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Raus aus den Schulden

Privatinsolvenz beantragen – wie die Restschuldbefreiung nach 3 Jahren gelingt!

Eine Privatinsolvenz wurde 2021 in Deutschland über 109.000 Mal angemeldet. Für viele Überschuldete, von denen es in der Bundesrepublik circa sieben Millionen gibt, ist die Verbraucherinsolvenz die letzte Lösung, um ihre großen Außenstände abzubauen.  Der Gesetzgeber hat mit einer Reform des Insolvenzrechts das Verfahren vereinfacht, sodass eine Restschuldbefreiung bereits nach drei Jahren möglich ist. Tipps sowie die wichtigsten Informationen finden Sie gleich zu Beginn des Artikels.

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Privatinsolvenz – Das Wichtigste in Kürze

  • Durch das Privatinsolvenz-Verfahren können Sie in drei Jahren schuldenfrei werden, dafür gibt es auch nur wenige Bedingungen.
  • Das Verfahren zur Privatinsolvenz besteht aus sechs Schritten, die aber nicht alle durchlaufen werden müssen.
  • Nach der Restschuldbefreiung bleibt ein SCHUFA-Eintrag über die Privatinsolvenz drei Jahre lang bestehen.
  • Allerdings läuft hierzu auch seit Juli 2021 ein Verfahren, durch das die Speicherungsdauer verkürzt werden könnte.
  • Viele Schuldner geraten in finanzielle Nöte, weil sie sich bei Krediten übernehmen. Informieren Sie sich zuvor also besser ausführlich über einen Ratenkredit und Kreditgebühren, um teure Fehler zu vermeiden.
  • Tipp: Eine gute Buchführung ist im Rahmen der Privatinsolvenz besonders wichtig. Legen Sie am besten jeweils einen Ordner für Ihre Schulden und Gläubiger sowie einen für Ihr Einkommen und Vermögen an.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Privatinsolvenz?

Die Privatinsolvenz oder Verbraucherinsolvenz ist ein sechsstufiges juristisches Verfahren, durch das natürliche Personen eine Restschuldbefreiung erlangen oder einfach ausgedrückt schuldenfrei werden können. Dabei ist es unerheblich, wie hoch die Schulden sind oder wie viele Gläubiger es gibt. Unterhaltsschulden und hinterzogene Steuern müssen aber auch nach der Restschuldbefreiung weiterhin gezahlt werden. Dasselbe gilt für zinslose Privatdarlehen, die zur Deckung der Verfahrenskosten in Anspruch genommen wurden.

Wie sind die Voraussetzungen für Privatinsolvenz?

Hürden für das Stellen einer Privatinsolvenz sind kaum vorhanden. Es gibt lediglich für Selbstständige die Einschränkung, dass es keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen gibt und die Vermögensverhältnisse „überblickbar“ sind. Das heißt konkret, dass es weniger als 20 Gläubiger geben muss. Davon abgesehen kann jeder Verbraucher, ehemalige und aktive Unternehmer beziehungsweise Selbstständige Privatinsolvenz beantragen. Bezieher von ALG I oder II können ebenfalls eine Privatinsolvenz beantragen. Für Sie gilt insbesondere die „Pflicht zur Arbeit“, die in der Erläuterung zur Wohlverhaltensphase genauer beschrieben wird.

Wie lang dauert es bis zur Restschuldbefreiung?

Die sogenannte Restschuldbefreiung gibt es grundsätzlich nach drei Jahren seit der Reform des Insolvenzrechts 2021. Vorher dauerte ein Insolvenzverfahren bis zu sechs Jahre. Die Drei-Jahre-Regelung gilt für alle Privatinsolvenzanträge rückwirkend, die seit Oktober 2020 eingereicht wurden. Für Insolvenzverfahren, die zwischen dem 17. Dezember 2019 und 30. September 2020 eröffnet wurden, gibt es eine Sonderregelung: Von den sechs Jahren werden die vollen Monate abgezogen, die seit der Gültigkeit der europäischen Insolvenzrichtlinie (16. Juli 2019) bis zur Antragsstellung der Privatinsolvenz ins Land gezogen sind. Hat ein Schuldner zum Beispiel am 6. Februar 2020 die Verbraucherinsolvenz beantragt, verkürzt sich seine Zeit bis zur Restschuldbefreiung um sechs Monate auf fünfeinhalb Jahre.

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So läuft das Insolvenzverfahren ab

Um das Insolvenzverfahren in Gang zu bringen, sollten Sie zunächst einen Schuldnerberater oder Rechtsanwalt aufsuchen. Das statistische Bundesamt führt einen Schuldnerberatungsatlas, mit dem Sie einfach einen Berater in Ihrer Nähe finden können. Wie bereits erwähnt besteht das Insolvenzverfahren aus sechs Schritten, die wir im Folgenden mit Ihnen durchgehen. Beachten Sie, dass nicht alle Schritte durchlaufen werden müssen. Vielleicht können Sie auch mit Ihrem Berater eine Einigung mit Ihren Gläubigern erzielen, sodass es gar nicht erst zum Insolvenzverfahren kommen muss.

