Einigung erzielt: Neuwahlen sollen am 23. Februar 2025 stattfinden - TV-Duelle bei RTL geplant
Nach tagelangem Ringen einigten sich SPD und Union unter Einbeziehung der Grünen auf diesen Termin. Zunächst wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 16. Dezember die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Sollte er wie erwartet keine Mehrheit bekommen, wird der Wahltermin vom Kabinett formell Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorgeschlagen, der dann entscheidet. Das ist dann aber nur noch Formsache.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zeigte sich anschließend erleichtert über die Einigung. "Jetzt können wir uns endlich von dieser leidigen Diskussion um den Wahltermin entfernen und können uns eben auf das konzentrieren, was unserem Land letzlich gut tut", sagte er. Unionsfraktionschef Friedrich Merz sprach von einer "guten Lösung", auch wenn er sich auch einen früheren Wahltermin hätte vorstellen können. Man verliere rund einen Monat für die Wahl zum nächsten Bundestag und damit auch für die Regierungsbildung.
SPD 15 bis 18 Prozent hinter der Union
Scholz wollte die Vertrauensfrage ursprünglich unter Hinweis auf die organisatorischen Herausforderungen erst am 15. Januar stellen, um eine Neuwahl Ende März herbeizuführen. Erst nach öffentlichem Druck hatte er sich kompromissbereit gezeigt. Für die SPD wäre ein späterer Wahltermin strategisch günstiger gewesen, weil sie in den Umfragen 15 bis 18 Prozentpunkte hinter der Union liegt. Für die Aufholjagd bleiben ihr nun noch 103 Tage.
Die Union wollte ursprünglich den 19. Januar als Wahltermin. Am Montag und Dienstag führten Merz und Mützenich Gespräche über einen Kompromiss. Das Ergebnis ist nun der 23. Februar. Bekommt Scholz bei der Vertrauensfrage am 16. Dezember keine Mehrheit, hat der Bundespräsident 21 Tage Zeit, den Bundestag aufzulösen. Danach gibt es eine 60-Tage-Frist, bis zu der die Neuwahl stattfinden muss. In dieser Frist liegt der 23. Februar.
Ferien in zwei Bundesländern
Es ist kein idealer Termin, weil dann in Sachsen Schulferien sind. Im Saarland ist es das Wochenende unmittelbar vor den Ferien, wo viele schon verreist sein dürften. Im ersten Quartal sind aber der 19. Januar und der 30. März die einzigen Termine ganz ohne Ferien. Das waren die ursprünglichen Vorschläge von Union und SPD, die jetzt als zu früh beziehungsweise zu spät erachtet worden sind. In Sachsen und dem Saarland leben aber nur rund sechs Prozent der Wahlberechtigten. Und es gibt die Briefwahl als Option.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält den vereinbarten Zeitplan "nach heutiger Bewertung (...) für realistisch", wie seine Sprecherin in Berlin mitteilte. Zuvor empfing er die Fraktionsvorsitzenden Merz, Mützenich sowie Britta Haßelmann und Katharina Dröge (beide Grüne) zum Gespräch. Er werde Gespräche mit den Vorsitzenden aller Bundestagsparteien führen und, falls der Bundestag dem Kanzler das Vertrauen entziehe, rasch über eine Auflösung des Parlaments entscheiden.
"Der Bundespräsident hat zudem dafür geworben, dass alle Fraktionen der Mitte verantwortungsvoll und gemeinschaftlich darüber beraten, welche Gesetzesvorhaben noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden können, um die innere und äußere Sicherheit sowie die internationale Verlässlichkeit Deutschlands in dieser Übergangsphase zu gewährleisten", teilte die Sprecherin weiter mit.
Bundeswahlleiterin hält 23. Februar für machbar
Bis zum 23. Februar müssen nun umfassende Vorbereitungen getroffen werden. Es müssen Wahlausschüsse auf Kreis- und Landesebene berufen, Wahlhelferinnen und Wahlhelfer geworben und geschult, Wahlräume gefunden und ausgestattet werden. An über 60 Millionen Wählerinnen und Wähler werden Wahlbenachrichtigungen verschickt. Hinzu kommen der Versand der Briefwahlunterlagen und die Einrichtung von Briefwahlbezirken - 25.000 waren es 2021.
Bundeswahlleiterin Ruth Brand sieht den Termin trotzdem als unkritisch an. Die in den Medien genannten möglichen Termine im Februar "halte ich sehr wohl für rechtssicher durchführbar", sagte Brand in einer Sondersitzung des Wahlprüfungsausschusses des Bundestags noch vor Bekanntwerden der Entscheidung.
