flatexDEGIRO-Aktie fällt: flatexDEGIRO überrascht mit ehrgeizigen Mittelfristzielen
Viele neue Kunden und höhere Preise haben dem Online-Broker flatexDEGIRO 2024 einen Rekordgewinn beschert. Für 2025 gab sich Vorstandschef Oliver Behrens bei der Zahlenvorlage am Dienstag in Frankfurt vorsichtiger - setzt sich für die kommenden Jahre aber ehrgeizige Ziele. Mit neuen Angeboten will er weitere Kunden anlocken und weitere Zuwächse bei Umsatz und Gewinn erreichen. An der Börse konnte er die Anleger mit seinen Plänen jedoch nicht überzeugen.
Die flatexDEGIRO-Aktie büßt gegen Mittag zuletzt 2,7 Prozent auf 18,51 Euro ein und gehörte damit zu den größten Verlierern im Nebenwerte-Index SDAX. Zuletzt gab das Papier im XETRA-Geschäft um 1,92 Prozent auf 18,65 Euro nach. Seit dem Jahreswechsel hat das Papier jedoch rund ein Viertel an Wert gewonnen - und sich damit ein weiteres Stück von seinem Absturz aus den Vorjahren erholt.
Nach ihrem Rekordhoch von fast 30 Euro Mitte 2021 war die Aktie bis Ende 2022 auf weniger als sechs Euro eingebrochen. Seither ging es Schritt für Schritt wieder aufwärts. Aus Sicht des Branchenexperten Oliver Carruthers von der US-Investmentbank Goldman Sachs entsprechen die Ziele des flatexDEGIRO-Vorstands für 2025 etwa den Markterwartungen. Für 2027 habe sich das Management aber deutlich mehr vorgenommen als von Analysten geschätzt.
Im abgelaufenen Jahr wuchs die Zahl der Kundenkonten bei flatexDEGIRO auf Basis vorläufiger Zahlen um 421.000 auf 3,1 Millionen. Die Zahl der Transaktionen legte um rund elf Prozent auf 63 Millionen zu. Weil das Unternehmen für viele Deals von den Kunden mehr Geld verlangte und auch die Zinserträge stiegen, kletterte der Umsatz um 23 Prozent auf 480 Millionen Euro nach oben. Unter dem Strich verdiente flatexDEGIRO mit knapp 112 Millionen Euro sogar über anderthalbmal so viel wie im Vorjahr und mehr als je zuvor.
Für das laufende Jahr rechnet Vorstandschef Behrens mit etwa 300.000 Neukunden. Der Umsatz könnte mit 455 bis 505 Millionen Euro jedoch sowohl niedriger als auch höher ausfallen als im Vorjahr. Denn die gesunkenen Zinsen dürften am Zinsüberschuss zehren - und flatexDEGIRO muss diese wegfallenden Einnahmen durch höhere Provisionserträge ausgleichen. Deshalb könnte auch der Gewinn niedriger oder höher ausfallen als 2024: Für den Überschuss peilt Behrens 107 bis 124 Millionen Euro an.
Für die kommenden Jahre hat sich der Manager hingegen deutliche Steigerungen vorgenommen. So soll der Umsatz bis 2027 auf rund 650 Millionen Euro wachsen. Für den Überschuss fasst Behrens einen Anstieg auf rund 200 Millionen Euro im Auge. Um die Kosten zu senken, will er mindestens zwei der drei IT-Plattformen des Unternehmens zusammenführen.
Behrens war früher Europa-Chef der US-Investmentbank Morgan Stanley und hat die Führung von flatexDEGIRO erst Anfang Oktober übernommen. Zuvor war der langjährige Vorstandschef Frank Niehage nach einer harschen öffentlichen Abrechnung des Flatex-Gründers und -Großaktionärs Bernd Förtsch im April abgetreten. Förtsch hatte Niehage und der alten Führung von flatexDEGIRO unter anderem vorgeworfen, wichtige Trends wie den Handel mit Kryptowährungen verschlafen zu haben.
Behrens will flatexDEGIRO nun in ruhigere Bahnen steuern und zusätzliche Angebote einführen. Neben dem inzwischen eingeführten Kryptohandel hat er dazu auch die Wertpapierleihe im Auge. Der Online-Broker soll daran verdienen, dass er solche Verleihgeschäfte für seine Kunden arrangiert. Auch Sparpläne auf bestimmte Aktien hält er für interessant.
Zudem will das Unternehmen verstärkt mit Banken zusammenarbeiten, die keinen eigenen Zugang zu Endkunden haben - und ihnen eben diesen Zugang bieten. "Wir sammeln für Dritte Festgelder ein - gegen eine Gebühr", erläuterte Behrens das Geschäftsmodell.
Inwieweit die flatexDEGIRO-Aktionäre künftig auf Dividenden und Aktienrückkäufe hoffen können, wollte der Vorstand am Dienstag noch nicht versprechen. Derzeit arbeite man noch an der Kapitalplanung, sagte Finanzvorstand Benon Janos vor Journalisten in Frankfurt. Schließlich sei Vorstandschef Behrens erst seit rund 150 Tagen im Amt.
Die neue Dividendenstrategie will der Vorstand demnächst bekannt geben. Das laufende Aktienrückkaufprogramm will er zunächst zu Ende bringen, bevor er über ein mögliches weiteres Programm entscheidet.
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FRANKFURT (dpa-AFX)
Bildquelle: flatexDEGIRO