Jeder vierte Erwerbstätige in Deutschland wird statistisch gesehen vor Rentenbeginn berufsunfähig. Doch was bedeutet das für die Betroffenen und wie können sie sich absichern? Dieser Ratgeber gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über die Berufsunfähigkeitsversicherung und erklärt, warum sie zu den wichtigsten Versicherungen für Arbeitnehmer gehört. Empfehlungen sowie die wichtigsten Informationen erhalten Sie gleich zum Einstieg.
Zunächst ist es entscheidend, das Ausmaß des Risikos zu verstehen, das eine Berufsunfähigkeit darstellt. Statistiken zufolge wird etwa jeder vierte Erwerbstätige in Deutschland vor Erreichen des regulären Rentenalters berufsunfähig. Dies ist eine erschreckend hohe Zahl, insbesondere wenn man bedenkt, dass Berufsunfähigkeit jeden treffen kann – unabhängig von der Branche oder der Position.
Die finanziellen Folgen einer Berufsunfähigkeit sind gravierend. Der Wegfall des regelmäßigen Einkommens kann nicht nur den gewohnten Lebensstandard gefährden, sondern auch finanzielle Verpflichtungen, wie Mieten, Kredite oder die Ausbildung der Kinder, in Frage stellen. Es entsteht eine Lücke zwischen den fortlaufenden Ausgaben und dem fehlenden Einkommen, die oft schwer zu schließen ist.
Hinzu kommt, dass die gesetzliche Erwerbsminderungsrente, die in solchen Fällen zum Tragen kommen könnte, oft nur einen Bruchteil des letzten Nettoeinkommens ausmacht. Die genaue Höhe hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Anzahl der bis dahin eingezahlten Beitragsjahre, doch für viele Erwerbstätige ist sie unzureichend, um den finanziellen Bedarf zu decken.
Unter Berufsunfähigkeit versteht man den Zustand, in dem eine Person aufgrund von Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall nicht mehr in der Lage ist, ihren letzten Beruf – so wie sie ihn ohne gesundheitliche Beeinträchtigung zuletzt ausgeführt hat – zu mindestens 50 Prozent nachzugehen. Hierbei geht es explizit um den zuletzt ausgeübten Beruf und nicht irgendeinen anderen Beruf, den die betroffene Person theoretisch noch ausüben könnte.
Dies führt uns zu einem weiteren wichtigen Unterscheidungspunkt: Der Differenzierung zwischen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit. Während die Berufsunfähigkeit sich auf den zuletzt ausgeübten Beruf bezieht, ist bei der Erwerbsunfähigkeit die Fähigkeit gemeint, irgendeine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuführen – unabhängig vom vorherigen Beruf. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt also dann vor, wenn die betroffene Person keinerlei Tätigkeit mehr nachgehen kann, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblich ist, und das unabhängig von der Frage, ob diese Tätigkeit dem bisherigen Berufsbild oder der Qualifikation entspricht.
Die genaue Definition von Berufsunfähigkeit ist entscheidend, denn sie bestimmt, unter welchen Voraussetzungen die BU-Versicherung Leistungen erbringt. Es handelt sich hierbei nicht um eine pauschale Einschätzung, sondern um eine detaillierte Bewertung der individuellen Fähigkeiten und der Anforderungen des letzten Berufs. In der Praxis kann dies bedeuten, dass beispielsweise ein Chirurg, der aufgrund eines Handtraumas nicht mehr operieren kann, als berufsunfähig eingestuft wird, obwohl er theoretisch noch als Allgemeinmediziner arbeiten könnte.
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Die Berufsunfähigkeitsversicherung, oft kurz als BU oder BU-Versicherung bezeichnet, zählt zu den biometrischen Versicherungsprodukten, welche das individuelle Risiko des Versicherten, zum Beispiel aufgrund von Krankheit, gegen einen finanziellen Ausgleich absichern. Doch wie genau funktioniert eine solche Versicherung und was sind ihre Kernmerkmale?
Wenn man von der Berufsunfähigkeitsversicherung spricht, meint man in der Regel eine selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung, die unabhängig von anderen Versicherungsprodukten, wie etwa einer Lebensversicherung, abgeschlossen wird. Der primäre Zweck dieser Versicherung ist es, im Falle einer festgestellten Berufsunfähigkeit eine zuvor vereinbarte monatliche Berufsunfähigkeitsrente an den Versicherten zu zahlen.