Schritt eins: Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren

Bevor das eigentliche Insolvenzverfahren beginnt, muss es ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren geben. Ihr Berater katalogisiert zunächst alle Ihre Schulden und Gläubiger, außerdem Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Auf dieser Grundlage erarbeiten Sie nun mit Ihrem Anwalt oder Schuldnerberater einen Schuldenbereinigungsplan. Dieser beinhaltet oft Ratenzahlungen sowie Vergleiche und wird den Gläubigern vorgelegt. Alle Gläubiger müssen dem Schuldenbereinigungsplan zustimmen. In diesem Fall wird der Plan abgearbeitet und Sie sparen sich Kosten sowie ein juristisches Verfahren. Verweigern die Gläubiger hingegen ihre Zustimmung, kommt es zu Schritt zwei.

Schritt zwei: gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren

Wenn die außergerichtliche Schuldenbereinigung gescheitert ist, kann der eigentliche Insolvenzantrag gestellt werden. Dafür wird der Schuldenbereinigungsplan beim Insolvenzgericht vorgelegt, das prüft, ob ein Schuldenbereinigungsverfahren Sinn ergibt. Wenn das Insolvenzgericht ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren für sinnvoll erachtet, was eher selten vorkommt, wird es einen Vergleich forcieren. Wird kein Verfahren eröffnet oder kommt kein Vergleich zustande, geht es weiter mit Schritt drei.

Schritt drei: Gerichtliches Insolvenzverfahren

Führte kein Schuldenbereinigungsverfahren zu einer Einigung, kann das Insolvenzgericht auf Antrag das Insolvenzverfahren eröffnen. Der Antrag hat 45 Seiten und sollte zusammen mit Ihrem Schuldnerberater oder Anwalt ausgefüllt werden. Im Prinzip werden hier nochmal die Schulden und Gläubiger einerseits, Ihr eigenes Einkommen sowie Vermögen andererseits aufgeschlüsselt. Als Erstes prüft das Gericht, ob Sie die Verfahrenskosten jetzt schon tragen können oder eine Stundung notwendig ist. Im letzteren Fall müssen Sie die Unkosten erst nach der Restschuldbefreiung begleichen. Sobald Ihr Insolvenzverfahren eröffnet ist, wird es im Internet unter insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht.

Danach wird noch ein Treuhänder bestimmt, den Sie auch selbst vorschlagen dürfen. Dieser Treuhänder wird versuchen, Ihr pfändbares Vermögen zu Geld zu machen, das wiederum der Insolvenzmasse zugeführt wird. Dazu zählen unter anderem: Immobilien, private Versicherungen, Bausparverträge und Wertpapiere. Fahrzeuge können nur gepfändet werden, wenn sie nicht für die Arbeit notwendig sind. Außerdem wird ab einem Einkommen von 1.253 Euro ein Teil des Einkommens gepfändet. Die genauen Pfändungsfreigrenzen können Sie in einer Broschüre des Bundesministeriums für Justiz einsehen. Sollte eine Erbschaft während des Insolvenzverfahrens eintreten, wird diese komplett gepfändet.

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Schritt vier: Wohlverhaltensphase

Die Wohlverhaltensphase dauert drei Jahre, in der Sie Ihr Einkommen weiterhin teilweise an den Treuhänder abgeben. Sie dürfen in dieser Zeit keine neuen unangemessenen Schulden machen. Als unangemessen gelten Schulden, wenn sie wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheinen oder im Gegensatz zu den bereits bestehenden Lebensverhältnissen stehen. Während der Wohlverhaltensphase besteht eine Art „Pflicht zur Arbeit“. Das heißt, wenn Sie arbeitslos sind, müssen Sie Ihre Bemühungen zur Jobsuche nachweisen und dürfen keine zumutbare Arbeit ablehnen. Die Arbeitspflicht entfällt nach dem gesetzlichen Rentenalter oder bei einer chronischen Erkrankung, die eine Arbeitsunfähigkeit mit sich bringt. Eine Erbschaft muss während der Wohlverhaltensphase nur zur Hälfte abgeführt werden.

Schritt fünf: Insolvenzplanverfahren

Sollte sich an Ihren Vermögensverhältnissen während der Wohlverhaltensphase etwas überraschend ändern oder Gläubiger plötzlich verhandlungsbereit sein, kann ein erneuter Einigungsversuch unternommen werden. Dadurch kann das Insolvenzverfahren verkürzt werden, wodurch Sie auch wiederum geringere Gerichtskosten haben und Ihr Einkommen nicht mehr gepfändet wird. Sie sollten daher auch Kontakt zu Ihren Gläubigern halten und Gesprächsbereitschaft signalisieren.

