Diese Zertifikate eignen sich auch für Angsthasen
Mit Zertifikaten können Anleger an der Wertentwicklung eines zugrundeliegenden Basiswertes partizipieren, ohne diesen direkt zu erwerben. Als Basiswert können dabei Aktien, Indizes oder diverse Rohstoffe dienen. Entgegen der weitläufigen Meinung eigenen sich Zertifikate aber nicht nur für risikofreudige Anleger und Spekulanten, sondern auch für sicherheitsorientierte Investoren.
Zertifikate für Konservative
Unter dem Sammelbegriff "Zertifikate" werden sehr unterschiedliche Produkttypen zusammengefasst, welche je nach Gattung mit unterschiedlichen Risiken behaftet sind. Darunter auch riskante Investmentprodukte wie Optionsscheine, Turbo-Zertifikate und Knock-Out-Zertifikate, die sich ausschließlich für sehr erfahrene Trader eignen. Für Investoren, die mit solchen Hebelprodukten handeln, besteht eine erhöhte Gefahr, einen Totalverlust zu erleiden.
Jedoch sind längst nicht alle Derivate mit solch hohen Risiken verbunden. Inmitten der Vielzahl von verschiedenen Zertifikaten finden sich auch für den konservativen Anleger angemessene Produkte. Wem das Risiko einer Direktanlage in Aktien zu hoch ist, erhält mit Garantie-Zertifikaten, Express-Zertifikaten und Aktienanleihen eine ansprechende Alternative.
Aktienanleihe
Mit dem Kauf einer Aktienanleihe partizipiert der Anleger am Kursverlauf eines zugrundeliegenden Basiswertes. In der Regel handelt es sich hierbei um eine Aktie oder einen Aktienindex. Die Aktienanleihe zahlt dem Investor zudem einen festen Zinssatz, welcher an keine weiteren Bedingungen geknüpft ist. Der wesentliche Unterschied zu herkömmlichen Anleihen besteht bei Aktienanleihen darin, dass die Tilgung zum Laufzeitende vom Kurs des Basiswertes abhängt. Steht der Kurs der Aktie am Rückzahlungstag über einer zuvor festgelegten Kursschwelle, dem sogenannten Basispreis, erhält der Anleger die volle Rückzahlung des Nennwertes plus Kupon. Notiert der Kurs am Laufzeitende jedoch darunter, erhält der Investor den Wert der Aktienanleihe in Form von Aktien des zugrundeliegenden Basiswertes. Das Bezugsverhältnis, zu dem der Anleger die Aktien erhält, wird schon vor der Emission des Zertifikats vereinbart. Den festgelegten Kupon erhält der Anleger unabhängig von Kursentwicklung und Rückzahlung. Die Aktienanleihe verbindet somit die typischen Merkmale von Anleihen und Aktien in einem Produkt.
Beispiel für eine Aktienanleihe
Ein Anleger investiert 5.000 Euro in Aktienanleihen der eines Unternehmens X, die mit einer Laufzeit von einem Jahr ausgestattet sind.
Laufzeit: 1 Jahr
Kupon: 7% p.a.
Basispreis: 200,00 Euro
Kurs der Aktie: 206,00 Euro
Bezugsverhältnis: 1:5
Nominalwert: 1.000 Euro
Am Fälligkeitstag kann der Anleger in jedem Fall mit einem Kupon in Höhe von sieben Prozent rechnen, bei einer 5.000-Euro-Investition also genau 350 Euro. Für die gesamte Tilgung des Zertifikats gibt es nun zwei Möglichkeiten:
1. Der Kurs der Aktie steigt zum Laufzeitende über 200,00 Euro und der Anleger bekommt seine Investitionssumme zu 100 Prozent zurück. Der Investor würde insgesamt 5.350 Euro erhalten.
2. Der Kurs der Aktie fällt auf 195 Euro und der Investor erhält die Unternehmens-Aktie zum vereinbarten Bezugsverhältnis in sein Depot gebucht. In diesem Fall würde der Investor 25 Aktien zum Gesamtpreis von 4.875 Euro erhalten. Mit der erhaltenen Kuponzahlung bringt es der Investor auch in diesem Fall noch auf insgesamt 5.225 Euro.
Garantiezertifikate
Wie bei allen Derivaten, bezieht sich auch das Garantie-Zertifikat auf einen zugrundeliegenden Basiswert. Typischerweise handelt es sich bei diesem Basiswert um eine Aktie, einen Aktienindex oder einen beliebigen Rohstoff. Legt der Kurs des zugrundeliegenden Basiswertes zu, erhält der Käufer des Garantie-Zertifikats einen zuvor festgelegten Anteil des Gewinns, der durch die vereinbarte Partizipationsrate bestimmt wird. Die Partizipationsrate kann sich von Zertifikat zu Zertifikat unterscheiden.