Die entscheidende Frage ist natürlich: Ab wann wird gezahlt? Die Auszahlung der BU-Rente setzt voraus, dass der Versicherte seinen zuletzt ausgeübten Beruf zu mindestens 50 Prozent nicht mehr ausführen kann. Es ist hierbei unerheblich, ob die berufliche Einschränkung durch einen Unfall, eine Krankheit oder durch einen mehr als altersentsprechenden Kräfteverfall entstanden ist. Wichtig ist lediglich, dass die Berufsunfähigkeit durch ein ärztliches Gutachten nachgewiesen wird und die prognostizierte Dauer der Berufsunfähigkeit mindestens sechs Monate beträgt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Dauer der Rentenzahlung. Die Versicherungsleistung wird in der Regel so lange gezahlt, wie die Berufsunfähigkeit andauert, allerdings maximal bis zum Ende der vertraglich vereinbarten Versicherungsdauer, die oftmals bis zum Erreichen des Rentenalters festgelegt wird. Sollte der Versicherte vor Ablauf dieser Frist versterben, enden in der Regel auch die Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherung, es sei denn, es wurde zusätzlich eine Todesfallabsicherung vereinbart.
Es ist auch wichtig zu betonen, dass die BU-Versicherung keine einmaligen Kapitalzahlungen vorsieht, sondern ausschließlich auf die Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente ausgerichtet ist. Diese regelmäßige Zahlung soll dazu dienen, das wegfallende Einkommen zumindest teilweise zu ersetzen und somit den Lebensstandard des Versicherten und seiner Familie zu sichern.
Zunächst ist es ratsam, den konkreten Bedarf zu ermitteln. Die Höhe der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente sollte in erster Linie davon abhängen, welcher finanzielle Bedarf im Falle einer Berufsunfähigkeit entstehen würde. Dabei geht es nicht nur um die Deckung laufender Kosten wie Miete, Lebensmittel oder Kredite, sondern auch um die Sicherung des gewohnten Lebensstandards.
Ein weiterer Punkt, der häufig übersehen wird, ist die Frage nach den Ausschlüssen und Einschränkungen im Vertrag. Einige Versicherer schließen bestimmte Krankheiten oder Unfallfolgen von vornherein aus oder setzen hohe Hürden für die Anerkennung einer Berufsunfähigkeit.
Die Definition der Berufsunfähigkeit selbst kann je nach Anbieter variieren. Wie bereits erwähnt, bezieht sich die Berufsunfähigkeit in der Regel auf die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit. Einige Tarife könnten jedoch versuchen, diese Definition zu ihren Gunsten zu erweitern. Ein Beispiel hierfür wäre die sogenannte „abstrakte Verweisung“, bei der der Versicherer im Falle einer Berufsunfähigkeit darauf verweisen könnte, dass der Versicherte noch einen anderen Beruf ausüben könnte, selbst wenn dieser nicht seiner Qualifikation oder Erfahrung entspricht.
Die besten Berufsunfähigkeitsversicherungen haben wir in unserem BU-Vergleich unter die Lupe genommen.
Die Höhe der Beiträge für eine Berufsunfähigkeitsversicherung hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Einer der zentralen Punkte ist das Eintrittsalter des Versicherten. Junge Menschen, die früh in ihrer Berufslaufbahn eine solche Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, profitieren oft von günstigeren Beiträgen. Der Grund liegt auf der Hand: Das Risiko einer Berufsunfähigkeit in jungen Jahren ist statistisch geringer, und zudem verteilen sich die Beiträge über einen längeren Zeitraum.
Doch nicht nur das Alter spielt eine Rolle. Auch der gewählte Beruf hat einen signifikanten Einfluss auf die Beitragshöhe. So zahlen beispielsweise Dachdecker oder Bauarbeiter aufgrund des höheren Risikos in ihrem Berufsfeld in der Regel höhere Beiträge als Büroangestellte. Dies liegt daran, dass körperlich anspruchsvolle Berufe ein erhöhtes Risiko für Unfälle oder gesundheitliche Probleme mit sich bringen, die zu einer Berufsunfähigkeit führen können.
Ein weiterer wesentlicher Faktor sind Vorerkrankungen oder bestehende gesundheitliche Probleme. Diese können nicht nur die Höhe des Beitrags beeinflussen, sondern in manchen Fällen auch zu Ausschlüssen oder zur Ablehnung des Versicherungsantrags führen.
Doch wie kann man die Berufsunfähigkeitsversicherungs-Kosten im Rahmen halten? Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Beiträge zu optimieren. Eine Option ist die Wahl einer sogenannten Dynamik. Dabei erhöht sich der Beitrag jährlich um einen festgelegten Prozentsatz, was jedoch auch zu einer jährlichen Anpassung der versicherten BU-Rente führt. Eine solche dynamische Anpassung kann helfen, die Kaufkraft der Rente im Laufe der Jahre zu erhalten.
Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Laufzeit der Versicherung. Es mag verlockend sein, eine Versicherung bis zum Rentenalter abzuschließen, doch in manchen Fällen kann es sinnvoll sein, die Laufzeit zu verkürzen und sich beispielsweise nur bis zum 60. Lebensjahr abzusichern. Hierbei sollte jedoch sorgfältig abgewogen werden, ob der finanzielle Versicherungsschutz auch in den letzten Berufsjahren gewährleistet ist.
Ein weit verbreiteter Trugschluss ist die Annahme, dass die staatliche Erwerbsminderungsrente ausreichen würde, um den Lebensstandard im Falle einer Berufsunfähigkeit zu sichern. Was viele nicht wissen: Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente bietet oft nur einen minimalen Versicherungsschutz und ist zudem an strenge Voraussetzungen geknüpft. Darüber hinaus deckt sie meist nur einen Bruchteil des bisherigen Nettoeinkommens ab. Es kann also eine erhebliche finanzielle Lücke entstehen, die es zu schließen gilt.
Ein weiteres Missverständnis betrifft die Definition der Berufsunfähigkeit selbst. Viele gehen davon aus, dass es ausreicht, den aktuellen Beruf nicht mehr ausüben zu können, um Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zu erhalten. In Wahrheit kann die genaue Definition je nach Vertrag variieren. Einige Versicherer könnten, wie bereits in vorherigen Kapiteln erwähnt, auf die sogenannte „abstrakte Verweisung“ zurückgreifen und argumentieren, dass der Versicherte noch andere Tätigkeiten ausführen könnte.
Zudem glauben manche, dass psychische Erkrankungen nicht als Grund für eine Berufsunfähigkeit gelten. Dies ist ein Trugschluss. In der heutigen Zeit sind psychische Probleme eine der Hauptursachen für Berufsunfähigkeit, und die meisten Versicherer erkennen dies auch an. Es ist jedoch wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass die genaue Handhabung und Bewertung solcher Fälle von Anbieter zu Anbieter variieren kann.
Ein weiterer Irrtum, dem viele zum Opfer fallen, ist die Überzeugung, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung auch bei Arbeitslosigkeit greift. Dies ist in der Regel nicht der Fall. Die Versicherung springt nur dann ein, wenn Sie aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls Ihren Beruf nicht mehr ausüben können – und nicht, wenn externe wirtschaftliche Faktoren zu einem Jobverlust führen.
Abschließend ist es ein häufiges Missverständnis, dass der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung in jedem Alter und Gesundheitszustand problemlos möglich ist. Vorerkrankungen oder ein höheres Eintrittsalter können zu höheren Beiträgen führen oder im schlimmsten Fall dazu, dass ein Antrag abgelehnt wird.
Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und überlegen Sie, wie Ihre finanzielle Lage aussehen würde, wenn Sie plötzlich nicht mehr arbeiten könnten. Wie hoch sind Ihre monatlichen Fixkosten? Wie lange könnten Sie ohne Einkommen auskommen?
Starten Sie von dieser Bedarfsanalyse ausgehend einen umfassenden Vergleich verschiedener Berufsunfähigkeitsversicherungen. Achten Sie nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die Bedingungen und Leistungen der Verträge.
Seien Sie ehrlich und transparent, wenn es um die Gesundheitsfragen geht. Verheimlichen Sie keine Vorerkrankungen, da diese später zu Problemen bei der Leistungsauszahlung führen könnten.
Wenn Sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, sollten Sie diese alle paar Jahre überprüfen, um sicherzustellen, dass er noch zu Ihrer aktuellen Lebenssituation passt. Lebensereignisse wie Heirat, Geburt eines Kindes oder ein Immobilienkauf können Anpassungen erforderlich machen.
* Das bedeutet das Sternchen: Unsere Ratgeber-Artikel sind objektiv recherchiert und unabhängig erstellt. Wir wollen so möglichst vielen Menschen helfen, eigenständig Vermögen aufzubauen und in Finanzfragen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Damit unsere Informationen kostenlos abrufbar sind, werden manchmal Klicks auf Verlinkungen vergütet. Diese sogenannten Affiliate Links kennzeichnen wir mit einem Sternchen. Geld bekommt die finanzen.net GmbH, aber nie der Autor individuell, wenn Leser auf einen solchen Link klicken oder beim Anbieter einen Vertrag abschließen. Ob die finanzen.net GmbH eine Vergütung erhält und in welcher Höhe, hat keinerlei Einfluss auf die Produktempfehlungen. Für die Ratgeber-Redaktion ist ausschließlich wichtig, ob ein Angebot gut für Anleger und Sparer ist.
🌳Das bedeutet das Bäumchen: Anlageprodukte, die im Sinne des Emittenten als nachhaltig klassifiziert werden, zeichnen wir mit einem Bäumchen-Symbol aus.
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