Nagel: EZB-Inflationsziel auch mit niedrigeren Zinsen erreichbar
Von Hans Bentzien
DOW JONES--EZB-Ratsmitglied Joachim Nagel hat die geldpolitische Lockerung der Europäischen Zentralbank (EZB) in den vergangenen Monaten verteidigt. "Wir sind im EZB-Rat im Laufe dieses Jahres immer zuversichtlicher geworden, dass der Preisauftrieb weiter zurückgeht. Deshalb haben wir die Leitzinsen seit Juni dreimal um jeweils 25 Basispunkte gesenkt", sagte Nagel laut veröffentlichtem Redetext in Dortmund. Der EZB-Rat sei überzeugt, "dass wir auch mit den niedrigeren Zinsen unser Inflationsziel von 2 Prozent bald und dauerhaft erreichen", fügte er hinzu. Mit 3,25 Prozent sei der Leitzins immer noch restriktiv.
Nagel mahnte aber zugleich, dass der EZB-Rat vorsichtig vorgehen müsse. "Es gibt nach wie vor Risiken. So ist nicht auszuschließen, dass das Lohnwachstum langsamer zurückgeht als erwartet. Sehr real ist zudem das Risiko, dass die neue US-Regierung handelspolitische Maßnahmen ergreift, die sich auch hierzulande in höherer Inflation niederschlagen", sagte er. Allerdings gingen die Experten der Bundesbank, die gerade ihre im Dezember zu veröffentlichende halbjährliche gesamtwirtschaftliche Prognose ausarbeiteten, noch davon aus, dass es keine höheren Zölle geben werde.
Zur Vorsicht mahnt Nagel zufolge aber auch die nach wie vor erhöhte Kerninflation, bei der die schwankungsanfälligen Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet werden. Vor allem bei Dienstleistungen stiegen die Preise weiterhin kräftig. Im Schnitt kosteten sie im Euroraum derzeit 4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. "Da sich der Preisauftrieb bei den Dienstleistungen mit abnehmendem Lohndruck allmählich verringern sollte, rückt der Zeitpunkt näher, von dem an wir mit einer nachhaltigen Rückkehr zur 2-Prozent-Marke rechnen können", sagte der Bundesbankpräsident.
Für Deutschland rechnet die Bundesbank derzeit mit einer Stagnation des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vierten Quartal. Für das Gesamtjahr hatte sie im Juni einen preis- und kalenderbereinigten Anstieg von 0,3 Prozent prognostiziert. In seiner Rede verwies Nagel auf die Prognose des Sachverständigenrats, der ein leichtes BIP-Minus erwarte.
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November 25, 2024 12:30 ET (17:30 GMT)