, wenn er auf das ArbZG verweist.
Bei Werbeagenturen und Start-ups sind längere Arbeitszeiten teilweise im Arbeitsvertrag geregelt. Die Formulierung lautet in etwa „der Arbeitnehmer passt seine Arbeitszeit an den Bedarf des Unternehmens an“. Dass in diesem Fall nicht von Kurzarbeit die Rede ist, kann sich jeder denken.
Früher oder später muss der Arbeitgeber jedoch die Option einräumen, aufgelaufene Überstunden „abzufeiern“. Auf der anderen Seite freuen sich viele Arbeitnehmer, wenn Überstunden ausbezahlt werden. Die meisten Mitarbeiter im Gesundheitswesen sind auf das Mehreinkommen aus Überstunden regelrecht angewiesen.
Paragraf 14 ArbZG sieht noch eine andere Abweichung vor. Hintergrund ist eine mögliche Dringlichkeit im Zusammenhang mit der Tätigkeit. Auf den Punkt gebracht heißt das:
Eine Fuhre Salat wird an einem Freitagabend um 17 Uhr in einem Kühlhaus angeliefert. Die Lagerarbeiter berufen sich auf ihre Arbeitszeit und gehen nach Hause. Der Salat, nicht gekühlt, ist am Montagmorgen verdorben.
Ein Mitarbeiter in einem Labor hat einen Test laufen. Fünf Minuten vor Ende des Tests endet seine Arbeitszeit, er geht nach Hause. Das Testergebnis ist am nächsten Morgen verfälscht und wertlos.
Beispiele aus dem Pflegebereich hatten wir bereits angeführt. Für diese Sachverhalte sieht Paragraf 14 Arbeitszeitgesetz folgende Regelung vor:
Eine Abweichung der wöchentlichen Arbeitszeit ist in diesen Fällen zulässig, wenn die wöchentliche Arbeitszeit innerhalb der nächsten sechs Monaten oder 24 Wochen durchschnittlich 48 Stunden nicht überschreitet. Dieser Sachverhalt zeigt, dass das Arbeitszeitgesetz nur einen Rahmen vorgibt. Individuelle Absprachen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind darüber hinaus dennoch zulässig.
Manch ambitionierter Investmentbanker mag auch am Sonntag im Büro anzutreffen sein. Im Gegensatz zur Sonn- und Feiertagsarbeit von Mitarbeitern des öffentlichen Personenverkehrs, der Polizei, Feuerwehr oder im Gesundheitswesen fehlt in diesem Fall aber ein wenig die gesellschaftliche Notwendigkeit. Paragraf 10 ArbZG regelt, für welche Berufsgruppen die Einschränkung auf Sonn- und Feiertagsarbeit nicht anwendbar ist.
Grundsätzlich gilt, dass Arbeitnehmer gemäß Paragraf 9 Arbeitszeitgesetz an Sonntagen und Feiertagen in der Zeit zwischen 0:00 Uhr und 24:00 nicht zu beschäftigen sind. Handelt es sich um ein Unternehmen mit Mehrschichtbetrieb, können Beginn und Ende um sechs Stunden nach vorne oder nach hinten verlegt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass das Unternehmen für die folgenden 24 Stunden die Tätigkeit einstellt.
Rechtlich gesehen zählen Ruhepausen nicht zur Arbeitszeit. Zu Zeiten der Stechkarten musste sich „ausstechen“, wer in die Kantine zum Mittagessen ging. Der klassische Acht-Stunden-Tag ging bekanntermaßen von acht bis halb fünf. Die halbe Stunde Differenz ergab sich aus der Mittagspause. Achteinhalb Stunden Aufenthalt in der Firma wurden auf der Basis einer Arbeitszeit von acht Stunden entlohnt.
Auch wenn Pausen nicht bezahlt werden, spielen sie im Arbeitsalltag eine rechtlich-relevante Rolle. Beschließt ein Arbeitnehmer, jeden Tag acht Stunden am Stück durchzuarbeiten, darf der Arbeitgeber dies aus Fürsorgegründen nicht hinnehmen. Paragraf 4 ArbZG sieht hier ganz klare Vorgaben:
Neben den täglichen Ruhepausen während der Arbeitszeit gibt es im Rahmen des Paragraf 4 Arbeitszeigesetz noch eine weitere Ruheregelung.