Steigt der Preis des Basiswertes um zehn Prozent und die Partizipationsrate beträgt 85 Prozent, erzielt der Anleger einen Gewinn von 8,5 Prozent. Fällt hingegen der Kurs des Basiswertes, bekommt der Käufer den Nennwert seiner Anlage zum Laufzeitende ausbezahlt. In diesem negativen Fall verliert der Anleger lediglich den zuvor bezahlten Ausgabeaufschlag des Zertifikats.
Beispiel für ein Garantiezertifikat
Ein Anleger investiert 5.000 Euro in ein Garantiezertifikat, welches mit einer Laufzeit von vier Jahren ausgestattet ist.
Basispreis: 130,00 Euro
Rückzahlung zu Fälligkeit: 100%
Partizipationsrate: 80%
Zum Laufzeitende nach vier Jahren können sich zwei Szenarien ergeben:
1. Der Kurs der Aktie steht zum Laufzeitende bei 180 Euro und der Anleger erhält 80 Prozent des erzielten Kursgewinns. Bei einem Kursanstieg von 130 Euro auf 180 Euro legt der Basiswert um 38,46 Prozent zu, wovon der Investor einen Anteil in Höhe seiner Partizipationsrate von 80 Prozent erhält. Demnach erzielt der Anleger einen Gewinn von 30,76 Prozent und würde nach 4 Jahren einen Betrag von 6.538 Euro erhalten.
2. Der Kurs der Aktie steht zum Laufzeitende bei 120 Euro und der Anleger erhält seine investierten 5.000 Euro zurück.
Express-Zertifikate
Express-Zertifikate besitzen festgelegte Laufzeiten von mehreren Jahren. Jedes Jahr wird zu einem bestimmten Stichtag die Rückzahlung des Zertifikats überprüft. Steht der Preis des Basiswertes am Stichtag über oder auf seinem Niveau vom Emissionstag, erhält der Anleger die Rückzahlung seines eingesetzten Kapitals plus Kupon. Steht der Preis des Basiswertes am Stichtag jedoch unter dem Niveau des Emissionstags, läuft das Express-Zertifikat ein weiteres Jahr. Erreicht der Basiswert des Zertifikats an keinem Stichtag sein Niveau vom Emissionstag, kommt es zu keiner vorzeitigen Rückzahlung des eingesetzten Kapitals.
Durch einen eingebauten Risikopuffer besteht dennoch die Möglichkeit auf eine Rückzahlung des eingesetzten Kapitals zum regulären Laufzeitende - jedoch ohne Kupon. Der Risikopuffer garantiert die Rückzahlung des Kapitals, wenn der Basiswert am letzten Stichtag nicht unter eine bestimmte Sicherheitsschwelle gefallen ist. Je nach Zertifikat kann diese Sicherheitsschwelle bis zu 20 Prozent unter dem Kurs des Basiswerts bei Emission liegen. Wird am letzten Stichtag des Zertifikats diese Schwelle jedoch unterschritten, realisiert der Investor den kompletten Kursverlust des zugrundeliegenden Basiswertes.
Beispiel für Express-Zertifikat
Ein Anleger investiert 5.000 Euro in ein Express-Zertifikat, welches mit einer Laufzeit von vier Jahren ausgestattet ist. Hierbei besteht die Chance auf eine vorzeitige Rückzahlung in Abhängigkeit von der Kursentwicklung des Basiswertes. Sollte der Basiswert an einem Bewertungstag über der jeweiligen Rückzahlungsschwelle liegen, wird das Expresszertifikat zu einem festen Betrag zurückgezahlt.
Basispreis: 100 Euro
Sicherheitsbarriere: 80 Euro
1.Stichtag: Basispreis über 100 -> Rückzahlung zu 110 Euro -> Anleger erhält 5.500 Euro
2.Stichtag: Basispreis über 100 -> Rückzahlung zu 115 Euro -> Anleger erhält 5.750 Euro
3.Stichtag: Basispreis über 100 -> Rückzahlung zu 120 Euro -> Anleger erhält 6.000 Euro
4.Stichtag: Basispreis über 100 -> Rückzahlung zu 125 Euro -> Anleger erhält 6.250 Euro
Liegt der Basispreis der Aktie am Laufzeitende noch über der Sicherheitsbarriere von 80 Euro, erhält der Anleger seine Investitionssumme zu 5.000 Euro zurück. Für die in den Beispielen angegebenen Erträge wurden keine Transaktionskosten und Steuern berücksichtigt.
Allgemeine Risiken
Zertifikate beinhalten fortwährend ein Emittentenrisiko, da es sich bei Zertifikaten um Schuldverschreibungen handelt, welche eine zukünftige Leistung versprechen. Sollte der Emittent zahlungsunfähig werden, kann dem Anleger im schlimmsten Fall der Totalverlust drohen. Aus diesem Grund sollte die Bonität des Emittenten für Anleger von elementarem Interesse sein.
Pierre Bonnet / Redaktion finanzen.net
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