Beschlagnahmte Kryptowährungen: Was passiert mit den digitalen Coins?
• Kryptowährungen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit
• Auch Kriminelle nutzen Kryptowährungen für illegale Geschäfte
• Staatsanwaltschaft darf beschlagnahmte Kryptowerte weiterveräußern
Kryptowährungen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Doch nicht nur Anleger nutzen die digitalen Coins als Zahlungsmittel oder als Wertaufbewahrung - auch Kriminelle nutzen Kryptowährungen z.B. um Geldwäsche zu betreiben oder um illegale Geschäfte abzuwickeln. Kommen Ermittler den Kriminellen auf die Schliche, werden die Kryptowerte beschlagnahmt - doch was passiert anschließend mit den digitalen Coins?
Für die Staatsanwaltschaft ergeben sich Probleme
Für die Staatsanwaltschaft, die Kryptowährungen aus illegalen Geschäften beschlagnahmt, ergeben sich verschiedene Probleme: Zum einen ist der Kryptomarkt sehr schwankungsanfällig, weshalb die digitalen Coins, die aktuell womöglich eine Menge Geld wert sind, schon bald deutlich weniger wert sein könnten. Zum anderen können Gelder aus der Staatskasse nur in "echtem", also in Fiatgeld genutzt werden. Für die Staatsanwaltschaft ist es also oftmals sinnvoll, die beschlagnahmten Kryptowerte zeitnah in Geld einzutauschen.
Dabei ergibt sich allerdings ein weiteres Problem: Kryptowährungen aus illegalen Geschäften sind "kontaminiert", weshalb sie nicht einfach wieder an öffentlichen Börsen gehandelt werden können - sie müssen zuerst wieder legalisiert und zurück auf den Markt gebracht werden.
Veräußerung erlaubt
Wie die Tagesschau berichtet, sieht die Vermögensabschöpfung bei Straftaten und die Notfallveräußerung in der Strafprozessordnung vor, dass Güter veräußert werden können, wenn ein erheblicher Wertverlust droht, was durch die hohe Volatilität bei Kryptowährungen der Fall ist. So könnten die Staatsanwaltschaften, noch bevor die beschuldigte Person rechtskräftig verurteilt wurde, eine Veräußerung anordnen. Nach dem Urteil dürften die Kryptowerte schließlich der Staatskasse zugeführt werden. Allerdings würden die digitalen Coins in vielen Bundesländern so schnell wie möglich veräußert.
Zentrale Verwertungsstellen vs. Handelsplattformen oder Auktionen
In vielen Bundesländern gebe es inzwischen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften für Cyberkriminalität und bestimmt Wege, mit sichergestellten Kryptowerten zu verfahren, berichtete die Tagesschau bereits Anfang 2021. Paragraph 77a der Strafvollstreckungsordnung, der 2017 geschaffen wurde, sehe zudem die Einrichtung von zentralen Verwertungsstellen für Kryptowährungen in den Bundesländern vor. Diese gebe es jedoch noch nicht überall. Eine Umfrage unter den Staatsanwaltschaften habe ergeben, dass für die Veräußerung von beschlagnahmten Kryptowährungen oftmals Handelsplattformen im Internet genutzt werden.
In Nordrhein-Westfalen wurde inzwischen ein eigenes, staatliches Auktionsportal, "Justiz-Auktion.de" aufgebaut, über das auch Bitcoin und andere Währungen veräußert werden können. Und so startete die nordrhein-westfälische Justiz, wie der Spiegel berichtete, im Oktober, die bundesweit erste Versteigerung der Digitalwährung Bitcoin: 215 digitale Coins, die überwiegend aus dem Drogenhandel im Darknet stammten und bei Kriminillen entdeckt und sichergestellt wurden, sollten so einen neuen Besitzer finden.
