Stellen Sie sich vor, Sie erleiden eine Verletzung oder erkranken plötzlich – können Sie dann noch arbeiten? Wo hört in dieser Situation die Arbeitsunfähigkeit auf und wo fängt die Berufsunfähigkeit an? Erfahren Sie, wie sich Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit voneinander unterscheiden und welche Auswirkungen dies auf Ihren finanziellen Schutz hat. Entdecken Sie die entscheidenden Faktoren, die Ihre Absicherung im Ernstfall maßgeblich beeinflussen und welche Maßnahmen Sie ergreifen können, um Ihre Zukunft abzusichern. Das Wichtigste in Kürze sowie unsere redaktionellen Empfehlungen finden Sie direkt zu Beginn!
Die Begriffe arbeitsunfähig und berufsunfähig werden oft synonym verwendet. In der Definition unterscheiden sie sich aber. Genau diese Unterschiede können entscheidend dafür sein, ob jemand Geld von seiner Versicherung bekommt oder nicht.
Wer aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend nicht mehr in der Lage ist, seiner Arbeit nachzugehen, gilt als arbeitsunfähig. Ein Grund dafür kann eine Risikoschwangerschaft sein, ein Beinbruch oder auch eine schwere Erkrankung. Wichtig dabei ist nur: Der Arzt muss die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen, den Betroffenen also krankschreiben.
Gesetzlich Versicherte, die krankgeschrieben sind, bekommen von ihrem Arbeitgeber sechs Wochen lang weiterhin ihr normales Gehalt. Sollte der Arbeitnehmer auch darüber hinaus noch arbeitsunfähig sein, springt die gesetzliche Krankenversicherung ein: Sie übernimmt 70 Prozent des Bruttoeinkommens, maximal 90 Prozent des Nettoverdienstes. Davon müssen Sie als Versicherter bei Bezug aber noch die Sozialversicherungsbeiträge, ohne Krankenkassen, abziehen.
Beispiel: Einem kinderlosen Single bleiben bei einem Bruttoverdienst von 2.500 Euro am Ende rund 1.300 Euro Krankengeld.
Wichtig dabei ist, dass diese Regelung nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze gilt. Der gesetzliche Höchstbeitrag liegt 2021 bei 112,88 Euro pro Tag. Anspruch darauf haben Sie maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren (§48 Satz 1 SGB V). Die 78 Wochen verkürzen sich um Zeiten, in denen der Anspruch auf das Krankengeld ruht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Versicherte Mutterschaftsgeld bezieht oder während der sechswöchigen Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers. In der Regel erhält ein Arbeitnehmer also 72 Wochen lang Krankengeld.
Versicherte, denen das Krankengeld nicht reicht oder Pivatversicherte, die keine Leistung erhalten, können sich mit einer privaten Krankentagegeld-Versicherung absichern.
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Ein wesentliches Merkmal der Arbeitsunfähigkeit ist, dass es sich bei ihr nicht um einen Dauerzustand handelt. Bei einer Einstufung des Arztes als arbeitsunfähig, geht der Arzt davon aus, dass sich der Zustand des Erkrankten durch Behandlungen so weit verbessern lässt, dass er wieder arbeiten kann. Private Berufsunfähigkeitsversicherungen bezahlen die vereinbarte Rente erst dann, wenn genau das nicht mehr der Fall ist. Denn: Wer seinen Beruf, wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung war, voraussichtlich nicht mehr ausüben kann, ist berufsunfähig.
Ob nach einem Unfall oder einer Krankheit dauerhafte Schäden zurückbleiben, ist allerdings in vielen Fällen nicht leicht einzuschätzen. Bei guten Berufsunfähigkeitstarifen gibt es aus diesem Grund eine Rente, sobald die Berufsunfähigkeit (BU) voraussichtlich länger als sechs Monate bestehen wird. Das reicht den Anbietern, um davon auszugehen, dass auf absehbare Zeit keine Besserung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist.
Die Versicherung kann aber in regelmäßigen Abständen prüfen, ob der Kunde noch immer berufsunfähig ist. Sollte es ihm wider Erwarten deutlich besser gehen, kann die Berufsunfähigkeitsversicherung die Zahlungen stoppen. Versicherte müssen aber nichts zurückzahlen. Die Überweisungen enden auch, wenn der Versicherte einen neuen Job gefunden hat, der mit seiner vorherigen Tätigkeit vergleichbar ist. Um die Berufsunfähigkeitsrente zu erhalten, muss der Betroffene aber nicht komplett berufsunfähig sein, sondern lediglich einen BU-Grad von 50 Prozent erreichen. Das bedeutet, dass er mindestens die Hälfte seiner Leistungsfähigkeit eingebüßt hat und dadurch nicht mehr für seinen Beruf wichtige Tätigkeiten verrichten kann.
Ob der Versicherte als berufsunfähig gilt, entscheidet aber nicht der behandelnde Arzt, sondern das Versicherungsunternehmen. Dieses überprüft anhand medizinischer Unterlagen und einer genauen Tätigkeitsbeschreibung, ob der notwendige BU-Grad für erfüllt gilt.