Vor Neuwahl keine Landtagswahl
Bis zur Bundestagswahl wird es nun keine Landtagswahlen mehr geben. Die Bürgerschaftswahl in Hamburg findet eine Woche später am 2. März statt. Die SPD hatte auch deswegen mit einem Termin erst im März sympathisiert. Sie geht davon aus, dass sie in Hamburg mit ihrem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher wieder stärkste Kraft wird und hätte den Schwung gerne mit in die Bundestagswahl genommen. Die Union wollte das verhindern. Die Sozialdemokraten liegen derzeit in den Umfragen zwischen 15 und 18 Prozentpunkte hinter CDU und CSU.
Neuwahl in 109 Tagen - schneller als 2005
Die Neuwahl findet nun noch schneller statt als bei dem jüngsten historischen Beispiel 2005, als der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die Vertrauensfrage stellte. Damals lagen zwischen der Entscheidung für eine Neuwahl und dem Termin 119 Tage, jetzt sind es 109 Tage.
Bundestag arbeitet normal weiter
Der Bundestag wird bis zu seiner Auflösung normal weiterarbeiten. Die Unionsfraktion will aber vor der Vertrauensfrage nur über wenige Projekte im Bundestag beraten. Er rechne damit, dass sich der Bundestag in dieser Woche etwa noch mit dem Nachtragshaushalt 2024 befassen, über diesen aber nicht entscheiden, sondern ihn in den Haushaltsausschuss zurück überweisen werde, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten, Thorsten Frei (CDU).
Die SPD dringt darauf, dass das Parlament handlungsfähig bleibt. "Unser Ziel war, ist und bleibt, dringliche und notwendige Entscheidungen im Deutschen Bundestag zu treffen. Wir sind derzeit in einer besonderen Situation, die verantwortungsvolles und umsichtiges Handeln erfordert", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast./mfi/bk/DP/he
RTL plant drei TV-Duelle an einem Abend
Unmittelbar nach Bekanntgabe des Termins der Neuwahl zum Bundestag haben erste Fernsehsender Planungen für die Wahlkampfberichterstattung bekanntgegeben.
RTL (RTL) und ntv planen gleich drei TV-Duelle an einem einzigen Abend. "In drei aufeinanderfolgenden Runden sollen sich jeweils zwei Kanzlerkandidaten beziehungsweise Spitzenkandidaten der SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, AfD sowie des BSW den Fragen stellen, die das Land bewegen. Erste Gespräche mit den Parteien laufen dazu jetzt an", teilten die beiden Sender aus derselben TV-Familie mit. Zum Termin gab es noch keine Angaben.
Der Geschäftsführer von RTL News und ntv, Martin Gradl, sagte: "Vorgezogene Wahlen und unklare Mehrheiten erfordern neue Wege im TV-Wahlkampf. Zu viele Perspektiven und Möglichkeiten für ein klassisches TV-Duell, das den Menschen ja einen echten Mehrwert für ihre Wahlentscheidung bieten soll."
Auch ProSieben und Sat.1 haben offensichtlich neue Konzepte in der Planung. Sein Senderverbund habe "die großen Parteien schon im frühen Herbst zu neuen Duell-Konstellationen eingeladen", sagte ProSiebenSat.1 (ProSiebenSat1 Media SE)-Chefredakteur Sven Pietsch. "Diese Einladung an CDU/CSU, SPD, Bündnis90/Die Grünen und die AfD haben wir in den vergangenen Tagen erneuert. Wir sind in konstruktiven Gesprächen."
Das ZDF kündigte auf dpa-Anfrage an, der Sender plane "ein breites und inhaltsstarkes Informationsprogramm" zu der vorgezogenen Bundestagswahl. "Eine entscheidende Rolle werden mehrere Sendungen mit den Kanzlerkandidaten und den weiteren Spitzenkandidatinnen und
-kandidaten der Parteien spielen. Die Gespräche hierzu laufen."
Seitens der ARD hieß es auf Anfrage, man erarbeite dort aktuell ein "programmliches Gesamtkonzept" zur Wahl. "Dabei spielen auch gemeinsame Formate mit dem ZDF eine Rolle. Die Winterpause der politischen Talks prüfen wir ebenfalls im Hinblick auf den Bundestagswahltermin."
Am Dienstag war bekanntgeworden, dass am 23. Februar ein neuer Bundestag gewählt werden soll. Nach dem Platzen der Ampel-Koalition hatten sich SPD und Union darauf geeinigt, diesen Termin anzustreben. Das Datum ist auch mit den Grünen als Juniorpartner der SPD in der rot-grünen Minderheitsregierung abgestimmt.
Zunächst wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 16. Dezember die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Sollte Scholz erwartungsgemäß keine Mehrheit bekommen, wird der Wahltermin vom Kabinett formell Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorgeschlagen, der dann entscheidet.
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BERLIN (dpa-AFX)
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