Schritt sechs: Restschuldbefreiung

Nach drei Jahren ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entscheidet ein Gericht letztendlich über die Restschuldbefreiung. Wenn es während der Wohlverhaltensphase keine Probleme gab, wird Ihnen voraussichtlich die Schuldenbefreiung gewährt. Eine Quote für die Rückzahlung der Schulden während des Insolvenzverfahrens oder Verfahrenskosten gibt es nicht mehr.

Wie viel kostet das Insolvenzverfahren?

Im Wesentlichen gibt es beim Insolvenzverfahren zwei große Kostenpunkte: Zum einen fallen die Gerichts- und Treuhänderkosten an, die nach der Insolvenzmasse berechnet werden. Oft werden die Gebühren durch das pfändbare Einkommen beglichen. Wenn nicht, wird das Gericht die Kosten bis zu vier Jahre nach der Restschuldbefreiung stunden. Sie müssen aber nur zahlen, wenn Sie dazu finanziell in der Lage sind.

Den anderen Kostenpunkt bilden die Beratungs- beziehungsweise Anwaltshonorare. Viele Schuldnerberatungsstellen arbeiten kostenlos. Daher ist die Aussicht auf Kostenübernahme durch einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe eher gering. Selbst wenn das Amtsgericht diesen gewährt, wäre er nur bis zur Erklärung des Scheiterns eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuchs gültig. Rechtsschutzversicherungen übernehmen in der Regel nicht die Anwaltskosten für ein Insolvenzverfahren. Eine Prozesskostenhilfe gibt es bei Insolvenzverfahren auch nicht, daher sollten Sie mit Ihrem Anwalt ein Pauschalhonorar festlegen, um die Kosten kalkulierbar zu halten.

Die Vor- und Nachteile einer Privatinsolvenz

Auf den ersten Blick wirkt die Privatinsolvenz wie einfaches Mittel, um Schulden loszuwerden. Drei Jahre lang ein bisschen den Gürtel enger schnallen und im besten Fall ist der Schuldnerberater sogar kostenlos, dann ist man die Sorgen los. Ganz so einfach ist es leider nicht, denn eine Privatinsolvenz bringt starke Einschränkungen in der Lebensführung mit sich, die über den Zeitpunkt der Restschuldbefreiung hinausgehen können.

Da nach aktueller Rechtslage die SCHUFA die Daten über eine Privatinsolvenz bis zu drei Jahre speichert, könnten Wohnungs- und Vertragswechsel schwierig werden. Außerdem muss der Arbeitgeber in Kenntnis gesetzt werden, da die Lohnbuchhaltung den pfändbaren Teil des Einkommens direkt an den Treuhänder überweisen muss. Da Sie weder Ratenkäufe noch Dispokredite in Anspruch nehmen dürfen, müssen Sie vermutlich auch größere Anschaffungen erst einmal verzichten.

Allerdings stellen sich diese Probleme ab einem gewissen Grad der Überschuldung ebenso ein – spätestens dann sollten Sie eine Privatinsolvenz in Betracht ziehen. Neben der Schuldenfreiheit bringt eine Privatinsolvenz auch während des Verfahrens schon gewisse Vorteile mit sich. Sie müssen keine Angst vor plötzlichen Konto- oder Lohnpfändungen haben, Besuch vom Gerichtsvollzieher bekommen Sie auch nicht. Außerdem ist Ihr Existenzminimum gesichert, da bestimmte Pfändungsgrenzen nicht überschritten werden, 1.253 Euro bleiben Ihnen pro Monat sicher.

Privatinsolvenz – das sollten Sie tun

  1. Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Schulden, nehmen Sie dafür auch unter Umständen die Hilfe einer kostenfreien Schuldenberatungsstelle in Anspruch.

  2. Versuchen Sie, einen Tilgungsplan aufzustellen und Ihre Gläubiger davon zu überzeugen. Vielleicht können Sie Stundungen, Ratenzahlungen oder sogar einen Teilverzicht Ihrer Schulden erreichen.

  3. Sollten die Schuldenbereinigungspläne gescheitert sein, können Sie die Privatinsolvenz beantragen. Halten Sie sich buchstabengetreu an die Regeln der Wohlverhaltensphase, dann sind Sie in drei Jahren Ihre Schulden los.

  4. Bleiben Sie auch während der Wohlverhaltensphase gegenüber Ihren Gläubigern gesprächsbereit, um das Verfahren eventuell abzukürzen. Das spart Geld, Zeit und Nerven.

  5. Egal ob selbstverschuldet oder nicht: Ziehen Sie Ihre Lehren aus der Privatinsolvenz und nutzen Sie die Chance auf einen Neuanfang weise. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und alles Gute dabei!

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