Arbeitnehmer, die sechs Monate lang arbeitsunfähig sind, gelten nicht automatisch als berufsunfähig. Auch bei längeren Krankheiten, wie zum Beispiel einem Bänderriss, kann nämlich eine vollständige Genesung von Anfang an absehbar sein. Es gibt aber immer mehr Berufsunfähigkeitsversicherungen, die schon bei Arbeitsunfähigkeit eine monatliche Rente bezahlen. Dieser Zusatz kostet aber teilweise einen Aufpreis im Vergleich zur regulären Berufsunfähigkeitsversicherung.
Alle Arbeitsunfähigkeitsversicherungen haben gemeinsam, dass der Versicherte mindestens sechs Monate lang arbeitsunfähig sein muss, um eine Leistung zu bekommen. Versicherte sollten bei den Policen aber immer die Details im Auge haben, da sich die Angebote gerade in diesen stark unterscheiden. Die Versicherungszahlung selbst ist in der Regel zeitlich auf 18 oder 24 Monate begrenzt. Für Versicherte ist es von Vorteil, wenn sie nur die Krankschreibung und die Diagnose vorlegen müssen, damit die Versicherung die Leistung bezahlt. Damit spart er sich den Aufwand eines Antragsprozesses der BU. Es gibt aber auch Anbieter, die dieselben Unterlagen verlangen, welche auch nötig wären, um eine reguläre Berufsunfähigkeit zu beantragen.
Eine AU-Klausel ist vor allem für Arbeitnehmer sinnvoll, deren Einkommen im Falle einer Arbeitsunfähigkeit nicht ausreichend durch das Krankentagegeld oder eine private Krankentagegeld-Police abgesichert ist.
Bei einer privaten Krankentagegeld-Versicherung spielt der Unterschied zwischen Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit ebenfalls eine Rolle. Das Krankentagegeld ist dazu da, um die Einkommenslücke zu schließen, die entsteht, wenn ein Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum krank ist und die Lohnfortzahlung beendet ist.
In der Regel endet die Krankentagegeld-Versicherung, sobald die Berufsunfähigkeit festgestellt wird. Die Versicherung kann drei Monate danach ihre Leistungen einstellen, einige Anbieter bezahlen auch noch etwas länger. Es kann zu Schwierigkeiten kommen, falls der Versicherte von der BU-Versicherung rückwirkend eine Rente für den Zeitraum bekommt, in dem er Krankentagegeld bezogen hat. Es besteht dann die Möglichkeit, dass der Versicherer das Geld zurückfordert, wenn das auch so ausdrücklich im Vertrag steht. Das wird dann zum Problem, wenn das Krankentagegeld höher ist als die versicherte Berufsunfähigkeitsrente.
Ein Beispiel: Wenn ein Selbstständiger ein Krankentagegeld von 2.000 Euro im Monat versichert, aber nur 1.500 Euro BU-Rente und sechs Tage lang ersteres bezieht, muss er dieses zurückzahlen. Grund dafür ist, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung rückwirkend ab dem Beginn der Erkrankung leistet. Trotz der Anerkennung der Berufsunfähigkeit hat er nun 3.000 Euro Schulden.
Beim Abschluss von Krankentagegeld sollten Versicherte deshalb beim Abschluss der Police darauf achten, dass die Versicherungen in ihren Bedingungen auf einen solchen Rückforderungsanspruch verzichtet. Ist das nicht der Fall, sollte er mindestens ein Krankentagegeld in der gleichen Höhe wie die BU-Rente wählen. Es ist außerdem sinnvoll, sich beim Antrag auf eine Berufsunfähigkeitsrente von einem Fachanwalt unterstützen zu lassen.
Bewerten Sie Ihre Tätigkeit, Arbeitsbedingungen und die möglichen Risiken im Hinblick auf Arbeitsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit.
Prüfen Sie Ihre bestehenden Versicherungsverträge. Falls Sie noch nicht über eine Arbeitsunfähigkeits- oder Berufsunfähigkeitsversicherung verfügen, sollten Sie eine entsprechende Versicherung in Betracht ziehen.
Lesen Sie die Versicherungsbedingungen sorgfältig durch und achten Sie besonders auf Ausschlüsse, Wartezeiten und die Definitionen von Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit.
Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Versicherungsbedürfnisse und passen Sie die Absicherung gegebenenfalls an. Lebensumstände und berufliche Situation können sich ändern, daher ist es wichtig, dass Ihre Versicherung weiterhin angemessen ist.
* Das bedeutet das Sternchen: Unsere Ratgeber-Artikel sind objektiv recherchiert und unabhängig erstellt. Wir wollen so möglichst vielen Menschen helfen, eigenständig Vermögen aufzubauen und in Finanzfragen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Damit unsere Informationen kostenlos abrufbar sind, werden manchmal Klicks auf Verlinkungen vergütet. Diese sogenannten Affiliate Links kennzeichnen wir mit einem Sternchen. Geld bekommt die finanzen.net GmbH, aber nie der Autor individuell, wenn Leser auf einen solchen Link klicken oder beim Anbieter einen Vertrag abschließen. Ob die finanzen.net GmbH eine Vergütung erhält und in welcher Höhe, hat keinerlei Einfluss auf die Produktempfehlungen. Für die Ratgeber-Redaktion ist ausschließlich wichtig, ob ein Angebot gut für Anleger und Sparer ist.
🌳Das bedeutet das Bäumchen: Anlageprodukte, die im Sinne des Emittenten als nachhaltig klassifiziert werden, zeichnen wir mit einem Bäumchen-Symbol aus.
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