Rohstoff-Analyst Weinberg: Goldpreis vor kräftiger Korrektur
Eugen Weinberg, Leiter des Rohstoff-Research-Teams der Commerzbank, sieht vorerst kaum Potential für einen weiter steigenden Goldpreis. Dafür sieht er bei Silber und Paladium weitere Kursgewinne.
finanzen.net: Hat Sie die jüngste Kursentwicklung der Edelmetalle nach dem G20-Treffen in Südkorea überrascht? Einige Teilnehmer sprachen hinsichtlich der Ergebnisse von einem „historischen Ereignis“.
Eugen Weinberg: Nein, keineswegs, schließlich haben die wenigen getroffenen Entscheidungen keine sonderlich große Tragweite. Außerdem wurden keine konkreten Ziele vorgegeben. Die Wahrscheinlichkeit für eine Fortsetzung des Abwertungskriegs ist daher relativ groß, wenngleich das Tempo etwas gemäßigter ausfallen dürfte. Um einiges wichtiger stufe ich aktuell die weitere Dollarentwicklung und das Ausmaß der quantitativen Lockerung durch die Fed ein. Diesbezüglich dürften wir nächste Woche schlauer sein.
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Vor dem Wochenende sah der Goldpreis durch das jüngste RSI-Kaufsignal aus charttechnischer Sicht zunächst angeschlagen aus. Wie hoch könnte Ihrer Meinung nach eine etwaige technische Korrektur ausfallen?
Das ist eine schwierige Frage. Man kann davon ausgehen, dass der Goldpreis nicht wie an der Schnur gezogen weiter nach oben läuft. Grundsätzlich kann man das gelbe Edelmetall aktuell als überkauft einstufen, so dass eine Korrektur immer möglich ist. Die Marke von 1.280 Dollar könnten wir durchaus wiedersehen.
Was halten Sie von der aktuellen Outperformance Palladiums gegenüber den anderen vier Edelmetallen?
Für uns war das keine große Überraschung. Noch immer ist das Schwestermetall Platin deutlich teurer, obwohl Palladium nicht nur in Benzin-, sondern auch in Dieselkatalysatoren verarbeitet wird. Außerdem deutet derzeit einiges darauf hin, dass Russland seine hohen Palladiumbestände mittlerweile massiv abgebaut, möglicherweise sogar aufgezehrt hat. Dieser Bremsklotz der vergangenen Jahre könnte somit wegfallen und den Preis weiter nach oben treiben.
Welchem der vier Edelmetalle räumen Sie derzeit das höchste Kurspotenzial ein?
Schwer zu sagen, auf lange Sicht verfügt vor allem Silber über erhebliches Kurspotenzial. Das mit Abstand günstigste Edelmetall wird sowohl in der Industrie als auch von Anlegern sehr stark nachgefragt. Das heißt, seine monetäre Rolle als sicherer Hafen sollte nicht unterschätzt werden. Außerdem gibt es bei Silber keine Notenbanken, die auf hohen Beständen sitzen und dadurch für Unsicherheit sorgen könnten.
Gold gilt an den Finanzmärkten als das liquideste Edelmetall. Wie sieht Ihr Kursziel für Gold aus?
Unser Kursziel bis Ende des Jahres lautet 1.400 Dollar. Bei der anstehenden quantitativen Lockerung durch die Fed dürften die Marktakteure einen Kapitalbetrag von 500 bis 700 Mrd. Dollar für Rückkäufe von Staatsanleihen bereits eingepreist haben. Von der genauen Summe und der damit verbundenen Dollarreaktion dürfte auf kurze Sicht der Goldpreis sehr stark abhängen. Bislang verhinderte der schwache Greenback eine markante technische Korrektur.
Ich habe den Eindruck, dass charttechnische Faktoren beim Goldhandel derzeit eher eine untergeordnete Rolle spielen. Welche Werkzeuge nutzen Sie bei der Analyse des Goldpreises besonders häufig?
Ich berücksichtige gerne Stimmungsindikatoren. Umfragen unter Goldinvestoren weisen derzeit bspw. einen sehr starken Optimismus aus. Dies interpretiere ich als klares Warnsignal. Die Wahrscheinlichkeit für einen signifikanten Rücksetzer beim Goldpreis ist meiner Meinung nach relativ groß. Um neue Kursniveaus zu erobern, müssen stets neue Käufer gewonnen werden. Unter diesem Aspekt scheint das gelbe Edelmetall erst einmal ausgereizt zu sein.
Platin und Palladium gelten als relativ illiquide und stark schwankungsfreudig. Welche Produkte eignen sich für Privatanleger Ihrer Meinung nach am besten, um dennoch an deren Kursentwicklung zu partizipieren? Münzen und Barren bieten sich bei Platin und Palladium auch aufgrund der Sammlerprämie kaum an. Physisch besicherte ETFs oder ETCs eignen sich dagegen deutlich besser, schließlich müssen weder Mehrwertsteuer noch Lagerkosten bezahlt werden. Außerdem sind die Spannen der An- und Verkaufskurse relativ gering.
Zur Person:
Eugen Weinberg ist seit März 2007 Leiter des Rohstoff-Research-Teams der Commerzbank. Der Diplom-Wirtschaftsmathematiker ist in Russland geboren und hat dort die Moskauer Staatsuniversität abgeschloßen. Nach seinem MBA-Studium war er als Fondsmanager und Rohstoffanalyst bei der BW-Bank in Stuttgart beschäftigt. Im Anschluß daran hat er bei der DZ Bank in Frankfurt gearbeitet und dort das Rohstoff-Research aufgebaut. Bei der Commerzbank ist er mit seinem Team maßgeblich für die Erstellung der Prognosen und der Strategien im Rohstoffsektor verantwortlich.