Zwischen zwei Arbeitstagen muss eine Pause von mindestens elf Stunden liegen. Angenommen, es gab eine betriebliche Veranstaltung, beispielsweise eine Kundenpräsentation, die um 23 Uhr endete. Der Arbeitgeber ist gehalten, darauf zu achten, dass die betrieblichen Teilnehmer am nächsten Tag frühestens um 10 Uhr ihre Arbeit wieder aufnehmen, auch wenn sie sonst üblicherweise um sieben Uhr am Schreibtisch sitzen.
Das Beispiel der Messe Frankfurt GmbH ist in Bezug auf Pausenregelung auch interessant. War ein Mitarbeiter an einem Sonntag aufgrund einer Messe beruflich aktiv, darf er am darauffolgenden Wochenende weder eine eigene Messe begleiten, noch, aus welchen beruflichen Gründen auch immer, eine fremde Messe aufsuchen.
Seit rund 40 Jahren gelten Bildschirmarbeitsplätze als fester Bestandteil im Büroalltag. Waren es in den achtziger Jahren noch reine Erfassungsarbeiten, steht heute in den Büros auf jedem Schreibtisch ein PC. Fehlt der PC, ist die Kündigung nur noch eine Frage der Zeit.
Der Gesetzgeber hat diesem Umstand besondere Rechnung gezollt. Über das Arbeitszeitgesetz mit seinen Pausenregelungen gibt die Bildschirmarbeitsplatzverordnung (BildscharbV) noch weitere Vorgaben. Sie sieht zwar keine konkreten Zeiten vor, nimmt den Arbeitgeber aber in die Pflicht, für ausreichend Pausen zu sorgen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin die Bildschirmarbeit nicht im Wechsel mit anderen Tätigkeiten ausführt. Empfehlungen gehen dahin, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin nach 50 Minuten intensiver Bildschirmarbeit eine Pause von fünf bis zehn Minuten einlegen sollte, um die Augen wieder zu entlasten.
Wichtig: Bildschirmpausen zählen nicht zu den übrigen Pausen, beispielsweise Mittagspause. Sie werden auf die Pausenzeit nicht angerechnet, sondern voll vergütet
Das Folgende hat zwar nichts mit dem Thema Arbeitszeitgesetz zu tun, stellt aber eine wichtige Information für Arbeitnehmer mit Bildschirmtätigkeit dar:
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Nach dem kleinen Ausflug in das Gebiet der Bildschirmarbeit und deren Arbeitszeitdefinition in Bezug auf die Pausen kommen wir jetzt noch einmal auf das Arbeitszeitgesetz zurück. Die Frage ist, wie sieht es bei Verstößen aus?
Vorab, der einzige, der haftbar gemacht werden kann, ist der Arbeitgeber. Zunächst gilt, dass der Arbeitgeber eine Aushangs- und Informationspflicht zur Arbeitszeitregelung hat. Kommt er dieser nicht nach und toleriert Verstöße dagegen, wird dies als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld bis zu einer Höhe von 15.000 Euro belegt (Paragraf 22 ArbZG).
Nimmt der Arbeitgeber gesundheitliche Beeinträchtigungen seines Arbeitnehmers durch Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz billigend in Kauf, handelt es sich um eine Straftat im Sinne des Nebenstrafrechts. Diese wird mit Geldstrafen oder Haftstrafe bis zu einem Jahr geahndet.
Der Arbeitsalltag lässt die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes leider nicht immer zu. Überstunden lassen sich in vielen Berufszweigen nicht vermeiden. Dennoch sollten Arbeitnehmer, sofern finanziell machbar, die Freizeit einer Ausbezahlung der Überstunden vorziehen. Die Häufung des Burnout-Syndroms bei Arbeitnehmern zeigt, dass der innere Akku aufgeladen werden muss, nicht unbedingt das Bankkonto.
Das ArbZG schützt Arbeitnehmer und nimmt Arbeitgeber in die Pflicht.
Arbeitnehmer sollten Ihre Rechte wahrnehmen und Ihren Arbeitgeber auf Missstände hinweisen.
Doch auch Arbeitnehmer haben die Pflicht, sich an die Regeln des Arbeitsschutzgesetzes zu halten. Sie sollten zum Beispiel unbedingt gesetzliche Pausenzeiten und selbstverständlich auch maximale Arbeitszeiten beachten.
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