Schlag gegen den Drogenhandel im Darknet
Auch in Frankfurt konnten Ermittler bei Drogenhändlern verschiedene Kryptoanlagen im Wert von rund 100 Millionen Euro sicherstellen. Dabei handelte es sich um das Verfahren gegen die Verantwortlichen des einst weltweit zweitgrößten Online-Marktplatzes im Darknet "Wallstreet Market". Zwischen März 2016 und April 2019 seien über die kriminelle Handelsplattform laut Ermittlungen vor allem Drogen, aber auch ausgespähte Daten, gefälschte Dokumente und Schadsoftware gehandelt worden. Die illegale Handelsplattform sei über das TOR-Netzwerk im sogenannten Darknet erreichbar und auf den internationalen Handel mit kriminellen Gütern ausgerichtet gewesen. Die drei Betreiber des Darknet-Portals wurden im Juli 2021 zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.
Neuer Weg der Weiterveräußerung
Für die Frankfurter Staatsanwaltschaft war die Versteigerung der sichergestellten Kryptowerte in diesem Fall jedoch wohl nicht der optimale Weg. "Virtuelle Währungen sind keine Autos oder Uhren", erklärte Oberstaatsanwältin Jana Ringwald gegenüber der Frankfurter Allgemeine Zeitung. "Für sie gibt es liquide Märkte und einen stets aktuellen Preis." Außerdem hätten die Vielzahl der Währungen - laut Ringwald neben Bitcoin neun weitere Kryptowährungen -, die zu verwertenden Volumina und die Legalisierung der beschlagnahmten Werte für die Weiterveräußerung aus Sicht der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität (ZIT) nicht den Weg der Verwertung über eine Versteigerung eröffnet, berichtete die F.A.Z.
Deshalb ist die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt 2021 eine - in Deutschland einmalige - Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Bankhaus Scheich, das im Kryptowährungsgeschäft aktiv ist, eingegangen. Wie das Bankhaus Scheich selbst am 22. Dezember 2021 mitteilte, hat es "für das Land Hessen und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main Kryptowährungen aus Beschlagnahmungen im Wert von ca. 100 Mio. EUR veräußert. Das Bankhaus hat die Kryptowährungen innerhalb von einer Woche bis zum 20. Dezember 2021 abverkauft." Im Rahmen der Veräußerung der Kryptowerte haben die beiden Partner "ein Setup etabliert, über das nun auch zukünftig Krypto-Transaktionen rechtssicher und schnell abgewickelt werden können.", so das Frankfurter Bankhaus in seiner Mitteilung. Über den neu etablierten Prozess werde sichergestellt, dass die "kontaminierten" Coins wieder als "sauber" deklariert und Handelspartner über diesen Status informiert werden, sodass die Coins wieder veräußert werden können.
Die Frankfurter Staatsanwaltschaft und das Bankhaus Scheich schlossen auch direkt eine Rahmenvereinbarung, die eine langfristige Partnerschaft begründe und "als Grundlage für die künftige Veräußerung beschlagnahmter Kryptowerte durch das das Land Hessen" diene.
Geld fließt in die Landeskassen
Die Kryptowerte, die beschlagnahmt werden bzw. der Erlös, der aus deren Veräußerung erzielt wird, wandert anschließend in die jeweilige Landeskasse. In den zuvor genannten Fällen kann sich also das Land Nordrhein-Westfalen über den Erlös aus den 215 beschlagnahmten und versteigerten Bitcoins und das Land Hessen über die rund 100 Millionen Euro, die das Bankhaus Scheich mit dem Kryptoverkauf erzielen konnte, freuen. "Der Zuwachs in Höhe von 100 Millionen Euro für den Haushalt ist ein außerordentlich großer Erfolg für das Land Hessen.", gab ZEIT ONLINE die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann wieder.
Ganz so einfach gestaltet sich das jedoch nicht immer: Mancherorts sitzt die Staatsanwaltschaft auch auf einem Schatz, auf den sie selbst keinen Zugriff hat, da das Geld zwar sicher verwahrt ist, die Staatsanwaltschaft aber das Passwort für die Wallet nicht kennt, denn natürlich zeigt sich nicht jeder, dessen Kryptoanlage beschlagnahmt wird, auch in dieser Hinsicht kooperativ.
Redaktion finanzen.net
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